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die Menschen lieben Hamburg immer mehr: Die Zahl der Übernachtungsgäste steigt und steigt; im September nächtigten hier 8,7 Prozent mehr Touristen als ein Jahr zuvor. Noch lieber mögen die Menschen aber den Wald. Die Natur, verkündete das Marktforschungsunternehmen Kantar TNS, habe die Gesundheit als »wichtigsten individuellen Wert« der Deutschen abgelöst. Weil die Menschen immer mehr in der digitalen Welt unterwegs seien und man der Natur nicht mehr überall begegne, so der Trendforscher Peter Wippermann, werde sie zu einem Event. Dabei gehe es weniger um Umweltschutz oder Politik. »Man fährt in die Natur und möchte sofort einen Benefit haben, nämlich sich entspannen und Kraft tanken.« Die Leute wollten zufriedener und glücklicher sein, sagte Wippermann der Nachrichtenagentur dpa. Überall; mit entsprechenden Geräten überwache man sogar den eigenen Schlaf.
Es sieht aus, als würden wir zum Volk der narzisstischen Selbstoptimierer – oder aber als äußerten sich entsprechend Disponierte besonders gern auf Facebook, Twitter oder Instagram. Denn Kantar TNS hat seine Erkenntnisse nicht durch Befragungen gewonnen, sondern durch die Auswertung Tausender stichprobenartig ausgewählter Beiträge in sozialen Medien. Das Unternehmen, das bis 2016 TNS Infratest hieß, erforscht den Werte-Trend der Deutschen schon seit dem Jahr 2009.
Aktuell steht auf Platz drei der Rangliste der Wert Familie, gefolgt von Freiheit und Sicherheit. Dahinter kommen Erfolg, Gemeinschaft (Tendenz sinkend!), Anerkennung und Nachhaltigkeit. Gerechtigkeit schafft es gerade noch unter die Top Ten. Dafür ist es demnach wenigstens auch vorbei mit den Helikoptereltern, die ihre Kinder aufopferungsvoll bis auf die schmutzige Schultoilette stalken. Deutlich mehr Eltern, so Wippermann, seien dabei, »ihre eigenen Rechte aus ihrer Phase der Verliebtheit oder des Alleinlebens weiterleben zu wollen.«
Raum für die elterliche Ichbezogenheit schafft möglicherweise ein weiterer Trend: 80 Prozent der Zwölfjährigen hätten ein eigenes Smartphone, über das sie sich mit ihren Freunden organisierten. Sollten Sie zu denjenigen Eltern gehören, die dieses Phänomen kennen und denen es damit zu viel wird: Vorsicht! In dem Moment, wo man Kindern ihr Smartphone wegnehme, so Wippermann, »nehmen Sie ihnen einen Teil der eigentlichen Persönlichkeit weg«.
Steuerpegel steigt – wohin mit der Kohle?
Hamburg ist reicher als gedacht: Nach aktueller Steuerschätzung sind rund 933 Millionen Euro mehr in der Kasse als bislang eingeplant. Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) rechnet mit weiteren Steigerungen bis 2021. Hurra! Gibt es nun mehr Erzieherinnen in den Kitas, zusätzliche Lehrer oder Richter? Besseren ÖPNV? Mal sehen. Die Linke fordert mehr für Geld für Kitas und Stadtteilschulen und Investitionen in Kaimauern, Gebäude und Brücken. Dem widerspricht der Bund der Steuerzahler: »Die Politik darf nicht dem Reiz verfallen, steigende Einnahmen für mehr Ausgaben zu verwenden«, warnt der Vorsitzende Lorenz Palte. Auch die FDP-Fraktion will das Geld, ganz Spielverderber, für Pensionen und Beihilfe beiseitelegen – oder es in das Fass namens Schuldentilgung werfen, dessen Boden seit der HSH-Nordbank-Krise kaum noch erahnbar ist. Die CDU ebenso, neben Steuererleichterungen für jeden (dafür solle sich der Senat im Bund einsetzen) und »Investitionen in die Zukunftsfähigkeit der Stadt« – kurz gesagt: Ein bisschen von allem. »Aber nicht, dass man in der Breite die Ausgaben erhöht«, mahnt Thilo Kleibauer, finanzpolitischer Sprecher. Als großkoalitionsfähig erweist sich in dem Punkt die SPD: Die will auch sparen, tilgen, den steigenden Bedarf an »unverzichtbaren staatlichen Leistungen« wie Kita-Betreuung und Schulen decken – und in den Verkehr investieren. Doch bevor Sie sich auf wenigstens eine neue Bushaltestelle freuen: »Das Geld ist noch nicht verplant«, sagt Behördensprecher Christopher Harms. Erst im Frühjahr wird der neue Haushalt verhandelt. |
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