Weltverbesserer, das hat einen peinlichen, naiven Klang. Nur noch kurz die Welt retten: Da schwingt eine falsche Priorität mit, ein übertriebener Glaube an die Macht des eigenen Handelns, etwas sinnlos Verzweifeltes. Doch wenn sich gleich 25.000 Weltverbesserer treffen wie in den vergangenen zwei Wochen in Bonn, genauer in der Bonn-Zone, dem bunten Teil der Klimakonferenz, lohnt ein genauerer Blick. Zigtausende wuselten dort umeinander: Politiker, Forscher, Bürgermeister, Schüler, Energieexperten, Stadtplaner. An einem Abend motivierte sogar der Ex-Filmstar, Ex-Gouverneur und Immer-noch-Umweltschützer Arnold Schwarzenegger den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet zu einem Tänzchen, um so auf das Los der Fidschi-Inseln aufmerksam zu machen, auf deren drohenden Untergang durch einen steigenden Meeresspiegel. Andere diskutierten, lernten und planten gemeinsam, wie sie auf vielfältige Weise die Politik verbessern und den Klimawandel verhindern können. Man kann das naiv nennen und leicht darüber spotten. Denn alle Daten zeigen, dass die Klimakatastrophe immer schneller naht und die Regierungen weltweit nicht schnell genug reagieren – egal, wie laut die Warnungen und wie bunt die Proteste auch sein mögen. Die Teilnehmer der Bonner Klimakonferenz aber machen trotzdem weiter, viele von ihnen sind seit Jahren schon dabei, kämpfen in ihren Ländern für eine andere Energiepolitik und einen schonenderen Umgang mit der Natur. Debatten am Lagerfeuer Sie verkriechen sich nicht im Privaten und widerlegen auf vielfältige Weise die in der vermeintlich so umsichtigen Realpolitik so gern benutzten Sätzen wie: "Das geht doch nicht. Das haben wir noch nie gemacht. Das ist doch viel zu waghalsig, schadet dem Standort, können wir uns nicht leisten". Sie glauben mutig daran, dass sie etwas zum Guten wenden können, auch wenn andere das peinlich finden. In Bonn zeigte sich zwei Wochen lang, dass Politik mit Mut, Muse und Weitsicht möglich ist, wenn Musik klang, Gedichte gelesen wurden, Pfadfinder im Park vor dem Lagerfeuer über "Klimapolitik von unten" diskutierten und Künstler aus Holz Skulpturen erbauten. Wenn eine schwedische Abgeordnete erklärte, wie man kluge Umweltgesetze, beispielsweise durch eine andere Steuerpolitik, macht. Wenn Kaliforniens Gouverneur Jerry Brown über das Ende des Verbrennungsmotors und saubere Mobilität sprach. Und schließlich Vertreter von 20 Ländern den Ausstieg aus der Kohleverbrennung verkündeten. Am Ende fehlt eigentlich nur noch eines: Dass dies alles auch in Berlin und im Rest von Deutschland erzählt, gehört und beherzigt wird. Denn das passiert leider noch viel zu wenig. Just in den Tagen der Klimakonferenz stöhnte im WDR, dessen Funkhaus in Köln nur ein paar Kilometer von der Klimakonferenz entfernt steht, ein munterer Moderator morgens über Parkplatznot und wie verdammt schwierig es in vielen Städten wegen der vielen Autos sei, einen Parkplatz zu bekommen. Er erzählte von Hörern, die sich mehr Parkraum wünschen und stolz sind, dass sie fast auf einer Briefmarke einparken können. Dann spielte die Musik. Zwei Minuten später durfte ein Wissenschaftsredakteur ans Mikro und über das Klima reden. Schlimm sei die Lage, sagte der, und dass sich die Atmosphäre in rasantem Tempo aufheize. Wieder spielte Musik. Keiner stellte die Verbindung zwischen der Zahl der Autos und der Klimakatastrophe her. So als ob das eine gar nichts mit dem anderen zu tun hat. So als ob unsere Art zu leben, zu fahren oder zu essen und die große Politik der Klimaretter rein gar nicht miteinander zu tun haben. Hat es aber. Man muss gar kein Weltverbesserer sein wollen, um das zu begreifen. Und um daran etwas zu ändern. |
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