Donald Trump ist ein außenpolitischer Alchemist: Er macht aus guten Freunden Gegner und zwingt Gegner in eine Verbrüderung, die sie nie gewollt haben. Der Fall Iran ist dafür das beste Beispiel. Trump hat erst die verbündeten Europäer zu "Rivalen" der USA erklärt. Mit dem Bruch des Atomabkommen und dem maximalen Druck auf den Iran zwingt er die Europäer nun, Teheran wirtschaftlich und diplomatisch zu unterstützen. Sie arbeiten an einem Zahlungsmechanismus, um Handel mit dem Iran weiter zu ermöglichen und stehen fest zum Atomabkommen mit dem Iran. Dabei haben Briten, Franzosen und Deutsche Unterstützung oder Hilfe für den Iran nun wirklich als Letztes gewollt.
Denn es gibt auch für die Europäer reichlich Gründe, sauer auf die iranische Regierung zu sein. Der Iran hat es geschafft, in den dreieinhalb Jahre nach dem Abkommen Nachbarländer zu zerrütten und andere einzuschüchtern. Der "Geist der Kooperation", den die westlichen Außenminister nach der Unterzeichnung 2015 lobten, hat sich in der dicken Teheraner Luft ziemlich schnell verflüchtigt. Das zeigt der Blick in die Region.
In Syrien haben iranische Truppen und verbündete schiitische Milizen einen brutalen Krieg geführt, um den Diktator Baschar al-Assad an der Macht zu halten. Die iranische Intervention hatte vor dem Atomabkommen begonnen, aber die Verfestigung iranisch-schiitischen Einflusses nahm erst im Laufe des Krieges feste Formen an. Mittlerweile besitzen schiitische Warlords, Freischärler und iranische Staatsbürger Ländereien und massenhaft Immobilien in Syrien. In vielen Fällen handelt es sich um den gestohlenen Besitz geflohener sunnitischer Syrer. Der Iran ist heute die wichtigste Stütze von Baschar al-Assad, der den Krieg gegen sein Volk fast gewonnen hat.
Im Jemen haben Iraner die schiitischen Huthi-Milizen gegen die international anerkannte Regierung des Landes aufgerüstet. Konfessionell haben die zaiditischen Huthis mit der iranischen Zwölfer-Schia wenig zu tun, aber militärisch viel. Es ist kein Religions-, sondern ein Machtbündnis, um Saudi-Arabien einzukreisen. Die Saudis unterstützen die jemenitische Regierung mit einem gnadenlosen Luftkrieg. Die Huthis schießen ihrerseits regelmäßig auf Riad, mit Raketen aus dem Iran. Die Aufrüstung der Huthis hat den Jemen dauerhaft gespalten, eine Befriedung des Landes könnte Generationen dauern.
Mit der Aufrüstung von Milizen, Stellvertretern, Clans, Kriminellen und Kampfgruppen aller Art hat der Iran längst ein geopolitisches Geschäftsmodell im Nahen Osten gemacht. Im Libanon wagt niemand mehr gegen die militärische Übermacht der Hisbollah-Milizen aufzumucken. Sollte Syrien wieder zu einer Art Grabesruhe unter Assad finden, werden die schiitischen Milizen mitherrschen. Im Irak haben vom Iran ausgebildete schiitische Kampftruppen starken Einfluss auf die Politik. Im Jemen halten die Huthis die Hauptstadt Sanaa. Alle wissen um die Macht dieser Kampfgruppen, und alle fürchten die vielen Arme der iranischen Revolutionsgarden.
Auch Trump braucht Freunde
Die Regierung des Iran hat abgestritten, mit den rätselhaften Angriffen auf Tanker im arabisch-persischen Golf von dieser Woche etwas zu tun zu haben. Auch bestreiten die Iraner, im Irak Aktionen gegen US-Soldaten geplant zu haben. Auf entsprechende Meldungen hin hat auch die Bundeswehr ihre Ausbildungsmission im Irak ausgesetzt. Doch ob Teheran damit zu tun hat oder nicht: Die schlichte Vermutung, es könnte mal wieder der Iran dahinterstecken, reicht schon für Angst und Lähmung bei den Rivalen am Golf.
Das alles aber rechtfertigt keineswegs den Kurs der Vereinigten Staaten. Im Gegenteil, die militärischen Drohungen der Amerikaner könnten dem Iran am Ende nützen, sollte Donald Trump sich erst gewaltig aufblasen und wegen des nahenden US-Wahlkampfs wieder die Luft aus der ganzen Aktion herauslassen. Wenn Trump erst Flugzeugträger schickt und dann beidreht, wird Teheran wie der Sieger dastehen.
Besser wäre ein Ansatz wie jener der Europäer 2003. Kurz nach der Irak-Invasion drohten die USA auch schon dem Iran. John Bolton, der heutige Chef des US-Sicherheitsrats, war seinerzeit US-Staatssekretär für Rüstungskontrolle, was ihm begrenzt am Herzen lag. Damals entspannten Briten, Franzosen und Deutsche die Lage, als sie mit dem Iran Gespräche über das Atomprogramm begannen. Die richtige Mischung aus Druck, Sanktionen und Diplomatie führte zwölf Jahre später zum Abkommen von 2015. Genau diesen Mix und eine fein abgestimmte Politik von Amerikanern und Europäern (dazu Russen und Chinesen) könnte auch heute helfen, das iranische Ausgreifen in der Region einzudämmen.
Doch dazu müsste Trump, der selbst ernannte Meister des Deals, den Sinn von multilateralen Abkommen begreifen. Und endlich einsehen, dass man Freunde braucht, um Gegner wie den Iran wirksam und dauerhaft einzudämmen.