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Liebes Dr. acad. Sommer-Team, ich habe bei einer sehr jungen, noch unbekannten Professorin promoviert. Jetzt konkurriere ich mit Leuten, die dank Promotion bei den "Big Shots" meiner Disziplin hervorragend vernetzt sind. In der Wissenschaft auch ohne Stallgeruch vorankommen – geht das?, fragt ein Lonesome Researcher
Von „Stallgeruch“ spricht man, wenn jemand in der Institution, bei der er sich um eine Stelle bewirbt, bereits beruflich Station gemacht hat – und deswegen einen Vertrauensvorschuss erhält. Bei den Mitgliedern einer Berufungskommission löst das die Wahrnehmung aus: „Die Person hatten wir schon mal, die passt zu uns.“ Dieser Heimvorteil fällt allerdings weg, sobald Sie nicht um eine Professur bewerben, sondern z.B. um eine Nachwuchsgruppe aus einem Drittmittelprogramm. Hier kommt aber der von Ihnen erwähnte Big Shot-Bonus ins Spiel: Große Namen können ein Gütesiegel sein, das Ihre Chancen selbst dann befördert, wenn niemand Sie persönlich kennt. Ihre Promotionsbetreuerin können Sie nachträglich nicht mehr austauschen. Mit Stallgeruch einsprühen geht ebenfalls nicht. (Das wäre allerdings mal eine echte Marktlücke…) Worauf Sie aber durchaus Einfluss haben: Ihre Vernetzung! So erfahren Sie früher von neuen Trends, die Kollegen denken eher an Sie, wenn ein Partner für eine Forschungskooperation gesucht wird, oder Ihr Name fällt schneller, wenn eine Podiumsdiskussion zusammengestellt wird. Sehen Sie es daher als Herausforderung an, hier ein konkretes Defizit aktiv aufzuarbeiten. Denn irgendwann kommt auch der Moment, in dem jemand in einer Gutachter-Kommission sagt: „Ah, den kenne ich. Den sollten wir uns näher anschauen.“ Übrigens gibt es noch eine Menge anderer Faktoren, mit denen Sie sich von Ihren Konkurrenten abheben können: Neben Klassikern wie Publikationen und Drittmitteln werden sich Berufungskommissionen z.B. auch anschauen, wie gut Sie mit Ihrem Forschungsprofil zum jeweiligen Fachbereich passen, oder ob Sie regelmäßig in den Medien präsent sind. Viele Stiftungen bewerten heutzutage auch die gesellschaftliche Relevanz Ihrer Arbeit. Und Sie können immer punkten, wenn Sie sich auf besonders gefragte Methoden spezialisiert oder innovative Forschungsformate entwickelt haben. Wenn Sie hier Ihre persönliche Nische finden, brauchen Sie auch keinen Stallgeruch mehr.
Dr. Uli Rockenbauch ist Persönlicher Referent der Geschäftsführerin der Helmholtz-Gemeinschaft und berät die Scientific Community im ZEIT CHANCEN Brief als "Dr. acad. Sommer". | |
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