| Keine Zeit für die Patienten? Nein, krank werden sollte man wirklich nicht. Vor allem wenn man genau hinsieht, was in deutschen Krankenhäusern so los ist. Es geht mal wieder um das alte Thema: Personalknappheit und Überbelastung. Gestern äußerte sich dazu nun der Konzernbetriebsrat der Asklepios-Kliniken. Der kritisierte in erster Linie eines: die Gewinnspanne des Konzerns. Denn während vor allem Pflegekräfte nicht wissen, um welchen Patienten sie sich zuerst kümmern sollen, schreibt der Konzern fleißig schwarze Zahlen und hat im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben eine Rendite von zwölf Prozent erzielt. Der Preis: »Die Arbeitsverdichtung ist wahnsinnig gestiegen«, sagte die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Katharina Ries-Heidtke. Welche konkreten Auswirkungen dies auf die Stationsarbeit hat, ließen die Betriebsräte offen – optimal klingt aber anders. »Wir arbeiten nicht am Fließband, sondern mit Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind«, betonte Klaus Bölling, ebenfalls Mitglied des Betriebsrats. Dass Pflegekräfte in Krankenhäusern nachts nicht selten allein ganze Stationen im Blick behalten müssen, weiß Michael Stock von ver.di Hamburg. Stress pur. Oft bleibe nicht einmal Zeit für die gesetzlich vorgeschriebene Pause, nicht auszudenken, was passieren würde, wenn die Alarmglocke in mehreren Zimmern parallel schrillt. Schon 2013 hatte ver.di ermittelt, dass in Hamburg 4200 Vollzeitstellen in allen Bereichen geschaffen werden müssten, um den Bedarf zu decken. »Wenn es an Personal mangelt, dann müssen Betten reduziert werden, um die erforderlichen Leistungen erbringen zu können«, hält Michael Stock dagegen.
Ein Flüchtling als Pflegesohn Kalil ist am liebsten am Steindamm in St. Georg – ausgerechnet. Aber dort fühlt sich der 15-Jährige wohl, trifft Freunde, besucht freitags die Moschee. Wen er dort trifft, was er dort macht – die Pflegeeltern Mechthild und Petrus Sie Too wissen es nicht, verstehen es auch nicht. Der Steindamm, finden sie, ist kein guter Ort für einen 15-Jährigen. »Du musst jetzt nicht zum Steindamm, um Brot zu kaufen«, sagt Mechthild, die nicht nachvollziehen kann, warum er nicht einfach zum Supermarkt an der Ecke gehen kann. »Doch«, sagt Kalil, als sei das Brot vom Steindamm das beste der Welt. Er ist ein Teenager, er erzählt nicht alles, testet Grenzen aus. Er ist anders als die eigenen, schon erwachsenen Kinder. Kalil ist ein Flüchtlingsjunge, der fern von Syrien in Hamburg gestrandet ist, einer von etwa 800 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in der Stadt. Seit August lebt er bei Familie Sie Too. Heute sind sie eine moderne Patchwork-Familie, die sich immer weiter einander annähert. Kalil öffnet sich langsam, ging an Weihnachten sogar mit zur Christmette – »Ich habe einen Freund gefragt. Der hat gesagt, dass das geht, dass es nicht haram ist, wenn ich mitkomme in die Kirche.« Kalil fängt an, sein Leben zu teilen, von Heimweh und Ängsten zu sprechen. Eine zweischneidige Annäherung. »Je wohler sich Kalil fühlt, desto anstrengender wird es«, erklärt Mechthild. Alexander Tieg hat die Familie für die ZEIT:Hamburg von Anfang an begleitet. Wie es ist, wenn Fremde zu einer Familie zusammenwachsen, lesen Sie in der aktuellen ZEIT:Hamburg, am Kiosk oder digital hier. |
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