| »Dahinter steckt die Sehnsucht nach einer humaneren und nachhaltigen Wirtschaft«
Mut zur Nachhaltigkeit – wer den beweist, der hat Chancen auf den gleichnamigen Preis des Magazins ZEIT Wissen. In der Kategorie »Handeln« hat dieses Jahr das Forum Nachhaltiger Kakao gewonnen, das die Situation von Kakaobauern in den Anbauländern verbessern möchte. In der neu eingeführten Kategorie »Durchstarten« ging der Preis an Kiron Open Higher Education. Das Start-up ermöglicht es Geflüchteten, über eine digitale Bildungsplattform unbürokratisch ein Studium aufzunehmen. In der Kategorie »Wissen« wurde die Gemeinwohl-Ökonomie-Bewegung ausgezeichnet. Wir fragten bei dem österreichischen Initiator Christian Felber nach, worum es dabei eigentlich geht. Elbvertiefung: Glückwunsch, Herr Felber! Aber was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Gemeinwohl-Ökonomie? Felber: Das ist eine breite Bewegung zur Reform des Wirtschaftssystems und der Ausrichtung an Grundwerten. Sie besteht – sechs Jahre nach dem Start – aus Tausenden Privatpersonen, Unternehmen, Gemeinden und Bildungseinrichtungen. Derzeit leben wir – nach Aristoteles – gar nicht in einer Ökonomie, in der Geld das Mittel ist, sondern in der Chrematistik, wo Gelderwerb das Ziel ist. Oder, modern ausgedrückt, im Kapitalismus. Elbvertiefung: Wie verhalten sich die Mitglieder der Bewegung konkret? Felber: Die einen entwickeln eine Gemeinwohl-Bilanz für Unternehmen, beraten und auditieren sie, andere halten Vorträge und forschen oder lehren zur Gemeinwohl-Ökonomie an Universitäten, dritte arbeiten mit Kommunen, um für diese eine Bilanz zu erstellen oder BürgerInnenbeteiligungsprozesse zu entwickeln. Elbvertiefung: Wie lässt sich etwas Abstraktes wie Gemeinwohl überhaupt messen? Felber: Schritt eins ist die Einigung über die Komponenten, in unserem Fall Menschenwürde, Solidarität, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Demokratie. Schritt zwei ist das Herunterbrechen in unternehmensrelevante Aspekte: Wie human sind die Arbeitsbedingungen, wie ökologisch ist das Produkt? Schritt drei ist die Messung in Stufen, etwa bei der Einkommensspreizung: Betragen die höchsten Einkommen das Dreifache oder das Zwölffache? Das Endergebnis wird mit maximal 1000 Gemeinwohl-Punkten angegeben – eine richtige Bilanz. Elbvertiefung: Wer kontrolliert die? Und wie? Felber: Hoffentlich bald staatlich zertifizierte Gemeinwohl-Auditoren prüfen die Bilanz, und das Ergebnis entscheidet über die Höhe der Steuern, Zölle, Zinsen sowie Vor- oder Nachrang im öffentlichen Einkauf. So überleben die Netten. Elbvertiefung: Zu der Bewegung gehören 400 Unternehmen. Wie schaffen die es, in einer Wirtschaftswelt zu überleben, die den Profit über alles stellt? Felber: Indem sie nicht alles auf einmal umsetzen, sondern sich in kleinsten Schritten der Vision nähern, und mit den Schritten, die sie die Existenz kosten würden, auf die Änderung der Rahmenbedingungen warten. Dadurch verwandelt sich das, was zu einem Wettbewerbsnachteil führt, in eine Vorteil. Schon heute melden die Bilanz-Unternehmen zurück: Sie erfahren und stiften Sinn und beteiligen sich aktiv am nötigen Wandel. Elbvertiefung: Es gibt sicher viele Wirtschaftsentscheider, die das alles für eine tolle Idee halten – aber auch für Spinnerei ... Felber: Eine neue Idee, die von allen begeistert akklamiert wurde, hat es meines Wissens noch nie gegeben. Und in Spanien sind wir schon am Ziel: Die ersten Gesetze zur Förderung von Unternehmen mit Gemeinwohl-Bilanzen sowie die Bevorzugung derjenigen mit den besten Ergebnissen im öffentlichen Einkauf sind beschlossen. Elbvertiefung: Hand aufs Herz – versteckt sich dahinter nicht doch irgendeine monetäre Profitabsicht? Felber: Nein, dahinter steckt die Sehnsucht nach einer humaneren und nachhaltigen Wirtschaft.
Gib mir Gemüsenamen!
Wenn sogar schon Spargelsoße mit knackigen Frauenhintern und tiefen Dekolletés beworben wird, ist es an der Zeit, dass sich auch die Bundesregierung um sexistische Werbung kümmert. Familienministerin Manuela Schwesig beauftragte nun die Hamburger Frauenrechtsorganisation Pinkstinks damit, ein Monitoringverfahren für den deutschen Werberat zu entwickeln. Über eine App kann man von August an Werbe-Sujets melden. »Wir prüfen, ob etwas sexistisch ist«, sagt Stevie Schmiedel, Genderforscherin und Gründern von Pinkstinks, »und ob das Unternehmen bereits gerügt worden ist.« Und was noch viel wirksamer ist: Pinkstinks macht ihre mittlerweile große Followerschaft auf die Werbung aufmerksam, was in der Vergangenheit zu höchst wirksamen Shitstorms führte. Die Deutsche Bahn änderte ihre Muttertagswerbung »Mama ist die Schönste, Papa ist der Beste« innerhalb einer Stunde. Danach waren beide Elternteile »die Besten«. Schmiedel will die Werbelandschaft allerdings nicht komplett aseptisch machen. »Wir wollen nicht alles Sexualisierte aus der Werbung verbannen«, betont sie. Einen BH kann schließlich am besten eine – möglichst selbstbewusst wirkende – Frau präsentieren. Sexismus wird erst dann daraus, wenn die BH-Trägerin in Wirklichkeit nur als Zierde für ein Auto, einen Sessel oder eben Spargelsoße herhalten muss. Beschweren konnten sich Verbraucher auch schon bisher, und zwar beim Werberat, »doch die wenigsten wissen das«, sagt Schmiedel.
Und jetzt alle so: Ommmmmm
Sie lauern schon den ganzen Letter darauf, von uns vorab in den April geschickt zu werden? Okay, was halten Sie hiervon: Die Alsterdampfer bieten dieses Jahr Fahrten mit Mantra-Singen an! Finden Sie zu absurd? Ist aber wahr! Am 21. Mai geht es los mit einer zweistündigen Fahrt über Binnen- und Außenalster, durch den Barmbeker Stich- und Goldbekkanal bis zum Stadtparksee. Wieso auch nicht, findet Alstertouristik-Betriebsleiter Stefan Mager, »Yoga machen wir ja auch!«. Vor allem ist Mantra-Singen nicht so anfällig bei starkem Seegang. Das Om hält man auch bei einer steifen Brise, Sarvangasana eher weniger. Aber was werden die Anwohner sagen, wenn ab Mai der Mantra-Dampfer monatlich bei ihnen vorbeifährt? »Die Leute schmettern ja nicht«, beruhigt Stefan Mager. Außerdem führt die Route nicht an so dicht besiedelten Gebieten wie Harvestehude vorbei. (Wobei man hört, dass manchmal gerade dort ein wenig Entspannung vonnöten wäre.) Wenn das Mantra-Singen ein Erfolg wird, plant die Alstertouristik für den Herbst übrigens schon die nächste Mottofahrtserie, um ihre Passagiere noch weiter zu entspannen: Urschreitherapie. |
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