Das schüchterne Geschlecht | Genome Editing | 3½ Fragen an Inse Böhmig | Gastkommentar Frank Ziegele: U-Multirank

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
man kommt nicht als Professorin zur Welt. Aber wie wird man eine solche? Wir empfehlen Ihnen zu dieser Frage die aktuelle ZEIT. Auch Frank Ziegele vom CHE hat im Gastkommentar Antworten, die sich aus dem neuen U-Multirank ergeben. Und Inse Böhmig, die an der Humboldt-Uni die Refugees Welcome-Initiativen koordiniert, sagt im Fragebogen: „die Zeit ist reif für neue Konstellationen, inspirierende Perspektivenvielfalt und gemeinsame Horizonterweiterung“.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Schwerpunkt: Frauen in der Wissenschaft
Warum treten Wissenschaftlerinnen im Umgang mit Öffentlichkeit und Medien so viel verzagter auf, als ihre männlichen Kollegen? Das ist nämlich CHANCEN-Redakteurin Anna-Lena Scholz aufgefallen – in der aktuellen ZEIT schreibt sie über „Das schüchterne Geschlecht“. Außerdem in unserem vierseitigen Spezial: Große Wissenschaftlerinnen der Geschichte, die an der Seite ihrer prominenten Männer (Einstein & Co) übersehen wurden; eine Analyse der Dual Career-Strategien deutscher Hochschulen, und Gespräche zur akademischen Gleichstellungspolitik mit Göttingens Uni-Präsidentin Ulrike Beisiegel, DHV-Präsident Bernhard Kempen, Fraunhofer-Vorstand Alexander Kurz – und mit Bundesforschungsministerin Johanna Wanka, die den jungen Wissenschaftlerinnen sagt: „Lieber einfach mal was wagen!“ Last not least: Die ZEIT hat eine Kooperation für Bildungsrecherchen mit dem BR, und in diesem Rahmen hat Jeanne Rubner herausgefunden: Nur 10 Prozent aller Honorarprofessuren werden Frauen verliehen. 
  
 
 
Diskussionspapier: Genome Editing
Darf man in der Forschung alles – nur weil es technisch machbar ist? Natürlich nicht. Aber wo verläuft die Grenze? Die molekularbiologischen Methoden des Genome Editing werfen hier neue Fragen auf. Eine interdisziplinär besetzte Expertengruppe der Leopoldina hat deswegen jetzt ein Diskussionspapier vorgelegt: „Ethische und rechtliche Beurteilung des genome editing in der Forschung an humanen Zellen“ (hier als pdf). Das Papier solle „Anstöße“ für die international geführte Diskussion liefern; die Autoren schreiben u.a., dass „der Einsatz von Genome Editing zur Erforschung der menschlichen Embryonalentwicklung sinnvoll ist, weil die Entwicklung beim Menschen sich in einigen Aspekten deutlich von der Embryonalentwicklung bei Tieren unterscheidet“, allerdings sollen dafür nur solche Embryonen zugelassen werden, die keine Lebenschance hätten. Außerdem wendet sich das Papier gegen das sogenannte „Enhancement“, die genetische 'Verbesserung' des Menschen. Am 22. und 23. September wird sich in Halle/Saale auch die Leopoldina-Jahresversammlung dem Thema widmen.
  
 
 
Erklärungsdefizite der Wissenschaft?
Der Neurowissenschaftler Thomas Südhof, der 2013 den Medizinnobelpreis erhielt und in Standford und Berlin forscht, hat der Berliner Zeitung ein Interview gegeben, in dem er sich – wie inzwischen eine ganze Reihe an Wissenschaftsorganisationen und -promis – für die Teilnahme am March for Science ausspricht. Interessant ist, dass mit dem derzeit laut hörbaren Engagement der Wissenschaft auch eine Selbstkritik einhergeht. Südhof: „Wir Wissenschaftler sollten so häufig wie möglich öffentlich Stellung nehmen zu allem, was unwahr ist. Das können wir aber nur, wenn wir selbst glaubwürdig sind. In dieser Hinsicht haben wir in der Vergangenheit nicht immer alles richtig gemacht. Wir haben zum Beispiel mehr Geld für unsere Forschung gefordert, ohne zu sagen, wofür die Mittel verwendet werden und warum diese Art von Forschung wichtig ist. Das muss sich ändern.“
  
 
 
Wer folgt auf Leggewie?
Eigentlich gehört dies in die Rubrik „Personalie“ – die Frage nämlich, wer neuer Leiter des Kulturwissenschaftlichen Instituts in Essen (KWI) wird und auf den angesehenen Sozialwissenschaftler Claus Leggewie folgt. (Im Gespräch: der Freiburger Historiker Jörn Leonhard.) Weil die Welt aber anlässlich dieses anstehenden Wechsels einen so schönen Artikel über die Bedeutung geisteswissenschaftlicher Think Tanks geschrieben hat, sei dieser hier zur Lektüre empfohlen.
  
 
 
Noch ein Wort zum Brexit
Tschüss, England. You'll be greatly missed.
  
   
 
 
   
 
   
   
 
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Neuer Direktor des Belfers Center
Die Revolving Door ist eine der Großartigkeiten des amerikanischen Uni-Systems: Führende Forscher wechseln in die Regierungen – und dann aus dem politischen Amt wieder an die Universität zurück. Das bringt wissenschaftliche Expertise in die Politik und politische Praxis in die Wissenschaft. Ashton Carter war lange Jahre Professor für Internationale Beziehungen an der John F. Kennedy School of Government, später Verteidigungsminister in der Regierung Obama. Nun kehrt »Ash« Carter, wie er unter Kollegen und Studenten bekannt ist, nach Harvard zurück: Er wird Direktor des berühmten Belfer Centers an der Kennedy School und Professor für »Technology and Global Affairs«. Als Chef des Belfer Centers folgt er dem legendären Graham Allison nach, der 22 Jahre im Amt war.

Neuer Kanzler an HS Heilbronn
Die Hochschule Heilbronn hat einen neuen Kanzler gewählt: den 40-jährigen Juristen Christoph Schwertfeger; er folgt auf Lars Kulke. Schwerdtfeger war zuvor bereits in der Verwaltung der Uni Konstanz und bei McKinsey beschäftigt, derzeit ist er noch Referatsleiter im Finanzministerium Baden-Württemberg.

Gründungsbeauftragter für Islamische Theologie in Berlin
Die Islamische Theologie an der Berliner Humboldt-Uni ist beschlossene Sache. Die richtige Arbeit, nämlich der Aufbau des Instituts, beginnt erst jetzt – und wurde nun in die Hände von Michael Borgolte gelegt. Die HU erklärte den Historiker zum Gründungsbeauftragten.

Job: Communications Manager am ifo
Wer kennt es nicht, aus Radio, TV und Zeitung – das ifo Institut für Wirtschaftsforschung in München! Der Name soll auch international eine Hausnummer sein, und gesucht wird deswegen ein „International Communications Manager“ (m/w). Wäre gut, wenn Sie fließend Englisch sprechen. Weitere Details im ZEIT-Stellenmarkt!
   
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Inse Böhmig

Zentrale Ansprechperson für die Initiativen „Refugees Welcome“ an der Humboldt-Universität zu Berlin
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Dass ich heute nochmal als Studentin zum Arabischlernen nach Damaskus gehen würde, wäre wohl undenkbar. Dafür treffe ich auf dem Weg in die Mensa Studierende im HU-Hauptgebäude, die Arabisch von ihren syrischen Tandempartnern lernen. Das hat eine bittere Konnotation, zeigt jedoch auch eine neue Welle kosmopolitischen Lernens an hiesigen Hochschulen. Insgesamt offenbaren sich in der Diskussion um die Integration geflüchteter Studieninteressierter und Forschender übrigens Herausforderungen, die im Prinzip für alle internationalen 'Newcomer' gelten. Der Abbau von Hürden für Geflüchtete ist daher auch eine Chance für internationale Öffnung wissenschaftlicher Einrichtungen im weiteren Sinne.

Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Mehr Diversität wagen. Sicher erfordert es individuelle wie institutionelle Anstrengungen zum Aufbrechen von Routinen, um die Entscheidung für den geflüchteten Azubi oder die weibliche Geschäftsführung herbeizuführen, für das Akademiemitglied aus nichtakademischem Elternhaus oder den Fellow aus Lagos. Vielleicht müssen wir die Ausschreibung dann zweisprachig veröffentlichen, die Kandidatin offensiv zur Bewerbung auffordern, den Habitus in den Gremien verändern. Aber die Zeit ist reif für neue Konstellationen, inspirierende Perspektivenvielfalt und gemeinsame Horizonterweiterung.

Lektüre muss sein. Welche?
Arjun Appadurai ist gerade an der HU, was ich zum Anlass nehme, endlich “Fear of small numbers“ zu lesen – sehr hilfreich, um den Blick auf Strukturen kollektiver Gewalt gegenüber Minderheiten in Zeiten immer stärkerer internationaler Verflechtung zu schärfen. Außerdem neulich schmunzelnd zum Vorlesen wiederentdeckt: „Das Sams“ von Paul Maar.

Und sonst so?
Radeln! Frischer Wind um die Ohren tut immer gut. 
   
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
Gastkommentar
 
 
   
   
von Frank Ziegele
   
   
Es gibt zu wenig Frauen? Eine Ausrede, zeigt U-Multirank
Heute ist das neue U-Multirank erschienen, und neben vielen anderen spannenden Informationen zeigt sich: In Europa ist bei den in diesem Ranking untersuchten Hochschulen der Anteil an Frauen im Fach Maschinenbau in den letzten drei Jahren um über 30 Prozent gestiegen. Einzelne Fachbereiche tragen enorm dazu bei. Die Fakultät „Automotive and Construction Machinery Engineering“ an der Warschauer TU zum Beispiel: Sie hatte vor drei Jahren knapp 4 Prozent Studentinnen im Fachbereich – und jetzt 32 Prozent. Ebenso am Lissabonner „Superior Engineering Institute“ (ISEL), das die Frauenquote von 7,7 auf knapp 28 Prozent steigern konnte. Und auch in Finnland und Deutschland finden sich Fakultäten mit sehr hohen Zuwächsen im Maschinenbau: Die Quote an der Tampere University of Applied Sciences stieg von 7 auf 22 Prozent, an der Fakultät für Maschinenbau der Technischen Hochschule Ingolstadt von 9 auf 19 Prozent.
Aber warum wird das Fach in Europa attraktiver für Frauen, und was ist das Erfolgsgeheimnis dieser Fakultäten? Die U-Multirank-Daten sollten Anstoß sein, den Blick über den nationalen Tellerrand auf die exponierten Beispiele zu richten und sich mit diesen in einem „Benchmarking“ zu vergleichen. Die Ausrede „Es gibt keine Frauen, die das studieren wollen“ ist genau das: eine Ausrede, die ganz offenbar nicht stimmt.
Übrigens ist es dank U-Multirank überhaupt erstmals im internationalen Vergleich möglich, Aussagen über das Zahlenverhältnis von Studentinnen und Studenten in den einzelnen Fächern zu treffen, und nicht nur für die Hochschule insgesamt. Die erste Runde von U-Multirank wurde 2014 mit vier Fächern veröffentlicht: BWL, Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik. Jedes Jahr kamen neue Fächer hinzu. In der heute veröffentlichten, vierten Ausgabe umfasst U-Multirank bereits 16 Fächer an 1.497 Hochschulen in 99 Ländern (www.umultirank.org). Es enthält Bewertungen ihrer Studiensituation von über 100.000 Studierenden und gibt Auskunft über Forschung und Lehre ebenso wie Internationalität, Wissenstransfer und regionales Engagement. Erstmals ist nun auch ein Zeitvergleich möglich, da die Daten für die ersten Fächer erneut erhoben wurden.

Prof. Dr. Frank Ziegele ist Geschäftsführer des CHE Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh
   
   
 
 
   
 
   
   
 
Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
Das schüchterne Geschlecht Wissenschaftlerinnen zeigen sich zu selten in der Öffentlichkeit – und schaden sich damit selbst. Unsere Redakteurin Anna-Lena Scholz fragt sich: Warum bloß?

Nie ohne sie Frauen an der Seite von Albert Einstein, Max Weber, Friedrich Schlegel: Was man von diesen leidenschaftlichen Wissenschaftlerinnen heute noch lernen kann Ihr kriegt uns nur als Paar Früher stellten Hochschulen einfach einen Forscher ein. Heute müssen sie auch noch Stellen für den Ehepartner schaffen. Ist das strategische Personalgewinnung oder Nepotismus? Wann ändert sich was? Vier wichtige Vertreter der deutschen Wissenschaft sprechen über Mut, Macht und Quoten: Johanna Wanka, Alexander Kurz, Bernhard Kempen und Ulrike Beisiegel im Gespräch Guten Morgen, Herr Professor! Honorarprofessuren gehen fast immer an Männer – warum die Universitäten klarere Regeln zur Vergabe der Ehrentitel brauchen Das Monster sitzt im Taxi Der Chef bin ich. Und das ist das Problem, sagt Daniel Erk

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
   
 
   
   
 
c.t.
 
 
   
 
Noch viermal schlafen, dann sind die Anträge für die Exzellenzcluster fällig!

Quelle: Twitter / @LegoAcademics
 
 
 
 
 
 
 
 
   
Ein exzellentes Wochenende wünscht Ihnen schon heute

Ihr CHANCEN-Team


PS: Gefällt Ihnen der CHANCEN Brief, dann leiten Sie ihn gern weiter. Haben Sie ihn weitergeleitet bekommen, melden Sie sich ganz einfach und unverbindlich an –  unter www.zeit.de/chancen-brief. Dann schicken wir Ihnen den Newsletter, solange Sie wollen, immer montags und donnerstags zu.
 
 
 
 
 
 
 
   
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