| | | |
Guten Morgen,
100 Tage vor Beginn des umstrittenen G20-Gipfels haben Ex-Staatsrat Nikolas Hill und der frühere Bürgerschaftsabgeordnete Thorsten Kausch gestern die Initiative »Haltung.Hamburg« ins Leben gerufen. Über sie sollen die Hamburger – jeder könne mitmachen, egal ob Befürworter oder Gegner des Gipfels – »sichtbar und wirkungsvoll ein friedliches Zeichen für Weltoffenheit, Toleranz und demokratische Grundwerte setzen«. Während des G20-Treffens sollen engagierte Hamburger dann möglichst weiße Kleidung tragen; nicht etwa als Zeichen der inneren Kapitulation vor dem derzeit immer noch amtierenden US-Präsidenten Donald Trump, sondern als Zeichen ihres Einstehens für eine pluralistische Gesellschaft.
Bis dahin läuft die Initiative weitgehend übers Netz; auf ihrer Homepage kann man »seine Meinung zum Ausdruck bringen«, eine Karte zeigt, wo Aktionen stattfinden. Welche das dann sein sollen, das war gestern noch nicht so ganz klar; zu den Erstunterstützern zählen aber Prominente wie etwa Volksbank-Vorstandssprecher Reiner Brüggestrat, der Kapitän der deutschen Hockey-Nationalmannschaft Moritz Fürste, Xing-Gründer Lars Hinrichs oder FC-St.-Pauli-Präsident Oke Göttlich. Eine Million Hamburger will die Initiative bis zum G20-Treffen aktivieren.
Fragt sich: Kann so Werbung für Demokratie funktionieren? Ist das Ganze am Ende gar – Kausch und Hill stehen der CDU nahe – trotz gegenteiliger Beteuerungen eine verkappte Parteiveranstaltung? In der aktuellen ZEIT:Hamburg, ab heute am Kiosk oder hier digital, hat Kollege Kilian Trotier Initiator Nikolas Hill dazu noch einige Fragen gestellt.
Keine Frage ist dagegen, wohin Sie gehen sollten, wenn Sie am kommenden Sonntag für Europa einstehen wollen. Die Initiative »Pulse of Europe« möchte einen neuen Teilnehmerrekord aufstellen und Berlin als bisherige Hauptstadt des Engagements ablösen. Vergangene Woche waren auf dem Hamburger Rathausmarkt um 14 Uhr noch 800–900 Hamburger erschienen; in Berlin zählten die Veranstalter dagegen rund 6500 Demonstranten.
Was meinen Sie – schaffen wir das?
Alle für Europa (fast alle)
Jetzt geht es staatstragend weiter, nein: staatengebildetragend – pünktlich zur EU-Austrittserklärung Großbritanniens bekannten sich Bürgerschaft und Senat gestern klar zur Europäischen Union und würdigten auch die Bewegung »Pulse of Europe«. Nur die AfD machte nicht mit. Ein paar Zitate aus der Debatte in der gestrigen Aktuellen Stunde der Hamburgischen Bürgerschaft: Bürgermeister Olaf Scholz: »In Zukunft wird nicht mehr die Erweiterung des EU-Binnenmarktes das Hauptthema sein, wichtiger sind der Schutz der Außengrenzen, militärische Kooperationen, die Entwicklung einer gemeinsamen Außenpolitik und einer funktionierenden Banken- und Währungsunion. Das europäische Herz in Hamburg soll weiter schlagen, wir sind eine europäische Stadt.« Andreas Dressel, SPD-Fraktionschef: »Die EU hat eine Zukunft, die Herausforderungen in der Flüchtlingspolitik, in der Klimapolitik oder im Kampf gegen Terror können wir nur gemeinsam bewältigen.« Christiane Schneider, Linke: »Europa steckt in einer Krise, in vielen Ländern sind Rechtspopulisten auf dem Vormarsch. Die EU muss ihre Entscheidungen künftig besser offenlegen und der Bevölkerung kommunizieren. Ich hoffe, dass bei Demos wie ›Pulse of Europe‹ neue Denkanstöße für die europäische Politik entstehen.« Michael Kruse, FDP: »Wir begrüßen ›Pulse of Europe‹, denn wir brauchen Menschen, die das Positive in der EU sehen, nicht nur zweifeln und nörgeln.« Michael Westenberger, CDU: »Während ein paar Tausend Kilometer weiter freiheitliche Rechte missachtet werden, steht die EU noch immer für ein freies, solidarisches Europa. Dieser Geist muss erhalten bleiben und sollte ein Exportschlager werden.« Alexander Wolf, AfD: »EU-kritische Positionen werden als europafeindlich diskreditiert, auch bei ›Pulse of Europe‹ herrscht ein klares Freund-Feind-Schema: dort die weltoffenen Europäer, dort die rückwärtsgewandten Populisten. Wir wollen die EU aber nicht ›zertrümmern‹, sondern sie reformieren.« |
|
|