Wann gehört Musik auf die Straße?

 
Neuer Kultursenator + Flüchtlinge: Von der Unterbringung zur Integration + Lessingtage im Zeichen der Reformation
 

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Schnee, Schnee, Schnee! Ja, am Morgen soll es tatsächlich schneien – zwar nur zeitweise, aber immerhin. Liegen bleiben wird die weiße Pracht wohl nicht, dafür ist es mit etwa 4 Grad dann doch zu warm. Weshalb aus dem Schnee auch schnell Regen werden kann … Spätestens am Nachmittag ist es also schon wieder vorbei mit dem winterlichen Treiben.
   
 
 
Annika Lasarzik / Foto: privat
 
Guten Morgen,

bitte nicht erschrecken: Sie sind im richtigen Newsletter gelandet und haben gerade nicht etwa eine perfide Werbemail geöffnet, die sich mit dem ZEIT-Logo tarnt. Falls Sie sich wundern, warum Sie an dieser Stelle ein neues Gesicht sehen: Mark Spörrle ist weder krank (so wie gefühlt wohl immer noch die halbe Stadt), noch hat er der »Elbvertiefung« den Rücken gekehrt – ein kurzer Urlaub sei ihm aber mehr als gegönnt.

Bevor wir nun mit den Nachrichten des Tages beginnen, blicken wir zurück – auf den Hamburger Presseball, der am Sonnabend mehr als 800 Gäste ins Hotel Atlantic an der Alster lockte. Während Bürgermeister Olaf Scholz seine Tanzkünste auf dem Parkett unter Beweis stellte und die anwesende Politprominenz wohl noch über die großen Personalentscheidungen der vergangenen Woche diskutierte (schließlich hat Hamburg mit Carl Brosda einen neuen Kultursenator, die SPD mit Martin Schulz gar einen Kanzlerkandidaten …), nahm ZEIT:Hamburg-Ressortleiterin Charlotte Parnack den Erich-Klabunde-Journalistenpreis entgegen. Ausgezeichnet wurde Parnack für ihr Dossier »Der Straßenkampf«, in dem sie den Streit um die Hamburger Verkehrspolitik minutiös nachzeichnet und einer Frage nachgeht: »Wer erobert die Macht auf dem Asphalt?«. Gratulation an dieser Stelle also an Kollegin Parnack – und Sie, liebe Leser, sind dazu eingeladen, den ausgezeichneten Artikel hier noch einmal nachzulesen.

 


Neuer Senator, neue Energie für Hamburgs Kultur?

Lange wurde geraunt und getuschelt: Wer tritt die Nachfolge der verstorbenen Kultursenatorin Barbara Kisseler an? Eigentlich, so hatte es Bürgermeister Olaf Scholz vorab verlauten lassen, sollte eine Frau den Posten übernehmen. Am Freitag dann war klar: Die Frau ist ein Mann – und der heißt Carsten Brosda (SPD). Abgesehen von der Geschlechterfrage überraschte diese Entscheidung kaum: Schließlich galt der bisherige Staatsrat für Kultur, Medien und Digitales als Favorit, denn er hatte seine Vorgängerin seit Monaten solide vertreten. Und so nickte auch die politische und kulturelle Szene Hamburgs zur neuen Personalie weitgehend unisono mit dem Kopf. Norbert Hackbusch, kulturpolitischer Sprecher der Linken, mahnte an, Brosda müsse »die Stadtteilkultur und die freie Szene« Hamburgs stärken. Ob der neue Senator dieser Erwartung nachkommen wird? Die Zeichen stehen gut: »Privattheater, Stadtteilkulturzentren, Geschichtswerkstätten, Museen und die freie Szene« seien »wichtige Ideengeber« und »Provokateure im besten Sinne«, sagte Prosa noch im vergangenen Sommer im Interview mit »Acht«, dem Magazin der Hamburger Volkshochschule. Konkrete Impulse in diese Richtung setzte die Kulturbehörde zuletzt mit dem »Musikstadtfonds« (1.100.000 Euro werden 2017 an Projekte aus der freien Musikszene verteilt), die Hamburger Privattheater können sich in diesem Jahr über ein Plus von 1,8 Millionen Euro freuen. Autor Christoph Twickel hält Senator Brosda übrigens für eine Notlösung – aber eine »erstklassige« (!), wie er für unsere Kollegen von ZEIT ONLINE erklärt.
 
   
   
 
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Flüchtlinge: Von der Unterbringung zur Integration

Die Zeiten, in denen Flüchtlinge in Baumärkten schlafen mussten, sollen 2017 vorbei sein, dennoch steht Hamburg vor großen Aufgaben: 7.800 weitere Flüchtlinge erwartet der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) in diesem Jahr. Nun schreitet zwar der Ausbau der Folgeunterkünfte voran – zwölf von 32 Erstaufnahmeeinrichtungen sollen 2017 geschlossen werden – doch noch immer warten 13.000 Menschen in den Erstaufnahmen auf eine dauerhafte Bleibe. »Selbstbestimmt zu wohnen, zu arbeiten und zu lernen« seien »Grundvoraussetzungen für eine gute Integration«, betont ZKF-Leiter Anselm Sprandel. Die Pläne für dieses Jahr: 19 Folgeunterkünfte sollen gebaut oder erweitert werden, insgesamt sind 7.000 neue Plätze geplant. Dennoch werden Ende des Jahres, sodie Prognose des ZKF, wohl immer noch knapp 5.000 Menschen auf Abruf für den Umzug festsitzen. Und das kann wiederum zu Problemen in den Unterkünften führen, wie Christiane Blömeke, stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, erklärt: »Allein durch die Wartesituation oder die fehlende Privatsphäre ergeben sich Konfliktpotenziale.« Kommt es zu Unruhen, soll das Projekt »Mediationsbrücke« helfen: Neben einer Beratung in Konfliktsituationen und Streitschlichter-Schulungen bieten Experten Kurse zu Themen wie Stress und Burn-out an. Die Regierungsfraktionen beantragen in der kommenden Bürgerschaftssitzung nun 95.000 Euro aus dem Integrationsfonds – Ziel ist die Einrichtung einer zentralen Koordinationsstelle beim Hamburger Institut für Mediation.

 


Lessingtage: Im Zeichen der Reformation

Es rumort auf den Kontinenten. Millionen Menschen sind auf der Flucht, der amerikanische Präsident verbietet Muslimen die Einreise in die USA. Was »um alles in der Welt« ist da eigentlich los …? Das mögen sich auch die Initiatoren der diesjährigen Lessingtage gefragt haben, die ebenjene Frage zum Motto des Theaterfestivals auserkoren haben. In diesem Jahr stehen die Lessingtage zudem ganz im Zeichen des 500-jährigen Jubiläums der Reformation. Und dazu wirft Thalia-Intendant Joachim Lux große philosophische Fragen auf. »Sind Religionen mit ihrem Absolutheitsanspruch an sich gewalttätig? Sind sie reformierbar? Und wie verträgt sich all das mit der Identität des einzelnen Menschen?«, heißt es da etwa im Programm. Nachdem der Brecht-Klassiker »Mutter Courage« bereits am Freitag in einer Inszenierung von Philipp Becker unter viel Beifall Premiere gefeiert hat, eröffnete Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Veranstaltung am Sonntag mit einer Rede über das Verhältnis von Politik und Religion und die Bedeutung von Toleranz in unserer Gesellschaft (»Toleranz ist der große Bruder der Freiheit!«). Von Zuwanderern erwarte er, so Lammert, »dass sie sich an die in dieser Gesellschaft für nicht verhandlungsfähig geltenden Grundsätze« hielten. Und fügte hinzu, dass sich das deutsche Wertesystem im gesamtgesellschaftlichen Diskurs weiterentwickle. Neue Denkanstöße für diesen Diskurs wird es bei den Lessingtagen sicher geben – etwa bei der »Langen Nacht der Weltreligionen« am 2. Februar, bei der diesmal über »Reformation und Rebellion« diskutiert werden soll.
 
 
Wann gehört Musik auf die Straße?

Jubel, Trubel, Heiterkeit – beim gestrigen verkaufsoffenen Sonntag ging es um Kunst und Kommerz. Oder vielmehr: Die Kunst musste für den Kommerz herhalten. Denn die Stadt drückte dem gewohnten Gedränge in Hamburgs Einkaufspassagen einen neuen Stempel auf: »Event-Shopping« nannte sich dies. Dahinter verbirgt sich eine Order von ganz oben: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass verkaufsoffene Sonntage nur noch dann stattfinden dürfen, wenn sie in ein Rahmenprogramm eingebunden sind. Und so erklangen gestern Sambamusik, Hip-Hop und Soul in der Innenstadt – auch dort, wo man die Musik eigentlich gar nicht mehr hören will: in der Spitalerstraße. Die nämlich könnte schon bald zur »No-play-Area« werden, nachdem sich Lärmbeschwerden von Anliegern häufen – am 31. Januar will der Hauptausschuss des Bezirks Mitte entscheiden, ob eine dort geltende Duldung für Straßenmusiker aufgehoben wird. Doch woher rührt die Abneigung gegen Straßenmusik? Während diese in anderen Metropolen durchaus zum guten Ton gehört, hält sich Hamburg die Ohren zu – es sei denn, es ist Gesetz. Oder sind auf Hamburgs Straßen gar nur musikalische Amateure unterwegs? ZEIT:Hamburg-Kollege Daniel Haas findet: Ein Verbot für Straßenmusiker wäre ein falsches Signal. »Hamburg braucht das Roughe, Vorläufige, Unfertige. Mit der Elphi haben wir gezeigt, dass wir den Mercedes unter den Konzertsälen bauen können. Aber wir sind auch stark an der Maultrommel«, schreibt Haas in seiner Polemik. Das ganze Stück lesen Sie in der aktuellen ZEIT:Hamburg.
 
 
Worauf ich mich diese Woche freue
 
 
...verrät uns Rhea Harder-Vennewald
 
 
 
(c) Thomas Leidig
 
Urlaub! Wir fliegen in den Winterferien mit Kind und Kegel nach Lissabon, wobei der »Kegel« die Großeltern sind. So einen Städteurlaub machen wir einmal im Jahr, und das ist immer sehr lustig – allein schon, weil sich aufgrund des Alters die unterschiedlichsten Interessen ergeben. Die zu vereinbaren ist amüsant und mitunter ein sportliches Unterfangen … Am 1. Februar werden wir dann auf den Geburtstag meines »Film-Vaters« Karl Dall in einem netten portugiesischen Restaurant anstoßen. Erst einmal aber freue ich mich auf das Heimspiel des HSV gegen Leverkusen am Freitag. Bevor der Ball über den Rasen rollt, werde ich wie immer früh genug im Stadion sein, um den Duft des Rasens zu genießen, bevor der Geruch der Stadionwurst alles dominiert … Und dann wären da noch die Geburtstagsvorbereitungen für meinen Sohn: Der wird 13 Jahre alt und will hoffentlich noch immer einen Kuchen – vielleicht kein Piratenschiff oder Stadion mehr, aber einen ganz klassisch runden bestimmt!

Rhea Harder-Vennewald ist Schauspielerin. Bekannt ist sie unter anderem durch ihre Rolle in der ZDF-Serie »Notruf Hafenkante«.
 
 
 
Mittagstisch
 
 
Früher Industrie-Chic

Wenn Ottenser Kulturschaffende unter ihresgleichen sein wollen, verbringen sie ihre Mittagspause gern im Eisenstein in den Zeisehallen. Seit dem Umbau des ehemaligen Zeise-Schiffsschraubenwerks zu einem Kulturzentrum 1988 existiert das Restaurant bereits. Mit hoher Decke, unverputztem Klinker, Stahlträgern und dem mächtigen Schmelzofen in der Mitte war es damals eines der ersten Lokale mit Retro-Industrie-Chic. Die geschwungene Bar, das einfache Mobiliar und das bronzen-braune Ambiente sorgen für Bistro-Atmosphäre. Das für suboptimalen Service berüchtigte Personal wurde bei dem Besuch seinem Ruf gerecht. Nachdem man zweimal ignoriert wurde, hat man die Speisekarte selbst besorgt. Danach aber war alles gut. Die legendäre Pizza (klein oder groß, 6,70 bis 14,50 Euro) hebt sich nach wie vor qualitativ vom Großteil der Konkurrenz ab. Und auch der servierte Grünkohl mit Kohlwurst und Bratkartoffeln (11 Euro) war sein Geld wert. Kurz: Mit einem Besuch im Eisenstein kann man nichts falsch machen.

Eisenstein, Ottensen, Friedensallee 9, Mittagstisch von montags bis samstags von 12 bis 16 Uhr

 

Thomas Worthmann

 
 
Was geht
 
 
 
»Prima Klima: Experten ziehen Bilanz – »Ein Jahr nach der UN-Klimakonferenz in Paris: Was wurde seither erreicht?«. Auf dem Podium diskutieren unter anderem Klaus Milke von Germanwatch und Gilbert Siegler, Sprecher des Hamburger Energietisches (HET).
Katholische Akademie Hamburg, Herrengraben 4, 19 Uhr, Eintritt frei
»Löwe im Rampenlicht: »Feel the love Cabaret« stürmt die Bühne mit Musik, Tanz und Gedichten. Die Crew der Show vom »König der Löwen« spendet die Einnahmen an den Macmillan Cancer Support.
Stage Club, Stresemannstraße 163, 19 Uhr, 22,50 Euro
»Lesung mit Superheld: Der Winter strahlt grau, Marie-Alice Schultzes Gedichte aber leuchten »gelb in der tür«. Dazu gibt’s Prosa: Im Roman »Mikadowälder« will ein ehemaliger Weltmeister im Diskuswerfen den Ausgegrenzten dieser Welt helfen.
Kulturwerkstatt, Beerenweg 1D, 19.30 Uhr, 5 Euro
»Fels in der Punk-Brandung: Die Dropkick Murphys zeigen dem Alltag ihren irischen Stinkefinger. Neben Dudelsäcken unterstützen Slapshot und Skinny Lister die wilde Folk-Punk-Band.
Sporthalle Hamburg, Krochmannstraße 55, 20 Uhr, ab 38,80 Euro
 
 
 
Was kommt
 
 
 
»Gedächtnis im Museum: Streikt die Erinnerung, fühlen sich Betroffene oft ausgeschlossen. Das »Museumsgespräch für demenziell Erkrankte und ihre Familien« ermöglicht gemeinsames Zurückdenken und Neuentdecken.
Museum der Arbeit, Wiesendamm 3, Freitag, 14 Uhr, 7,50 Euro, Anmeldung unter 040 81 90 07 19
»Fokus Tor: Löwe trifft auf Raute. Wird der HSV seine Form nach der Pleite gegen Wolfsburg wiederfinden? Bayer Leverkusen will’s verhindern.
Volksparkstadion, Sylvesterallee 7, Freitag, 20.30 Uhr, ab 17 Euro
 
 
 
 
 
 
 
Die Wahrheit liegt auf dem Platz
 
 
 
Aimen Abdulaziz-Said
schreibt bei ZEIT ONLINE die HSV-Kolumne

 
»Der HSV hat gegen den FC Ingolstadt eine extrem schwache Leistung gezeigt und das Spiel mit 1:3 verloren. Bereits nach gut 20 Minuten lagen die Hamburger mit zwei Toren hinten. In der Folge agierte der HSV mut- und ideenlos und lieferte keinerlei Anhaltspunkte, warum es in den kommenden Wochen besser werden sollte. Zumal die beiden nächsten Gegner des Tabellensiebzehnten Leverkusen und Leipzig heißen.«

Mehr über Fußball von Aimen Abdulaziz-Said

 
Erik Hauth
bloggt auf ZEIT ONLINE über den FC St. Pauli

 
»St. Pauli verliert gegen den VfB Stuttgart mit 0:1. Mit einer energischen Leistung hielten die Kiezkicker den Bundesligaabsteiger in Schach, waren lange die bessere Mannschaft. Außer einem Lattenschuss gab es aber keine Torchancen für Braun-Weiß – da langte ein guter Konter in der 85. Minute für den Nackenschlag. So verdient sich St. Pauli nur den Titel »Bester Tabellenletzter aller Zeiten« …« 

Mehr über Fußball von Erik Hauth
 
 
 
 
Meine Stadt
 
 
 
 
Elphi mit »Preisschild 789«
Foto: Jörg Rehmsmeyer
 

SCHLUSS

»Die Wahrheit ist nicht sicher, aber man darf nicht an ihr vorbeireden«, sagte Olaf Scholz während seiner Rede vor dem Hamburger Presseball  am Sonnabend und sprach damit die Problematik der »Fake News« an. Einer, der es mit den Fakten nicht immer so genau nimmt, hat inzwischen sein Kommen zum G20-Gipfel im Juli zugesagt: US-Präsident Donald Trump nahm die Einladung von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Gipfeltreffen in Hamburg an, wie Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte. Indes nimmt der angekündigte Protest gegen Trump bereits konkrete Formen an: Aktivisten planen eine ganze Protestwoche, die schon am 2. Juli beginnen soll.

Das war sie wieder, die Elbvertiefung. Wollen Sie uns Ihre Meinung sagen, wissen Sie etwas, über das wir unbedingt berichten sollten? Schreiben Sie uns: elbvertiefung@zeit.de

Ihre
Annika Lasarzik
 
 
PS: Gefällt Ihnen unser Letter, leiten Sie ihn gern weiter. Haben Sie ihn weitergeleitet bekommen, melden Sie sich ganz einfach und unverbindlich an unter www.zeit.de/elbvertiefung. Dann schicken wir Ihnen die neue Elbvertiefung, solange Sie wollen, immer montags bis freitags ab 6 Uhr.
 
 
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