Neues vom Wissenschaftsrat I Götz Aly kritisiert Umbenennung der Uni Greifswald I 3 1/2 Fragen an Hansjörg Dilger I Standpunkt von Jan-Martin Wiarda

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
der Wissenschaftsrat bekommt eine neue Chefin, neue Mitglieder - und hat wieder ein paar Empfehlungen beschlossen, unter anderem zu den Geistes- und Sozialwissenschaften an der Uni Hamburg. Der Historiker Götz Aly kritisiert die Umbenennung der Uni Greifswald, Hansjörg Dilger, Chef des Instituts für Sozial- und Kulturanthropologie an der FU Berlin, beantwortet unsere 3½ Fragen, und Jan-Martin Wiarda steht auf dem Standpunkt, dass die Ausgaben für die Wissenschaft künftig weniger stark steigen werden.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Was der Wissenschaftsrat rät
Der Wissenschaftsrat hat - zum letzten Mal unter dem Vorsitz des Münchner Bildungsforschers Manfred Prenzel - wieder einige bemerkenswerte Empfehlungen ausgesprochen. So fordert er für sogenannte studiengangsbezogene Kooperationen mit externen Partnern Transparenz, eine strenge Aufsicht und Qualitätskontrolle. Die Uni Hamburg fordert der WR auf, ihre Geistes- und Sozialwissenschaften stärker zu profilieren, die Qualität der Lehre zu verbessern und eine Transferstrategie zu entwickeln. Die Kollegen der ZEIT Hamburg haben sich das einmal genauer angeschaut. Ein Porträt Martina Brockmeiers, der neuen Vorsitzenden des Wissenschaftsrats, finden Sie im CHANCEN-Teil der aktuellen ZEIT.
 
  
 
 
Götz Aly gegen Umbenennung der Uni Greifswald
In der Berliner Zeitung kritisiert der Historiker Götz Aly die "Säuberung" der Universität Greifswald vom Namen Ernst Moritz Arndts. Der ehemalige Namensgeber der Universität sei zwar Juden- und Franzosenhasser gewesen, aber "vor 200 Jahren auch einer unserer führenden Demokraten". Aly hält solche Umbenennungen für "selbstherrliche Siegergeschichte". Wir sollten, schreibt Aly, Persönlichkeiten wie Arndt nicht aus dem öffentlichen Bild verbannen, "sondern uns ihrer als Menschen erinnern, die stets das aus ihrer Sicht Gute wollten, und dabei das Böse mitschufen." (siehe dazu auch den CHANCEN-Teil in der aktuellen Ausgabe der ZEIT.)
  
 
 
Forscherinnen stärker Burn-out-gefährdet
Eine Studie von Soziologinnen der University of North Dakota zeigt, dass Forscherinnen in MINT-Departments stärker Burn-out-gefährdet sind als ihre männlichen Kollegen. Das berichtet das Times Higher Education Magazine. Die Soziologinnen raten den Universitäten, Kommunikationkanäle zu schaffen, um den besonders belasteten Frauen zu helfen.
  
 
 
Im Uni-Himmel
Universitäten von damals, gegründet im einstigen Heiligen Römischen Reich, florieren immer noch. Prag, Wien, Heidelberg, Köln. Manch bedeutender akademischer Ort – Rinteln, Altdorf, Dillingen – ist in der Geschichte versunken. Gehen Sie auf Zeitreise mit Benedikt Erenz, der über Deutschlands versunkene Hochschulen schreibt, und zwar auf ZEIT ONLINE (erschienen in der ZEIT 1/2017).
  
 
 
Pepper, der humanoide Roboter für Universitäten
Dürfen wir vorstellen: Pepper, eine neue Generation HiWi. Pepper – 35 Kilo, 1,20m – ist ein humanoider Roboter an der Universität Marburg. Pepper gehört zum Team um den Sprachwissenschaftler Jürgen Handke und soll den Professorinnen und Professoren schon bald unter die Arme greifen, etwa mit einer Sprechstunde für Studierende (Hessenschau). Einen Fernsehauftritt hatte Pepper auch schon, in der Sendung Hallo Hessen (ab Min. 53:40). Pepper behagt Ihnen nicht? I wo. Auf Jürgen Handkes Frage, ob Pepper uns Menschen ersetzen wolle, antwortet er: „Nein, ich mag euch. Sonst gäbe es mich doch nicht!“
  
   
   
   
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ZEIT für gute Schulen
Diskutieren Sie am 28.01.2017 in der Bucerius Law School Hamburg zum Thema „Was ist eine gute Schule?“ u. a. mit Senator Ties Rabe und Manuel J. Hartung. Mehr erfahren >>
   
   
   
 
 
   
 
   
   
 
Personen
 
 
   
   
Neue Mitglieder des Wissenschaftsrats
Der Bundespräsident hat sieben neue Mitglieder auf drei Jahre in den Wissenschaftsrat berufen: die Biochemikerin Anja-Katrin Bosserhoff, die Wissenschaftssoziologin Sabine Maasen, die Literaturwissenschaftlerin Marina Münkler, den Physiker Jan-Michael Rost, Petra Herz, die Ehrenvorsitzende der Joachim-Herz-Stiftung, Peter Post, den Forschungs- und Technologie-Chef der Festo AG & Co. KG, sowie den Betriebswirt Udo Steffens.

Literaturarchiv sucht Chef/in
Das Orchideenfach »Stellenausschreibungsexegese« ist beliebt unter Wissenschaftsadministratoren (und auch CHANCEN-Redakteuren), die wissen, was sich hinter Abkürzungen wie »LBesGBW« verbirgt. Besonders spannend ist die Ausschreibung »Direktorin/Direktor des Deutschen Literatur Archivs Marbach«. Zum 1. Januar 2019 wird geboten: der Chefposten in einer der wichtigen kulturellen Einrichtungen dieses Landes, die Nachfolge des berühmten und vielfach preisgekrönten Ulrich Raulff, der im kommenden Jahr 68 Jahre alt wird. Gesucht wird »eine literarisch gebildete, wissenschaftlich ausgewiesene und ideenreiche Persönlichkeit, die den hohen Anforderungen dieser Kultureinrichtung gerecht wird, die leiten und repräsentieren, überzeugen und motivieren kann« – und insgesamt 200 Mitarbeiter führt. Es wartet ein TV-L-Beschäftigungsverhältnis, das analog zur Besoldungsstufe B3 bezahlt wird, also wie ein Ministerialrat. Alle Infos (und viele weitere Stellen) wie immer im aktuellen ZEIT-Stellenmarkt.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Prof. Dr. Hansjörg Dilger

Geschäftsführender Direktor am Institut für Sozial- und Kulturanthropologie der Freien Universität Berlin
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Keine neue Erkenntnis, aber eine, die sich für mich immer wieder präzisiert: Die Sozial- und Kulturanthropologie bzw. Ethnologie ist ein Fach, das über aktuelle gesellschaftliche Fragen und Themen „anders“ nachdenkt. Ethnolog_innen hören auch denjenigen zu, deren Sichtweisen in öffentlichen Debatten nicht sehr präsent sind. Sie geben Einsichten in den Lebensalltag von Menschen in unterschiedlichen Regionen der Welt und schaffen darüber eine Grundlage für das gegenseitige Verständnis von Erfahrungen, die ansonsten nicht zueinander in Beziehung treffen. Sie differenzieren an denjenigen Stellen, wo gegenwärtig vereinfachende – oft polarisierende – Darstellungen den Ton gesellschaftspolitischer Debatten bestimmen.

Die aktuell größte Fehlinvestition der Wissenschaftslandschaft?
Die eigentlich gelungene Investition in die Ausbildung von Doktorand_innen während der letzten Jahre wird dann zur Fehlinvestition, wenn Anschlussperspektiven nicht gesichert sind. Im Rahmen von Graduiertenschulen, die durch die ersten beiden Runden der Exzellenzinitiative gefördert wurden, sowie innerhalb individueller Forschungs- und Stipendienprogramme sind hervorragende Promotionsarbeiten entstanden. In der anstehenden Runde der Exzellenzinitiative ist keine Weiterförderung der hier aufgebauten Schwerpunkte vorgesehen – obgleich diese auf nationaler und internationaler Ebene teils große Anerkennung erfahren. Für diejenigen Absolvent_innen wiederum, die gerne in der Wissenschaft bleiben möchten, müssten auf Mittelbau- und Professor_innen-Niveau systematisch Stellen geschaffen werden.

Lektüre muss sein. Welche?
„Americanah“ von Chimamanda Ngozi Adichie. Und dann darüber nachdenken, ob es ein vergleichbares Buch für Deutschland gibt – und wenn nicht, warum dies so ist.

Und sonst so?
Die Aufgabe einer öffentlich-relevanten Sozialwissenschaft kann es nicht allein sein, Sachverhalte zu vereinfachen. Komplexität zu verstehen und anzuerkennen ist in der gegenwärtigen Zeit ein Wert an sich.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
Standpunkt
 
 
   
   
von Jan-Martin Wiarda
Die Party ist vorbei
Es muss eine eindrückliche Rede gewesen sein, die Angela Merkel vergangene Woche vor dem Wissenschaftsrat gehalten hat. Es war der Vorabend von Trumps Amtseinführung, und gleich mehrere der Anwesenden berichteten danach, die Bundeskanzlerin habe den Nerv getroffen mit ihrer Analyse der weltpolitischen Zusammenhänge. Sie begann mit dem neuen US-Präsidenten und endete mit der künftigen Wissenschaftsfinanzierung. Deutschland werde und müsse sein Verteidigungsbudget massiv aufstocken, sagte Merkel und sprach von zweistelligen Milliardenbeträgen zusätzlich – pro Jahr. Eine Summe, die sich schon logisch ergibt aus der Vorgabe der NATO, die Militärausgaben auf 2 Prozent der Wirtschaftsleistung zu erhöhen. Was man womöglich bislang ignorieren konnte, geht unter Donald „America First“ Trump nicht mehr.

Was das mit Bildung und Forschung zu tun hat, liegt auf der Hand. In den vergangenen 15 Jahren haben diese beiden Politikfelder mit am stärksten von Zuwächsen profitiert, doch selbst in Zeiten von Haushaltsüberschüssen lässt sich jeder Euro nur einmal ausgeben. Die Botschaft von Merkel: Wir stehen zur Wissenschaft. Aber stellt euch darauf ein, dass es enger wird in Zukunft.

Wer Proteste von Seiten der Wissenschaftsminister erwartet, ist im Irrtum. Sie äußern Verständnis. Sie wissen, dass ihr Politikfeld keine Exklusivrechte besitzt. Sie wissen, dass Deutschland sich nicht abkoppeln kann von den internationalen Umwälzungen. Und sie wissen, dass eine Bundeskanzlerin, die über so viele Jahre so konsequent für „mehr Geld für Bildung und Wissenschaft“ eingetreten ist, Unterstützung verdient, wenn sie reagieren muss auf das, was da draußen in der Welt los ist.

Ist das jetzt der wissenschaftspolitische Wendepunkt? Ich glaube nicht. Gerade erst hat die Union als neue Zielmarke ausgegeben, die Ausgaben für Forschung auf 3,5 Prozent des Volkseinkommens zu erhöhen. Da kann man nicht wenige Wochen später einen Rückzieher machen. Klar ist aber auch: Die Zeiten, in denen sich das Budget des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in zehn Jahren verdoppelt hat, dürften vorbei sein. Übrigens unabhängig davon, wer ab Herbst im Kanzleramt sitzt. Und die Länder müssen sich fragen lassen, was sie jetzt ihrerseits tun wollen, um den Run der vergangenen Jahre fortzusetzen.

In der Ära Trump fährt die Politik, auch die deutsche Politik, auf Sicht. Das gleiche, so ist zu befürchten, lässt sich künftig über die Wissenschaft sagen.

Jan-Martin Wiarda ist Wissenschafts- und Bildungsjournalist in Berlin
   
   
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Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
Darf das in den Unterricht? Die Neuauflage von -Hitlers »Mein Kampf« ist ein Bestseller – 1966 Seiten, von Historikern kommentiert. Was für eine Herausforderung für Geschichtslehrer! Nichts für die Schule
Der Historiker Thomas Sandkühler über die neue »Mein Kampf«-Edition 

Diese Frau liebt das Tempo Martina Brockmeier ist nun die wichtigste Wissenschaftsberaterin der Politik. Was wird die Hohenheimer Agrarökonomin anpacken? Ohne Arndt Greifswalds Uni befreit sich von einer Altlast aus finsteren Zeiten »Ich war kein braver Schüler« Fast zwei Millionen Zuschauer schauen jede Woche die RTL-Serie »Der Lehrer«. Hendrik Duryn spielt seit zehn Jahren die Hauptrolle – er sieht darin einen Bildungsauftrag Muss Herr Höcke weg? Ob der AfD-Politiker künftig wieder als Geschichtslehrer unterrichten darf, ist unklar Guten Morgen, Herr Lernbegleiter! Die Bezeichnung Lehrer gilt vielen als verstaubt. Völlig zu Unrecht! Eine Ehrenrettung von Klaus Zierer


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