Erdogan schasst 330 Forscher Wer aufmuckt, kriegt Ärger. Der türkische Staatspräsident
Recep Tayyip Erdogan geht weiter mit unverminderter Härte gegen kritische Wissenschaftler vor. Vor wenigen Tagen ordnete Erdogan die
Entlassung von weiteren rund 4.500 Staatsdienern an, darunter
330 Wissenschaftler (
Eurotopics,
Standard). An der Universität Ankara wurden
Proteste gegen die Massenentlassung noch am Freitag von Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst (
Spiegel). Seit dem vereitelten Militärputsch am 15. Juli verloren insgesamt rund 124.000 Staatsdiener ihre Posten. Nach Informationen des türkischen Hochschulrats
YÖK war die jüngste Liste unliebsamer Wissenschaftler von den Universitäten selbst zusammengestellt worden (
Hürriyet Daily News). Das Gros der geschassten Forscher gehört dem Netzwerk „
Akademiker für den Frieden“ an, das sich vergangenes Jahr für ein Ende der Militäreinsätze in den kurdischen Gebieten der Türkei eingesetzt hatte (
ZEIT). Gefeuert wurden aber auch Hochschullehrer, die wie der renommierte Verfassungsrechtler
Ibrahim Kaboglu öffentlich Kritik an der geplanten Verfassungsänderung üben (
SZ). Die Reform garantiert Erdogan Machtzuwächse und ermöglicht ihm eine Amtszeit bis 2034. Das Parlament stimmte der Verfassungsänderung Ende Januar zu, eine
Volksabstimmung folgt am 16. April. Unterdessen weitet die
Humboldt-Stiftung ihr Engagement für verfolgte Wissenschaftler mit Hilfe des Auswärtigen Amtes aus und nimmt im Frühjahr weitere Stipendiaten im
Philipp Schwartz-Programm auf. Aktuell werden insgesamt 69 Forscher aus der Türkei, Syrien, dem Irak, Burundi, Jemen, Libyen, Pakistan, Sudan, Tadschikistan und Usbekistan über die Initiative gefördert, die nach dem jüdischen Pathologen Philipp Schwartz benannt ist. Er floh 1933 vor den Nationalsozialisten aus Deutschland in die Schweiz, gründete die „Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland“ und trug maßgeblich zum Aufbau des türkischen Hochschulsystems nach westlichem Vorbild bei. Europaweit gibt es heute zahlreiche
Hilfsangebote für Wissenschaftler und Studierende auf der Flucht. Die
EUA listet auf ihrer Webseite mittlerweile rund
250 Initiativen in 31 Ländern.