| Handelskammer: Gespräch mit dem Rebellen Tobias Bergmann ist der Rebell im Börsensaal. Klingt das paradox? Nun, wenn ein Mann jahrelang für den Umsturz kämpft, den kompletten Laden, in seinem Fall die Hamburger Handelskammer, auf links drehen möchte und dann bei den Wahlen einen Sieg davonträgt, mit Prozentzahlen, über die sich sonst nur Diktatoren freuen können, darf man sich schon einmal die Augen reiben. Mit seinem Bündnis »Die Kammer sind WIR« hat es Bergmann an die Spitze geschafft. Er wird der neue Kammerpräses, da sind sich schon vor der Wahl alle einig. Der Aufwiegler wird jetzt seine Ärmel hochkrempeln müssen. Zuerst aber wird geredet. Auch mit denen, die lieber alles beim Alten lassen würden. »Es ist wichtig, dass sie jetzt sehen: Da gibt es Leute, die schauen ganz anders auf die Kammer, und zwar sehr viele«, sagt Bergmann der ZEIT:Hamburg im Interview. Klingt, als gebe es nach den Peitschenhieben der Revolte nun das Zuckerbrot. Nur einer wird davon wohl nicht kosten dürfen: Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz. »Wir haben eine 180-Grad-Wende mit der Kammer vor. Da brauchen wir einen Hauptgeschäftsführer, der das auch verkörpert – und der ein Gehalt von 150.000 Euro akzeptiert«, stellt Bergmann klar. Ob Schmidt-Trenz seinen Stuhl so mir nichts, dir nichts räumt und auf 1,5 Millionen Euro Lohn verzichtet, wird sich zeigen. Was Bergmann sonst noch plant und wie er die Kammer künftig finanzieren will, lesen Sie in der aktuellen ZEIT:Hamburg, am Kiosk und hier digital.
Bitte zum Diktat! Auf Knopfdruck fehlerfrei schreiben ist in Zeiten technischer Hilfsmittel kein so großes Problem mehr. Umso bemerkenswerter ist es da, wenn heute im Forum der Wichern-Schule 160 Schüler, Lehrer und Eltern zum dritten großen Diktatwettbewerb »Hamburg schreibt!« antreten. Die Teilnehmer mit den wenigsten Fehlern dürfen als Rechtschreib-Champions beim überregionalen Finale in Frankfurt am Main antreten. Was nützt ein solches Format im dritten Jahrtausend überhaupt noch? Wir fragten Andrea Pauline Martin, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Joachim Herz Stiftung, die die Veranstaltung in Hamburg initiiert. Elbvertiefung: Frau Martin, wofür ist ein Diktatwettbewerb in Zeiten von Digitalisierung, Autokorrektur, Textvervollständigung und Diktatfunktion noch gut? Andrea Pauline Martin: Die Veranstaltung ist mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Der Wettbewerb findet ganz bewusst in einem eher altmodischen Setting statt, mit einem Vorleser, der den strengen Lehrmeister mimt. Schüler, Eltern und Lehrer stehen im sportlich-spielerischen Wettstreit miteinander. Da werden auch mal Thomas-Mann-Roman-Wörter die nicht mehr allzu geläufig sind, wie »anheimfallen«, eingebaut und später erklärt. So wird auf sehr humorvolle Weise die Sprache in den Mittelpunkt gerückt und ein ganz anderes Bildungserlebnis geschaffen. Elbvertiefung: Aber ein bisschen kommt es auch auf die Rechtschreibung an? Martin: Sprache ist Kultur – gesprochen wie geschrieben. Auch wenn beispielsweise in den digitalen Medien die Verständigung schnell geht und man anders kommuniziert, bleibt das Beherrschen der Rechtschreibung ein wesentlicher Aspekt der Sprache. Es ist wichtig, sich nicht auf sein Gerät verlassen zu müssen und selbst zu wissen, wie ein Wort geschrieben wird. Elbvertiefung: Die einen halten sich an die alte Rechtschreibung, die anderen an die reformierte, wieder andere nutzen eine Art Bild-Text-Esperanto – nach welcher wird beim Wettbewerb korrigiert? Martin: Wir nutzen die reformierte, die auch im Duden zu finden ist. Wir stellen aber auch alle anderen möglichen Schreibweisen an einer Leinwand dar. Die Veranstaltung ist der Aufhänger dafür, sich gemeinsam mit der Sprache auseinanderzusetzen – und im Zweifel auch von vielen Fehlern inspiriert nach Hause zu gehen. Elbvertiefung: Viele Menschen schreiben mittlerweile, wenn überhaupt, dann hauptsächlich in Messenger-Programmen und dort mit vielen Icons und Emoticons. Ist das vielleicht schon die reformierte Rechtschreibung der Zukunft – die uns heute quasi von allein »anheimfällt«? Martin: Sprache ist ein lebendiges Konstrukt, das sich beständig weiterentwickelt. Wir erleben es laufend, wie immer wieder neue Ausdrücke in unseren Sprachgebrauch einfließen und andere dafür verschwinden – gerade in der gesprochenen Sprache. Dass nun Icons und Ähnliches fester Bestandteil der deutschen Sprache werden können, das bezweifle ich persönlich eher. |
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