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Guten Morgen,
gestern fragten schon die Ersten von Ihnen, wie es mit den wilden Reitern von Tangstedt weitergehe – Sie erinnern sich: die finanzklamme Gemeinde, die von Pferdehaltern eine Steuer erheben möchte. Wogegen von Reiterseite aus ein Anwalt bemüht und ein Brief geschrieben wurde, der Hamburg auffordert, alle Kooperationen und Projekte mit dem unbotmäßigen Tangstedt einzustellen. Nun, im Moment geht die Aufregung vor allem bei Ihnen weiter. Ein Leser echauffierte sich: »Weiterhin können wir doch wohl davon ausgehen, dass bei den Personen, die sich dem Pferdesport widmen, die Untergrenze des verfügbaren Haushaltseinkommens klar oberhalb der Hartz-IV-Grenze liegt; insofern müsste es also möglich sein, eine Zusatzsteuer in der genannten Höhe aufzubringen.« Dem widersprach sehr vehement ein Ehepaar: Pferdehalter entsprächen eben nicht »überwiegend dem Klischee, das auch in den Medien gern kommuniziert wird. Die Pferdeklientel, die wir kennen, sind überwiegend ›Normalverdiener‹, viele junge Frauen dabei.« Da sehe man »anstelle von polierten Reitstiefeln, rotem Jackett und Reitgerte« eher Gummistiefel und Regenjacken, »und geschwungen wird die Mistgabel selbst«. Die passionierten Pferdefreunde sorgten »aufopferungsvoll für ihre Lieblinge und entsagen dafür anderen Wohlstands-Selbstverständlichkeiten (Urlaub, Mode, gastronomische Freuden, Elphi-Besuche), da das schmale Budget in Stallmiete, Futter, Schmied, Tierarzt und, ja, auch Versicherung investiert wird«. Und da man den besten Freund – das Pferd! – auch im Alter nicht einfach zum Schlachter bringe, »lässt man ihm sein Gnadenbrot, beißt die Zähne zusammen, schnürt den Gürtel noch etwas enger und kommt dafür auch noch auf«. Sollten da noch 12,50 Euro Pferdesteuer im Monat anfallen, könne man davon ausgehen, so die Mailschreiber, dass für manche alten und kranken Pferde »das letzte Stündlein schlagen muss. Es sei denn, die pferdeliebenden Besitzer entschließen sich, umzuziehen und ihre Pferde in einer pferdesteuerfreien Kommune unterzubringen.« Das aber könne den alten Stallbetreiber die Existenz kosten… Verlassen wir schnell den Tangstedter Teufelskreis und sehen nach Hamburg.
»Wir zeigen Haltung« stellt Strafanzeige gegen die Kanzlerin
Klar, man habe sich schwergetan, bestätigt uns Manfred Ossenbeck, Sprecher der Initiative »Wir zeigen Haltung«. Strafanzeige gegen die Bundeskanzlerin und den Bundesinnenminister zu stellen – das macht man schließlich nicht einfach so. Der Zusammenschluss aus acht Hamburgern, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren, hat allerdings genau das getan. Unter anderem »wegen unterlassener Hilfeleistung und Körperverletzung im Amt mit Todesfolge«, wie es in dem Schreiben an die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe heißt. Die Aktion soll, so die Organisatoren, Aufmerksamkeit schaffen für die »unhaltbaren, menschenunwürdigen, gesundheitsgefährdenden Zustände in griechischen Aufnahmelagern«. Angezeigt werden nicht nur Angela Merkel und Thomas de Maizière, sondern auch die Regierungschefs und Innenminister der übrigen 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Hilfsorganisationen berichteten seit Monaten über »unbeheizte Zelte im Winter, mangelnde ärztliche Versorgung, mangelnde Ernährung, Suizide« in den sogenannten Hotspots, den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln Lesbos, Chios, Leros, Samos und Kos. Unternommen, so »Wir zeigen Haltung«, werde dagegen allerdings nichts. Obwohl beispielsweise erst jüngst im Aufnahmezentrum Moria auf Lesbos ein Ägypter, ein Syrer und ein Pakistaner binnen einer Woche gestorben seien. »Das Flüchtlingsthema ist zu sehr in den Hintergrund getreten. Wir wollen mit der Strafanzeige ein politisches Signal setzen«, sagt Ossenbeck. »Wir zeigen Haltung« will die Staatenlenker zum Handeln bewegen. Das Bundeskanzleramt sagte uns, man nehme die Sache »zur Kenntnis«. |
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