| »Wir müssen wieder miteinander reden«
Heute startet die sechste Social Media Week unter dem Motto »Language and the Machine – Sprache trifft Technologie«. Auf 50 Diskussionsveranstaltungen und Vorträgen wird über Trends in den sozialen Medien diskutiert, es geht um Themen aus den Bereichen Journalismus, Digital Entertainment oder Gesellschaft und Partizipation (mehr zum Programm unter »Was geht«). Der Politikberater und Blogger Martin Fuchs etwa wird am Freitag eine Diskussion zum Thema »Filterblasen« moderieren. Ein Thema, das uns alle betrifft, gerade heute. Sie wissen trotzdem nicht, was damit gemeint ist? Elbvertiefung: Herr Fuchs, was sind Filterblasen? Fuchs: Es ist psychologisch bewiesen, dass sich Menschen mit den Inhalten beschäftigen, die das eigene Weltbild bestätigen. Man liest etwa eine Zeitung, deren Berichterstattung die eigene Meinung widerspiegelt. Mit anderen Meinungen befassen wir uns weniger, um uns so kognitiv zu entlasten. Dieses Phänomen ist nicht neu, doch mit dem Internet gibt es neue Technologien, die solche Filterblasen verstärken können. Elbvertiefung: Sie meinen die Algorithmen, mit denen etwa Google oder Facebook arbeiten? Fuchs: Genau, soziale Netzwerke wie Facebook registrieren, welche Inhalte wir angeklickt, kommentiert oder geliked haben, mit welchen anderen Usern wir am meisten interagieren, und zeigen uns dann nur die für uns relevantesten Postings an. Das ist erst mal ein Service: Bei 400 Facebook-Freunden würden uns sonst im Schnitt etwa 25.000 Inhalte pro Tag angezeigt, so viele Informationen könnten wir gar nicht aufnehmen. Elbvertiefung: Klingt eigentlich erst mal positiv. Doch am Freitag diskutieren sie über die Frage, ob Filterblasen gar die Demokratie bedrohen könnten. Fuchs: Eine These lautet, dass der öffentliche Diskurs durch diese Filter mehr polarisiert wird, Meinungen immer weiter auseinanderdriften und Radikalisierungen gefördert werden. Wenn jemandem täglich vermittelt wird, wie schlecht die deutsche Flüchtlingspolitik ist, dann glaubt er das irgendwann auch. Sicher belegt ist dieser Effekt auf die politische Meinungsbildung nicht. Vielmehr stellt sich die Frage, ob Filterblasen Ursache oder Symptom der gesellschaftlichen Polarisierung sind. Elbvertiefung: Was denken Sie? Fuchs: Ich glaube: Unser eigener Einfluss ist stärker als der der Algorithmen. Elbvertiefung: Nun beginnt der Bundestagswahlkampf, es gilt, sich eine politische Meinung zu bilden. Was kann man also tun, um die Filterblase zu durchbrechen? Fuchs: Wir müssen offener durch die Welt gehen und wieder miteinander reden. Dazu ein Beispiel aus der realen Welt: Ich lebe seit sieben Jahren in der »Eimsbüttel-Blase«, bin dort vor allem von gut verdienenden Akademikern umgeben. Einmal im Monat gehe ich in eine Eckkneipe in Vierteln, in denen ich sonst nie bin, um dort mit Leuten ins Gespräch zu kommen und zu erfahren, was sie bewegt. Das lässt sich aufs Netz übertragen: Wenn Facebook-Freunde plötzlich mit AfD oder Pegida sympathisieren, ist ein Kontaktabbruch der falsche Weg. Vielmehr sollten wir uns mit anderen Meinungen bewusst beschäftigen – am besten nicht nur virtuell, denn dort ist die Kommunikation oft aggressiver. Warum nicht einfach schreiben: »Hey, lass uns doch mal auf ein Bier treffen!«
Freitag, 3. März, 10.30 Uhr, Hochschule Macromedia (Gertrudenstraße 3): »Sind Filterblasen wirklich ein Problem für unsere Demokratie und wie bekommen wir sie zum Platzen« mit Thomas Dudzak, Die Linke, Sachsen, Carsten Ovens, CDU, und der Kommunikationswissenschaftlerin Lisa Merten. Moderation: Martin Fuchs | |
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