Krise der Politikwissenschaft | 3½ Fragen an Rudolf Inderst | Gastkommentar George Turner: Politische Hochkaräter | Film: Hidden Figures

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
Markus Söder als Wissenschaftsminister: Gute oder schlechte Idee? Lesen Sie im Gastkommentar, wie George Turner darauf antworten würde! 3½ Fragen beantwortet heute Rudolf Inderst von der Uni Passau, der es auf sich nimmt, gleich zweifach zu promovieren. Und gehen Sie mal wieder ins Kino – einen Filmtipp finden Sie im c.t.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Spaltet Bildung die Gesellschaft?
Im vergangenen Dezember fragten wir in den CHANCEN: Spaltet Bildung die Gesellschaft? (ZEIT 51/2016) – Stichwort steigende Studierendenzahlen (2,8 Millionen!) und Akademisierung vs. Elitenskepsis der Neuen Rechten. Reißt ein Graben auf zwischen jenen, die für Bildung eintreten, und jenen, die sie verachten? In der aktuellen Ausgabe der ZEIT greifen wir diese Fragen zweifach auf: Die Historiker Dirk und Jeannette van Laak reden im Interview über die Bedeutung des Geschichtsunterrichts in Zeiten erstarkenden Rechtspopulismus. Und Carlo Masala, Politologe an der Bundeswehruni München und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für  Politikwissenschaft, diagnostiziert in einem Gastbeitrag die Krise seiner Disziplin: „Die Politikwissenschaft entleert sich ihres Inhaltes – der Analyse des Politischen. Sie verliert so ihre gesellschaftliche Relevanz.“ 
  
 
 
Wanka über das FH-Professorenprogramm
Die Unis kriegen viel (ExStra, Tenure Tracks), und die FHs gehen mal wieder leer aus? Gar nicht wahr, sagt Wissenschaftsministerin Johanna Wanka im Gespräch mit Jan-Martin Wiarda (auf seinem Blog) – und gibt einen Einblick, wie das Förderprogramm für die Fachhochschulen aussehen könnte. Im Gespräch fällt auch ein Begriff, den sich auch die Universitäten neuerdings eifrig auf die Fahnen schreiben: Strategieentwicklung. Wanka: „Die Fachhochschulen müssen sich fragen: Was ist ihr Konzept, was ist die zugrundeliegende Philosophie? Wenn wir ehrlich sind, ist die Strategieentwicklung an den Fachhochschulen insgesamt noch nicht so ausgeprägt wie an den Universitäten, bei denen durch die Exzellenzinitiative viel in Bewegung gekommen ist.“ 
  
 
 
Wissenschaftliches Liebesleben
Heute Abend, wenn Ihr Forschungstagewerk geschafft ist, empfehlen wir Ihnen einen Abstecher in Ihren Lesesessel, ein Glas Wein – und diesen schönen Longread aus dem Chronicle zur Frage, was das private Liebesleben, der amerikanische Bias zugunsten der Analytischen Philosophie (Leiter Report!) und Hochschulpolitik miteinander zu tun haben. 
  
 
 
Dreieinhalb Fragen an... Sie!
Liebe Scientific Community, wenn wir an Hochschulen oder auf Konferenzen unterwegs sind, hören wir immer wieder, dass unser Fragebogenformat 3½ Fragen an... sehr beliebt ist. Das freut uns! Und noch mehr freuen wir uns, wenn möglichst viele unterschiedliche Leserinnen und Leser mitmachen: Universitätspräsidentinnen, Staatssekretäre, Doktoranden, Open Access-Cracks, Akkreditierungsliebhaber, Akademische Nostalgikerinnen und Berufsrevolutionäre. Ab Montag gehen wir in Verlängerung – mit einer neuen Frage Nr. 2: Welches wissenschaftspolitisches Problem lässt sich ohne Geld lösen? Machen Sie mit, schicken Sie Ihre 3½ Antworten (max. 1900 Zeichen inkl. Leerzeichen!) mit einem Foto an chancen-brief@zeit.de!
  
 
 
Deutscher Studienpreis
Alle Jahre wieder sucht die Körber-Stiftung die Crème de la Crème aller Dissertationen, um sie mit dem Deutschen Studienpreis auszuzeichnen. Gesucht werden Arbeiten, die eine besondere gesellschaftliche Relevanz besitzen. Einsendeschluss für die nächste Runde: 1. März, hier stehen die Details.
  
   
 
 
   
 
   
   
 
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Baberowski vs. AStA
Der Berliner Historiker Jörg Baberowski hat gegen den AStA der Universität Bremen eine einstweilige Verfügung erwirkt; demnach darf der Studierendenausschuss nicht mehr behaupten, dass Baberowksi rassistische Positionen vertrete. (Tagesspiegel)
 
Neue US-Bildungsministerin

Die USA haben eine neue Bildungsministerin, Betsy DeVos. Wer ist diese Frau, und was sind ihre Bildungspläne? Das hat unsere Kollegin in New York, Heike Buchter, für die CHANCEN recherchiert, jetzt auch nachzulesen bei ZEIT ONLINE.
 
Neuer Professor-in-chief

Gerade erst ist Joe Biden, Vize und Bromancer von Barack Obama, ausgezeichnet mit höchsten Ehren (Medal of Honor with distinction) aus dem Amt geschieden. Nun wird der Uncle-in-chief zum Professor-in-chief: Biden wird das »Penn Biden Center for Diplomacy and Global Engagement« der University of Pennsylvania leiten, das in Washington gegründet wird. Biden soll allerdings auch am College of Arts and Sciences, an der Communications School und an der Business School unterrichten. In sozialen Medien waren zuletzt die »Biden Memes« zum Abschied aus dem Weißen Haus sehr populär. Wir sind gespannt auf die ersten Memes aus der Uni.
 
Neue Profile

Am Stellenmarkt der ZEIT lässt sich oftmals absehen, wie schnell sich die Welt und die Hochschulwelt verändern. Auch in dieser Ausgabe sind eine Reihe neuer Profile annonciert, die es noch vor zehn Jahren so nicht gab: So sucht die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg einen Programmkoordinator für die Integration von Geflüchteten in das Studium, die HAW Hamburg sucht einen Mitarbeiter für die Betreuung von Hochschulrat und Senat, und die Zentrale der Leibniz-Gemeinschaft in Berlin sucht einen Mitarbeiter für das »Kampagnenmanagement« in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Also: viele neue Möglichkeiten, etwas zu gestalten und zu entwickeln.
 
Neuer Direktor

Im Juni 2018 wird Hans Joachim Schellnhuber, einer der profiliertesten Klimaforscher des Landes, 68 Jahre alt. Das Postdam-Institut für Klimafolgenforschung zum 15. September 2018 einen neuen Wissenschaftlichen Direktor – und Chef des zweiköpfigen Vorstands, in dem auch der ebenfalls profilierte Otmar Edenhofer, geboren 1961, sitzt. Ein anderer Zuschnitt der Aufgaben innerhalb des Vorstands ist laut Ausschreibung ausdrücklich möglich. Mehr Infos zu diesem Topjob in der aktuellen ZEIT.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Dr. Rudolf Inderst

zweitpromoviert an der Universität Passau zu Wissenschaftsbildern in PC- und Videospielen und leitet das Ressort für digitale Spiele beim Kulturjournal nahaufnahmen.ch.
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Konferenzen werden immer dann am schönsten, wenn die stickige Mischung aus Selbstdarstellertum und Götzenverehrung einer Atmosphäre juveniler Klassenfahrthaftigkeit weicht und somit zu amüsanten sozialen wie fachlich beeindruckenden Überraschungen führt. Dann kann auch gerne die Deadline des Tagungsbandes etwas strenger ausfallen. 
 
Die aktuell größte Fehlinvestition der Wissenschaftslandschaft?

Wenn es um die Wissenschaftslandschaft geht, möchte man zunächst davon ausgehen, dass die größte Fehlinvestition diejenige ist, die NICHT getätigt wird. Und ist gleichzeitig das Paar „Try & Error“ nicht einer der Inbegriffe des Gesamtpakets Wissenschaftlichkeit? Von Fehlinvestitionen zu sprechen, welche die mit ihren verbundenen quantitativen oder qualitativen Zielen also vorgeblich verfehlen, ist in diesem Zusammenhang durchaus schwierig.
 
Lektüre muss sein. Welche?
Erfrischend anders über den eigenen Forschungsgegenstand der digitalen Spieleforschung zu lesen, ist stets ein Gewinn für mich, weshalb ich Daniel Feiges Computerspiele auch anderen LeserInnen nachdrücklich empfehlen möchte. Wer sich hingegen mit einem gediegenen Roman unter der Decke samt Tee vergraben möchte, dem sei S von JJ Abrams und Doug Dorst ans Herz gelegt. 
 
Und sonst so?

Die Explosion exzellenter Podcastformate in den letzten zwei, drei Jahren ist eine fantastische Entwicklung: Von „a“ wie akademisch bis „z“ wie zynisch bilden diese Audioartefakte einen schier nicht enden wollenden Pool an Kreativität, Information und Tatendrang. Egal, ob bei einer Auto- oder Zugfahrt, einer Nachtschicht voller Hausarbeitskorrekturen oder dem obligatorischen Waldlauf, hier werden nach Content gierende ForscherInnen fündig. 
   
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
Gastkommentar
 
 
   
   
von George Turner
   
   
Politische Hochkaräter als Wissenschaftsminister!
Kein Politiker lässt das Thema aus: Wissenschaft ist wichtig; sie bedarf der finanziellen Unterstützung und ist personell bestmöglich auszustatten. Das gilt auch für die politischen Spitzen der zuständigen Ressorts. Vor allem in den Ländern aber hapert es daran. Vorbei die Zeiten, als Wissenschaftsminister später zu Ministerpräsidenten wurden, wie Bernhard Vogel oder Johannes Rau. Derzeitig werden Wissenschaftsministerien eher „verwaltet“: Man verzettelt sich im Klein-Klein von Paritätenfragen oder glaubt fortschrittlich zu sein, wenn man Fachhochschulen das Promotionsrecht gewährt, statt die Masse wertloser Promotionen an den Universitäten einzudämmen.
Berlin ist, was die politische Verantwortung für die Wissenschaft angeht, eine positive Ausnahme. Mit der Übernahme des Ressorts durch den Regierenden Bürgermeister erhält Wissenschaft ein Höchstmaß an politischer Bedeutung. Mehr als Chefsache geht nicht! Lange glaubte man, dass sich in Baden-Württemberg Vergleichbares anbahnte, als das Gebiet in die Hände einer Hoffnungsträgerin für höhere Ämter gelegt wurde. Theresia Bauer, inzwischen arg in Bedrängnis, wurde mehr oder weniger offen als Nachfolgekandidatin für Winfried Kretschmann gehandelt. Aber sonst? Entweder wird das Amt an eine Kandidatin oder einen Kandidaten (Gendering ist, soweit bekannt, noch kein Thema) gegeben, um dem regionalen Proporz zu genügen oder die jeweiligen „Flügel“ zu bedienen, oder es dient zur Erfüllung einer Quote (gleichgültig ob Frauen- oder Männeranteil).
Wer ernsthaft möchte, dass Wissenschaft die hohe Bedeutung erhält, die viele fordern, muss die Landesministerien in die Hände politischer Hochkaräter legen. Das wäre in Bayern beispielsweise Markus Söder: Seine Ambitionen garantieren, dass er einen möglichst großen Erfolg für das Ressort (und für sich) anstrebt. Den Spitzen der Politik und den Fraktionen in den deutschen Landtagen obliegt es, entsprechende Entscheidungen zu treffen – vorausgesetzt, geeignetes Personal ist verfügbar.

Prof. Dr. George Turner war von 1979 bis 1983 Präsident der Westdeutschen Rektorenkonferenz (heute: HRK) und von 1986 bis 1989 Wissenschaftssenator in Berlin
   
   
 
 
   
 
   
   
 
Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
»Wenn Schüler provozieren ...« Rechte Populisten deuten die Geschichte um. Was lässt sich dagegen tun? Fragen an das Historiker-Ehepaar Dirk und Jeannette van Laak
 
Auf dem Rückzug
Die Politikwissenschaft ist inhaltsleer und irrelevant, sagt der Politikwissenschaftler Carlo Masala Kommt vorbei, stellt Fragen! Eine Studie zeigt, was die Leistung von Studenten steigert Reicht’s? Angst vor Altersarmut ist bei jungen Menschen verbreitet. Trotzdem sorgen sie nicht vor. Wir rechnen nach, was das für sie bedeutet »Brauchen wir Reli noch?« Über diese Frage stritten hier vor einigen Wochen drei ZEIT-Redakteure. Selten erreichten uns zu einem Thema anschließend so viele Briefe und Kommentare. Wir dokumentieren weitere Ansichten

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
   
 
   
   
 
c.t.
 
 
   
 
Der Kinofilm „Hidden Figures“ (dt. „Unbekannte Heldinnen“), seit einer Woche in den deutschen Kinos zu sehen, erzählt die Geschichte afroamerikanischer Wissenschaftlerinnen bei der NASA.
 

Quelle: YouTube
 
 
 
 
 
 
 
 
   
Dass Sie die wissenschaftlichen Heldinnen unserer Tage nicht übersehen, wünscht sich

Ihr CHANCEN-Team

PS: Gefällt Ihnen der CHANCEN Brief, dann leiten Sie ihn gern weiter. Haben Sie ihn weitergeleitet bekommen, melden Sie sich ganz einfach und unverbindlich an –  unter www.zeit.de/chancen-brief. Dann schicken wir Ihnen den Newsletter, solange Sie wollen, immer montags und donnerstags zu.
 
 
 
 
 
 
 
   
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