Rechtsgutachten IMB | Gekaufte Ivy League | Offener Brief von Andreas Mockenhaupt an Bernhard Kempen | Lesen Sie noch?

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
Christian Lindner (FDP) befand gerade in einem Tweet, politisches Engagement von Schülern sei zwar „toll“, Klimapolitik aber sei was für „Profis“. Nun, die Profis wiederum sagen: Die Kinder haben Recht. „Greta Thunberg versteht mehr vom knappen Emissionsbudget und den Kipppunkten des Klimas als Herr Lindner“, konterte der Klimaforscher Stefan Rahmstorf. #ScientistsForFuture lautet also das Motto der Woche. – Gestern hat außerdem die HRK getagt, die Beschlüsse des Senats finden Sie hier – in Kürze: Deutsche Lehrgemeinschaft: nein, Deutsche Transfergemeinschaft: joa (dieser Name selbst fällt nicht). – Und im Gastkommentar schreibt Andreas Mockenhaupt einen Offenen Brief an den Deutschen Hochschulverband zur Frage, warum er eigentlich nur Unis repräsentiert. Schreiben Sie eine Replik, Herr Kempen?
   
 
 
 
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Gutachten: Industriekooperationen können grundgesetzwidrig sein
Es ist eine der größten Forschungskooperationen, die es in Deutschland je gab: Die Zusammenarbeit der Universität Mainz und der Boehringer Ingelheim Stiftung. 2009 gründeten diese beiden das Institut für Molekulare Biologie gGmbH (IMB), bis 2018 flossen 100 Millionen Euro; dann wurde die Kooperation bis 2027 verlängert. Kritik aber gab es von Anfang an: Die Stiftung sei kein neutraler Geldgeber (FAZ; SpOn). Jetzt kommt ein Gutachten zu dem Schluss, dass die Kooperationsverträge gegen das Grundgesetz der Wissenschaftsfreiheit verstoßen haben. Verfasst hat das Gutachten der Bonner Verfassungsrechtler Klaus Ferdinand Gärditz; in Auftrag gegeben hat es die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. Gärditz arbeitet in seinem Gutachten die „Risikostrukturen“ heraus, also den direkten und indirekten Einfluss der Stiftung etwa bei Beschäftigungs- und Publikationsbedingungen. Es ist alarmierend – und hilfreich, weil es einen Graubereich beleuchtet. Ausführlich: In der ZEIT auf S. 63 und hier online
  
 
 
USA: Skandal über gekaufte Studienplätze
Die amerikanische Ivy League ist in Aufruhr. Dass nur die Klügsten, diejenigen mit dem größten Potenzial an den Elite-Unis studieren, das ist das hehre Selbstbild. Jetzt kam aber heraus, dass man sich offenbar einkaufen kann. Gefälschte Lebensläufe und Millionensummen brachten für einige wenige den erhofften Studienplatz in Yale, Stanford, Georgetown. (Chronicle; Yale Daily News; Welt). Lesenswert: Der Kommentar von Rainesford Stauffer in der New York Times, die schreibt: „So when news broke that celebrities, top university coaches and other ultrarich individuals were accused by the Justice Department of engaging in college admissions bribery, my initial thought was that this latest round of revelations are no more abhorrent than what happens every day. It’s obviously a scandal when rich people are accused of breaking the law to get their kids into top schools. But the bigger outrage should be that a legal version of purchasing an advantage happens every college application season and that there’s an entire industry supporting it.“
  
 
 
#ScientistsForFuture
Vor zwei Jahren standen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler plötzlich auf der Straße, mit Plakaten in der Hand – beim March For Science. Diese Plakate können Sie jetzt wieder hervorholen – jedenfalls wenn Sie zu jenen #ScientistsForFuture gehören, die die Schülerproteste gegen die Klimakrise unterstützen wollen. 12.000 Unterzeichner hat das Statement bereits, in dem es heißt: „Als Menschen, die mit wissenschaftlichem Arbeiten vertraut sind und denen die derzei­tigen Entwicklungen große Sorgen bereiten, sehen wir es als unsere gesellschaftliche Verantwortung an, auf die Folgen unzureichenden Handelns hinzuweisen. Nur wenn wir rasch und konsequent handeln, können wir die Erderwärmung begrenzen, das Massenaussterben von Tier- und Pflanzenarten aufhalten, die natürlichen Lebensgrundlagen bewahren und eine lebenswerte Zukunft für derzeit lebende und kommende Generationen gewinnen. Genau das möchten die jungen Menschen von „Fridays for Future/Klimastreik“ erreichen. Ihnen gebührt unsere Achtung und unsere volle Unterstützung.“ Einblick in die dazugehörige Bundespressekonferenz gibt es auf dem Kanal von „jung & naiv“. 
 
  
   
   
   
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Personen
 
 
   
  
Uni Heidelberg
Kontinuität an der Universität Heidelberg: Bernhard Eitel wurde soeben zum dritten Mal als Rektor wiedergewählt; der Geograph leitet die Uni seit 2007.
 
Klaus-Tschira-Stiftung
19 Jahre lang war er bei „Spektrum der Wissenschaft“, nun steigt Carsten Könneker in die Spitze einer der größten Stiftungen Europas auf: An der Seite der langjährigen Geschäftsführerin Beate Spiegel wird Könneker ab 2020 die Klaus-Tschira-Stiftung leiten. Könneker, derzeit Chefredakteur von „Spektrum“, hatte bereits das von Klaus-Tschira-Stiftung und KIT gegründete NaWik, das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation, mitaufgebaut. Harald Tschira und Udo Tschira, derzeit ebenfalls Geschäftsführer, werden sich auf künftig ihre Aufgabe als Gesellschafter konzentrieren. Die Klaus-Tschira-Stiftung mit Sitz in Heidelberg fördert Naturwissenschaften, Mathematik sowie Informatik in den drei Bereichen Bildung, Forschung und Wissenschaftskommunikation.

Uni Hohenheim
Die Universität Hohenheim hat, als erste Universität in Baden-Württemberg, eine FH-Professorin „assoziiert“: Petra Kluger, Professorin für technische Biologie an der Hochschule Reutlingen, soll damit in Sachen Doktorandenbetreuung zur Partnerin auf Augenhöhe werden. (Forschung & Lehre)
 
Job: IT-Superstar
Wenn sich unser Redaktionssystem aufhängt, dann hilft nur noch die Durchwahl -202 – ein Anruf bei den sehr geschätzten Kollegen unserer IT-Abteilung. Sowas ähnliches, nur noch bedeutender, hat jetzt die Max-Planck-Gesellschaft im Angebot: Die Generalverwaltung sucht eine „Leiter*in der Max-Planck Computing and Data Facility“. Dafür müssen Sie aber in Sachen IT mehr draufhaben, als nur abgestürzte Computer neu zu starten. Ausschreibungsdetails: im ZEIT Stellenmarkt!
  
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
   
   
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Gastkommentar
 
 
   
von Andreas Mockenhaupt
   
 
   
Offener Brief
an den Präsidenten des Deutschen Hochschulverbands DHV, Prof. Dr. Bernhard Kempen, über das Verhältnis des DHV zu Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW, vorm. Fachhochschulen)

Sehr geehrter Herr Kollege Prof. Dr. Kempen,
wir sind uns ein paarmal begegnet, ich als hlb-Vertreter beim Bundesverfassungsgericht und zuletzt auf der ZEIT-Konferenz „Wie frei sind die Hochschulen?“ in Berlin. Auch wenn der Hochschullehrerverband (hlb) mit dem Deutschen Hochschulverband (DHV) im befreundeten Wettbewerb steht – etwas treibt mich um:
Unter Hochschulen verstehet der DHV alles, außer Fachhochschulen. Nach Ihrem Verständnis, so interpretiere ich Ihre Satzung, sind die FH-Kollegen scheinbar keine „richtigen“ Wissenschaftler, die sie demnach im DHV nicht wollen. Ich fühle mich diskriminiert. Warum ist das eigentlich so?
Der DHV verweist formal auf Lehrdeputat, Promotionsrecht und Forschungsleistungen. Die Diskussion ist altbekannt.  Wir erleben hier ein déjà vu: Ähnlich wurde bereits um 1900 diskutiert, dann erhielten die Technischen Hochschulen endlich Anerkennung als wissenschaftliche Einrichtungen.
Bei den Lehrdeputaten muss ein FH-Professor in Vorleistung gehen, bekommt dann aber deutliche Reduzierungen, womit Ihr erstes Argument nicht gilt. Bei den eingeworbenen Mitteln werden auf der einen Seite die Leistung ganzer Institute einer Professur zugerechnet, bei FH, weil anders organisiert, aber auf mehrere Professoren verteilt. Auch forschen FHs häufig direkt im Industrieunternehmen, wodurch Gelder nicht über die Hochschulkassen laufen. Das ist also alles so nicht vergleichbar. 
Bei den Promotionen an FHs hat sich einiges getan. Es gibt bereits jetzt das FH-Promotionsrecht in einigen Bundesländern. Der DHV schreibt zwar gerne dagegen, wie aktuell in NRW. Der Prozess lässt sich vielleicht verzögern, aufzuhalten ist er aber nach meiner Ansicht nicht mehr. Auch sind Promotionen sehr verschieden: Ein Dr. med. ist oft studienbegleitend und in kurzer Zeit zu schaffen. In den Geistes- und Naturwissenschaften, im Bildungssektor oder bei den Ingenieuren dauert es länger, Promotionen sind wissenschaftlich aber kaum vergleichbar. Warum akzeptiert der DHV im Sinne dieser Verschiedenheit nicht eine FH-Promotion? Wir können es ja, wie vielfach bewiesen und international anerkannt!
Nun bin ich sehr für Vielfalt. Es ist gut, dass es den DHV gibt, aber auch den hlb, den vhw u.a.. Aber kein anderer Verband leistet sich derartige Ausschlusskriterien. Ja, FH-Professoren können beim DHV eine Dienstleistungsvertrag anschließen, ansonsten sind sie aber ungeeignet. Nur wenn ein FH-Professor alleine vor einem Landesverfassungsgericht einen hochschulpolitischen Sieg erringt, wie neulich in Baden-Württemberg, verweisen Sie gerne auf das Urteil.
Ich würde mir wünschen, dass das Wort „Hochschule“ diskriminierungsfrei alle Hochschularten beinhaltet – und wir einen, in der Vergangenheit vielleicht einmal sinnvollen Diskurs beilegen würden.
FHs gibt es nun seit 50 Jahren, wir haben uns weiterentwickelt. Der Bologna-Prozess hat vieles verändert. Die Hochschularten haben sich angenähert, an manchen Orten werden sie zusammengelegt. Gesetzliche Grundlagen und Berufungskriterien sind gleich. Aber auch die Herausforderungen treffen uns alle gleich. Daher halte ich es für sinnvoll, Gemeinsamkeiten zu stärken, statt Unterschiede zu betonen.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Andreas Mockenhaupt
 
 
Prof. Dr. Andreas Mockenhaupt ist Professor an der Fakultät Engineering der Hochschule Albstadt-Sigmaringen
   
 
   
 
 
   
 
 
 
 
Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
»Papa, fühlst du dich schuldig?« »Ja. Das ist ein Scheißgefühl.« Ist die Klimakrise ein Generationenkonflikt? Ein Streitgespräch zwischen Jugendlichen und ihren Eltern

Mit voller Wucht Luisa Neubauer ist das deutsche Gesicht der Klimaproteste. Wie wurde sie zur Aktivistin   einer globalen Bewegung? Eine Begegnung auf  Demonstrationen in Paris und Berlin Verbündete Forscher Tausende Wissenschaftler stellen sich hinter die Schülerproteste. Wir dokumentieren ihre Petition – und haben zwei prominente Unterstützer, Ranga Yogeshwar und Sven Plöger, um ihre Meinung gebeten Alarmierender Befund Forschungskooperationen können grundgesetzwidrig sein »Ihr Auto wurde gehackt! Zahlen Sie!! Oder Ihre Bremsen versagen!!!« Die neue Bedrohung? Selbstfahrende Autos sollen den Straßenverkehr komfortabler machen. Experten diskutieren die Gefahren 

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
   
 
 
 
 
Fußnote
 
 
   
 
   
Ich unterhielt mich mit einem Anwalt. Neulich habe er in seinem Büro gestanden, vor dem Regal mit tausend Akten, und gedacht, dass er zwar den ganzen Tag lese – aber eben nur: Schriftstücke. Berufstexte. Kopfpapier. "Und Sie? Lesen Sie noch Bücher?" Ich lese. Weniger. Langsamer. Nino Haratischwilis 1300 Seiten-Roman "Das achte Leben" habe ich an Weihnachten begonnen und vorgestern ausgelesen. Es war ein zähes Glück. Der Fluch des Schreibberufs ist es, dass man ihn ergreift, weil man so gerne liest, dann aber vom Schreiben oft zu müde ist, zu lesen, um darüber etwas Neues schreiben zu können.
Anna-Lena Scholz
   
 
   
 
 
   
Kommen Sie mal hinterm Aktenschrank hervor.

Ihr CHANCEN-Team


PS: Gefällt Ihnen der CHANCEN Brief, dann leiten Sie ihn gern weiter. Haben Sie ihn weitergeleitet bekommen, melden Sie sich ganz einfach und unverbindlich an – unter www.zeit.de/chancen-brief. Dann schicken wir Ihnen den Newsletter, solange Sie wollen, immer montags und donnerstags zu.
 
 
 
 
   
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