Fünf vor 8:00: Eine Chance für die DeuComm - Die Morgenkolumne heute von Mark Schieritz

 
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FÜNF VOR 8:00
11.03.2019
 
 
 
   
 
Eine Chance für die DeuComm
 
Ein Zusammenschluss von Deutscher Bank und Commerzbank könnte die am wenigsten schlechte Lösung sein. Doch eine Fusion würde mit großen Veränderungen einhergehen.
VON MARK SCHIERITZ
 
   
 
 
   
 
   

Es wird langsam ernst: Seit Wochen wird über eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank spekuliert, nun werden mit Unterstützung aus Berlin offenbar auf oberster Ebene die Chancen eines solchen Zusammenschlusses ausgelotet. Er findet in Deutschland sehr wenig Zuspruch. In der Regel bringen die Gegner einer Fusion drei Argumente.
 

1. Zwei Lahme zusammen ergeben noch keinen Sprinter.

2. Es gibt schon genug große Banken auf der Welt, Deutschland braucht keine eigene.

3. Der Staat ist nicht der bessere Banker.

 
Wie stichhaltig sind diese Einwände?

Zum ersten Punkt: Natürlich wird eine Fusion der beiden angeschlagenen Häuser für sich genommen weder die Deutsche Bank noch die Commerzbank profitabel machen. Aber darum geht es auch nicht. Ganz offenbar tun sich die beiden Institute schwer, allein über die Runden zu kommen. Das hat vor allem bei der Deutschen Bank sehr viel mit Altlasten in den Bilanzen zu tun, ein Überbleibsel des gescheiterten Expansionsdrangs früherer Jahre.
 
Kleiner als die Summe der Teile
 
Eine Fusion ergibt natürlich nur Sinn, wenn sie mit einer Veränderung einhergeht, und zwar in der Bank selbst, aber auch in ihrem Umfeld. Konkret: Die innovativen und profitablen Geschäftsbereiche würden zusammengelegt und gestärkt, der Rest würde allmählich abgewickelt werden. Deshalb führt es auch in die Irre, einfach die Bilanzsumme von Deutscher Bank und Commerzbank zu addieren und dann zu argumentieren, die so entstehende Bank sei viel zu groß und eine Gefahr für die finanzielle Stabilität des Landes. Wenn es zu der Fusion kommt, dann würden Filialen geschlossen, Geschäftsfelder abgestoßen werden. Die neue Bank wäre erheblich kleiner als die Summe ihrer Teile.

Und noch etwas würde sich verändern: Durch die Zusammenlegung der beiden Kundenstämme in Deutschland würde das neue Institut eine kritische Größe im inländischen Privatkundengeschäft erreichen. Der deutsche Bankenmarkt zeichnet sich dadurch aus, dass der Wettbewerb durch die zahlreichen Sparkassen und Volksbanken sehr hoch ist. Das ist gut für die Kunden, führt aber auch dazu, dass es sehr schwer ist, auf dem Heimatmarkt genug Geld zu verdienen.
 
Besser nicht auf eine US-Bank verlassen
 
Womit wir bei Punkt zwei wären: Weshalb überlassen wir das Inlandsgeschäft nicht den Sparkassen und Volksbanken, engagieren für die großen weltweiten Transaktionen Goldman Sachs, JPMorgan oder eine andere internationale Großbank? Die Antwort lautet: Weil das in Zeiten, in denen alte Bündnisse zerbrechen, eine höchst gefährliche Angelegenheit wäre.
 
Vielleicht sind die transatlantischen Beziehungen in fünf oder zehn Jahren wieder so, wie sie früher einmal waren. Es könnte aber auch sein, dass aus den Partnern dann endgültig Rivalen geworden sind und es den Westen, so wie wir ihn heute definieren, nicht mehr gibt. Dann möchte man sich bei einem sensiblen und für die deutsche Volkswirtschaft sehr wichtigen Finanzgeschäft vielleicht nicht unbedingt auf eine amerikanische Bank verlassen. Auf eine chinesische womöglich auch nicht. Und, wer weiß, eventuell auch nicht auf eine britische.
 
Mit anderen Worten: Wer die Kontrolle über das Finanzsystem aus der Hand gibt, der gibt auch einen Teil seiner Souveränität aus der Hand. Nun ist Souveränität innerhalb der Eurozone ohnehin geteilt, weil der Euro die nationalen Währungen abgelöst hat. Insofern wäre es womöglich akzeptabel, wenn eine französische oder spanische Bank sich mit der Deutschen Bank oder der Commerzbank zusammenschlösse. Wahrscheinlich wäre man im Bundesfinanzministerium nicht unglücklich, wenn sich ein geeigneter Bieter fände, der dann für die unangenehmen Begleiterscheinungen einer Sanierung – Filialschließungen, Stellenabbau – verantwortlich gemacht werden könnte. Es findet sich aber offenbar niemand.
 
Industriepolitik muss sein
 
Das leitet über zu Punkt drei: Es wäre in der Tat fatal, wenn der Staat die neue Bank betreiben würde. Aber das ist auch nicht die Idee. Die Regierung würde ihren Anteil an der Commerzbank nutzen, um den Weg für eine Fusion freizumachen. Ob es dazu dann kommt und wie sie umgesetzt wird, das müssten am Ende die Banken selbst entscheiden beziehungsweise deren Anteilseigner. Diese Art der politischen Intervention ist nicht ungewöhnlich. In keinem Land der Welt würde sich der Staat komplett heraushalten, wenn es um die Zukunft der größten Bank geht. So viel Industriepolitik muss sein.
 
Folgt daraus also, dass die Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank eine gute Sache wäre? Das ist schwer zu beurteilen, wenn man nicht alle Zahlen und Verhandlungsstände kennt. Aber es ist nicht völlig unplausibel, dass die Leute, die die Zahlen und Verhandlungsstände kennen, zu dem Ergebnis kommen, dass ein Zusammenschluss von allen schlechten Varianten die am wenigsten schlechte ist.

 


 
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