| | © Jon Nazca / Reuters | Immer gut: Wenn man im Moment der höchsten Bedrängnis noch einen Trumpf ziehen kann, mit dem man sich nicht nur aus der Klemme rettet, sondern die Partie sogar gewinnt. Schlecht dagegen, wenn man den Trumpf nicht zieht und stattdessen mit voller Wucht gegen die Wand rennt. So hat es die katalanische Regierung am 27. Oktober getan. Ministerpräsident Carles Puigdemont, der sich als Gesicht der Polit-Utopie „unabhängiges Katalonien“ einem übermächtigen spanischen Staat und einer verständnislosen EU gegenüber sah und dem samt seinem Kabinett die Absetzung drohte, hätte Neuwahlen für Katalonien ausrufen können. Wer noch an die Vernunft der Generalitat glauben wollte, war sogar überzeugt, dass Puigdemont das tun würde. Die in Barcelona ansässige Tageszeitung La Vanguardia versicherte am 26. Oktober, der President werde am Mittag die Neuwahlen ankündigen, und nannte auch schon einen Wahltermin, den 20. Dezember. Damit hätte sich die Eskalation im spanisch-katalanischen Konflikt geschmeidig ausbremsen lassen. Am Ende gibt der Klügere nach, hätte Puigdemont behaupten können. Sein Potenzial an Sturheit hatte der katalanische Independentisme doch mit dem trotz verfassungsgerichtlichem Verbot und Polizeigewalt durchgezogenen Unabhängigkeitsreferendum erschöpfend bewiesen. Puigdemont hätte sagen können: Nun wiederholen wir diese Demonstration eben im konstitutionellen Rahmen. Hätte er damit den berüchtigten Verfassungsartikel 155, der Katalonien fürs Erste unter spanische Zwangsverwaltung stellt, nicht abwenden können, so hätte er ihn zumindest delegitimiert. Das Vorgehen der Regierung Rajoy in der Katalonien-Krise wäre dann auch international als das erschienen, was die Independentistes (sowie Teile der spanischen Linken) darin sehen: ein dumpf durchgesetztes Recht des Stärkeren. Aber nein. Puigdemont ließ den 26. Oktober verstreichen, ohne Neuwahlen anzukündigen. Tags darauf rief das Parlament in Barcelona die „katalanische Republik“ aus und beschloss damit seine eigene Entmachtung. Für die kurze und haltlose Illusion, Katalonien zum Staat gemacht zu haben, gab die Generalitat alle politischen und moralischen Erfolge hin, die sie im Ringen mit der spanischen Regierung in den letzten Jahren erzielt hatte.
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