| Wohnst du noch, oder kuratierst du schon?In der Küche blubbert das Mittagessen, im Raum nebenan perlt der Sekt in den Gläsern der Kunstfreunde: So könnte es künftig bei den Schnelles zu Hause ablaufen. In der Privatwohnung der Familie eröffnet am Samstag die Galerie »4 O’Clock Light«. Aus Protest gegen den Mangel an Raum für Kunst? Nö – einfach aus Spaß am Ausprobieren, erklärt Wolfram Schnelle fröhlich, der über Erfahrung als Galerist verfügt. »Wir haben uns gedacht: Wir machen das einfach.« Die 132 Quadratmeter große Wohnung, klassischer »Hamburger Knochen«, sei gut geeignet: Sie hätten nur Wohn- und Esszimmer freiräumen müssen, sagt Schnelle, Küche, Bad und Schlafzimmer gingen zur anderen Seite raus. Ein teilgewerblicher Mietvertrag sichert das Unterfangen juristisch ab. Trotzdem wird es am Samstag spannend: Der Nachbarsjunge ist schon als Empfangsherr eingeplant, andere im Haus passen auf die drei und sechs Jahre alten Töchter auf. Mit 70 bis 100 Gästen rechnet Schnelle zur Vernissage. Und wenn es 200 werden? »Das wäre ein sehr schönes Problem«, findet er. Bei überraschendem Ansturm würde man wohl auch den Rest der Wohnung öffnen. Der erste ausstellende Künstler ist der New Yorker David X Levie, der seine Zeichnungen zeigt. »Ein Vorteil ist natürlich auch, dass man die Bilder ganz gut transportieren kann«, meint Schnelle. Das schöne Tageslicht, das um vier Uhr nachmittags in die Ausstellungsräume fällt, behalten die Schnelles jedoch vorerst für sich – die 4-O’Clock-Light-Galerie schließt in der Regel um 15 Uhr. Aus privaten Gründen: »Dann müssen wir die Kinder aus der Kita abholen.«
»Warum bestimmt die soziale Herkunft, was aus einem Menschen wird?«
Heute findet die 8. Harburger Integrationskonferenz statt, eine Veranstaltungsreihe, die in ihrer Regelmäßigkeit wohl einmalig für Hamburg ist. Wir sprachen mit Sarah Heinlin, der Integrationsbeauftragten des Bezirksamts Harburg und Organisatorin der Konferenz, über die Ziele und das heutige Thema »Armut – Haben alle die gleichen Chancen?«. Elbvertiefung: Ist es Zufall, dass ausgerechnet Harburg diese Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen hat? Sarah Heinlin: Bestimmt nicht. Wir sind ein Bezirk mit 43 Prozent Migrationsanteil, Tendenz steigend, vor allem bei den Jüngeren. Vor ein paar Jahren gab es hier eine Gruppe, die die Kommunikation mit der Bevölkerung verbessern wollte. Eine Idee war, Diskussionsveranstaltungen zu organisieren, an denen alle im Bezirk teilnehmen können. EV: Die erste Konferenz fand 2013 statt. Was haben Sie seither erreicht? Heinlin: Die ersten beiden Konferenzen dienten dazu, ein Gremium zu bilden, aus dem mittlerweile der Integrationsrat entstanden ist, 18 engagierte Menschen, die sich ehrenamtlich für Vielfalt im Bezirk einsetzen. Das ist bei uns eigentlich schon gelebte Realität. Aber es gibt auch immer wieder Phasen, in denen sie bewusster diskutiert wird, beispielsweise im Zuge der Flüchtlingsbewegung. Deshalb haben wir Ziele formuliert: Abbau von Diskriminierung und Benachteiligung, interkulturelle Öffnung aller bestehender Institutionen. EV: Solche Ziele klingen immer toll. Aber wie schaffen Sie es, die in die Realität zu retten? Heinlin: Im Integrationsrat gibt es die Arbeitskreise Bildung, Flüchtlinge und Öffentlichkeitsarbeit. Während der Konferenz sind diese Arbeitskreise aufgerufen, konkrete Aufgaben für ihren Themenbereich herauszufiltern. Ein bereits angelaufenes Projekt des Integrationsrates ist Splus – Studenten stärken Schüler –, bei dem Mentoren an Schüler aus bildungsfernen Sozialschichten vermittelt werden, um diese in ihren Potenzialen zu unterstützen und ihnen Berufs- und Bildungschancen aufzuzeigen. EV: Wie kann man die Haltung eines ganzen Bezirks beeinflussen in Richtung mehr Offenheit gegenüber Migranten oder mehr Verständnis für sozial Schwächere? Heinlin: Das ist ein Prozess, der Zeit benötigt. Man kann viel durch Gespräche und Begegnungsmöglichkeiten erreichen und dadurch Ängste gegenüber Unbekanntem abbauen. Das kann sich durch eine Art Schneeballeffekt auf andere ausbreiten. EV: Ist denn das Konferenzpublikum so gemischt wie die Harburger Bevölkerung? Heinlin: Es wird besser, der Migrationsanteil erhöht sich. Es kommen auch zunehmend Menschen aus den nahen Wohnunterkünften. Aber wir könnten auch noch jünger werden. 8. Harburger Integrationskonferenz, Bildungs- und Gemeinschaftszentrum Süderelbe (BGZ), Am Johannisland 2–4, 21147 Hamburg, 16.30 bis 20 Uhr | |
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