Er kann es einfach nicht lassen. Kim Jong Un, Nordkoreas irrlichternder Diktator, provoziert weiter. Mögen die Amerikaner einen ganzen Flugzeugträger-Verband in Marsch gesetzt haben – Kim lässt wieder eine Mittelstreckenrakete testen, die dann aber gleich nach dem Start explodiert. Immerhin, auf den zu Ostern erwarteten Atomversuch aus Anlass des 105. Geburtstages seines Großvaters, des "Großen Führers" Kim Il Sung, hat der Enkel verzichtet. Er wollte Donald Trump wohl doch nicht zu sehr herausfordern. Denn der hatte wenige Tage zuvor verkündet: "Nordkorea legt es auf Ärger an. Wenn China uns hilft, wäre das großartig. Ansonsten lösen wir das Problem ohne sie." Wie es aussieht, möchte China durchaus helfen. Aber nicht, indem es gemeinsam mit den USA militärisch gegen nordkoreanische Atomreaktoren und Raketenabschussstellungen losschlägt. Vielmehr möchte die Regierung in Peking zwischen Pjöngjang und Washington vermitteln. Ihr Vorschlag: Nordkorea solle alle Atom- und Raketenversuche einstellen; im Gegenzug sollten Amerikaner und Südkoreaner auf ihre großangelegten Militärmanöver verzichten, die von den Nordkoreanern als unverhüllte Vorbereitung eines Einmarsches und eines Regimesturzes gesehen werden. Wer in diesen Tagen Peking besucht, der ist überrascht, wie oft bei Gesprächen mit Regierungsvertretern von einem drohenden Krieg die Rede ist. Die angespannte Lage weckt tief in der Geschichte verwurzelte Ängste. Denn über die Jahrhunderte ist China immer wieder in Kriege verwickelt worden, die ihren Ausgang in Korea nahmen. Nun fürchtet man in Peking, von Kim Jong Un in eine militärische Auseinandersetzung mit den USA hineingezogen zu werden. Ausgerechnet vom "kleinen fetten Kim", wie er in Chinas sozialen Medien verspottet wird. Der hat nicht nur gerade seinen Halbbruder Kim Jong Nam, der in Macau lebte und dort unter dem Schutz Chinas stand, auf dem Flughafen von Kuala Lumpur ermorden lassen. Er ließ Ende 2013 auch seinen Onkel Jang Song Thaek exekutieren, als dieser ihm zu mächtig wurde. Politbüromitglied Jang war Chinas Verbindungsmann in Pjöngjang. Seit Jangs Tod ist der politische Einfluss der Volksrepublik auf die Entwicklungen im Norden noch geringer geworden. Wirtschaftlich könnte die Regierung in Peking allerdings noch immer beträchtlichen Druck ausüben, denn fast 90 Prozent seines Handels treibt Nordkorea mit China. So könnte Peking – über die bisherigen UN-Sanktionen hinaus – die Öllieferungen an Nordkorea einstellen. Der Zusammenbruch des Nachbarlandes wäre dann nur noch eine Frage der Zeit. Aber die chinesische Führung fürchtet die Folgen: Unruhen, Aufstände, eine Massenflucht in die drei an Nordkorea grenzenden Provinzen. Und sie will keine Wiedervereinigung Koreas unter dem Schutz Amerikas. Trump im Weißen Haus macht es Peking leichter Die Regierung in Washington hätte zwar nichts gegen ein Ende der Kim-Dynastie einzuwenden. Aber wie Peking fürchtet sie eine Eskalation der Gewalt, die ganz Nordostasien destabilisieren könnte. Und so lässt sich Erstaunliches beobachten: Amerikaner und Chinesen suchen zusammen nach einer diplomatischen Lösung für den nordkoreanischen Nuklearkonflikt. Offenbar haben Donald Trump und Xi Jinping bei ihrem Gipfel in Florida genügend gemeinsame Interessen identifiziert. Beide erkennen, wie gefährlich sich die Lage zugespitzt hat. Beiden scheint es mit dem Versuch ernst zu sein, das Schlimmste zu verhindern. Teng Jianqun, der Leiter der Amerika-Abteilung am Chinesischen Institut für Internationale Studien in Peking, begründet, warum er optimistisch ist: "Donald Trump interessiert sich nicht so sehr für ideologische Fragen wie Demokratie und Menschenrechte. Handel und Wirtschaft sind ihm wichtiger. Das macht es für China leichter." Nun sind Demokratie und Menschenrechte zwar keine "ideologischen Fragen", sondern universelle Werte. Aber möglich ist es schon, dass Trump und die chinesische Führung in ihrem robusten Pragmatismus leichter zu einem gemeinsamen Vorgehen finden, als dies unter Barack Obama möglich war. Der hatte sich auf eine Politik der "strategischen Geduld" verlegt, weil er jede Hoffnung aufgegeben hatte, mit dem brutalen, zynischen Regime in Pjöngjang zu einer Verständigung zu kommen. Obama habe zu wenig gewürdigt, wie sehr Xi Jinping auf Distanz zu Nordkorea gegangen sei, sagt der Chinaforscher Cheng Li von der Brookings Institution in Washington. Es mag eine aberwitzige Vorstellung sein, dass es ausgerechnet mit Donald Trump leichter sein sollte, den Brandstifter Kim Jong Un zu stoppen. Aber möglicherweise beeindruckt es Kim, wie rasch Trump zu militärischen Mitteln greift. Die Explosionswellen der Tomahawk-Raketen in Syrien und der "Mutter aller Bomben" in Afghanistan dürften auch in Pjöngjang registriert worden sein. In Peking jedenfalls sind sie angekommen, und dort ist man entschlossen, einen neuen Krieg an den eigenen Grenzen zu verhindern. |
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