Freitext: Michael Ebmeyer: Der Sommer der Liebe kann losgehen

 
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02.04.2017
 
 
 
 
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Der Sommer der Liebe kann losgehen
 
 
Batik statt Yoga. Dutschke statt Höcke. Hipster zu Hippie. Feiern wir den Summer of Love, als wäre er nicht 50 Jahre alt. Dann klappt es auch mit der Bundestagswahl.
VON MICHAEL EBMEYER

 
© Anthony Delanoix/unsplash.com
 
Auch ein Sommer der Liebe wird mal 50. Dieses Jahr ist es soweit. Also lasst uns feiern, wir haben es nötig. Das Feiern, klar. Aber erst recht haben wir ihn nötig: den Sommer der Liebe. Nie war er so wertvoll wie heute.

Denn nach dem Sommer der Liebe kommt ja der Herbst der Liebe, und wenn der kommende Herbst ein Herbst der Liebe wird, dann können wir aufatmen. Schließlich wissen wir über den kommenden Herbst bisher nur, dass Katalonien sich von Spanien lossagen und zum unabhängigen Staat erklären will. Nein, stimmt gar nicht; das wissen die wenigsten, zumindest hierzulande, es gibt ja so viel Wichtigeres. Und auch die Bewohner Kataloniens wissen es eigentlich nicht so genau, denn wie es aussieht, dürfte die Mehrheit, sei es pro oder contra Unabhängigkeit, am Ende hauchdünn werden. Aber genug jetzt davon, auf das Thema kommen wir ein andermal zurück. Was wir in Wahrheit über den Herbst 2017 wissen, gerade hierzulande, ist, dass eine Bundestagswahl ansteht. Eben deshalb brauchen wir den Sommer der Liebe, der mit seinen 50 Jahren hoffentlich so feierfreudig ist wie ehedem.

Vielleicht können wir es ihm erleichtern, indem wir ihn einfach genauso feiern wie 1967. Das kriegen wir doch hin – Hipster zu Hippies, Fatzkebärte zu Fusselbärten, E-Cigs zu Joints. Aus jedem SUV ein selbstbemalter R4! Batikshirt statt Yogastretch und so weiter. Dutschke statt Höcke! Lyndon B. Johnson statt Donald J. Trump!

Schulz hat einen Bart

Tatsächlich sind die Vorboten eines neuen Sommers der Liebe längst unübersehbar. Wenn zum Beispiel ein Demoskopie-Guru darlegt, die AfD baue deshalb neuerdings in den Umfragen ab, weil die SPD einen Kanzlerkandidaten aufgestellt habe, der Merkel Paroli bieten könne, dann ist das schon eine erstaunlich liebevolle, wenn nicht liebestolle Betrachtungsweise. Als wären zweistellige Zustimmungswerte für die Neurechten, wie sie vor kurzem noch unabwendbar schienen, allein mit Merkel-Frust zu erklären – und sobald die Sozis ausnahmsweise einen Herausforderer ins Rennen schicken, dem Chancen eingeräumt werden, kehren all die besorgten Hassbürger erleichtert in den Schoß der Demokratie zurück. Der ganze Rassismus, die Untergangsszenarien, die autoritären Sehnsüchte, die Gewaltbereitschaft? War alles nicht so gemeint, waren doch nur hilflose Versuche, die Botschaft zu vermitteln: „Wir wollen, dass die Kanzlerin, die so oft ‚alternativlos‘ gesagt hat, nicht mehr alternativlos ist.“ Wer das glaubt, ist reif für den Sommer der Liebe.


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