W-Fragen in NRW | Seehofer bestätigt Uni-Pläne | Dr. acad. Sommer: Sind Visitenkarten Old School? | 3 1/2 Fragen an Katrin Kogman-Appel

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
wenn das keine gute Nachricht ist: Mit Bildungsthemen lassen sich Wahlen gewinnen. Oder eben auch verlieren, wie die Niederlage der rot-grünen Regierung in NRW zeigt. Bildung und Wissenschaft wechseln also vom Sparten- ins politische Hauptprogramm. Hervorragend! Auf den wissenschaftspolitischen Merkzettel dieser Woche gehört aber auch das bittere Bekenntnis, das Katrin Kogman-Appel in den Dreieinhalb Fragen zum Vertrauen in den akademischen Betrieb abgibt. Einer ganz praktischen Frage widmet sich Ute Symanski: Sind Visitenkarten Old School? Die Antwort finden Sie bei Dr. acad. Sommer
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
W-Fragen in NRW
Noch keine Woche stehen CDU und FDP als Wahlsieger in Nordrhein-Westfalen fest, und schon stecken beide Parteien in einem Stresstest. Weil die SPD am Dienstag eine Große Koalition mit der CDU ausschloss (ZEIT), gibt es in der Frage „Wer mit wem?“ jedenfalls recht wenig Handlungsspielraum. Schwarz-gelb muss sich irgendwie zusammenraufen. Nur: Wer führt künftig das Bildungsministerium, und wer das Wissenschaftsministerium? Namen kursieren. Und dies umso munterer, als der künftige Ministerpräsident und CDU-Chef Armin Laschet seinen Wahlkampf ohne Schattenkabinett führte. Aus dem allgemeinen Raunen lässt sich allerdings Yvonne Gebauer, FDP-Schulexpertin, hervorheben. Sie wird als Ministerin fürs Bildungsressort gehandelt. Ein weiterer Ministeramtskandidat für die FDP ist Andreas Pinkwart. Er war zwischen 2005 und 2010 Wissenschaftsminister in Düsseldorf und setzte in der Zeit  bundesweit Maßstäbe für die Hochschulautonomie. Pinkwart, der aktuell noch die Geschäfte der HHL Leipzig  führt, wird als Aspirant für das Finanzressort gehandelt. Wie aus CDU-Kreisen bekannt wurde, sind für das Wissenschaftsministerium amtierende Hochschulrektoren im Gespräch. Nach Plänen der CDU soll die Regierung Laschet noch vor den Sommerferien stehen, also deutlich vor den Bundestagswahlen im Herbst. Endgültige Personalentscheidungen fallen erst am Ende der Koalitionsverhandlungen. Wer daran teilnimmt, kommt auch für ein Ministeramt in Betracht.
  
 
 
Seehofer bestätigt Uni-Pläne
Nach der Wahl in NRW, ist vor der Wahl im Bund und dann natürlich auch im wissenschaftspolitisch ehrgeizigen Bayern. Im Freistaat geht es zwar erst im Herbst 2018 zur Abstimmung, doch will CSU-Chef Horst Seehofer ja auf jeden Fall Ministerpräsident bleiben. Dafür braucht der Oberbayer auch das bevölkerungsstarke Franken, und hier eben nicht nur den gebürtigen Nürnberger Spitzenpolitiker Markus Söder. Und so bekommt die SPD-Hochburg Nürnberg nun endlich auch eine Universität (Bild, Süddeutsche Zeitung, Nordbayern-Portal). Also, auf geht's!
  
 
 
Vielfalt in der Hochschullandschaft
Wie weit sind Hochschulen bei der Profilbildung eigentlich, und was könnte für mehr Vielfalt sorgen? Eine Bestandsaufnahme und Bewertung versuchen die Wissenschaftsräte aus Österreich und Deutschland heute und morgen in Wien. Bei der Tagung diskutieren Politiker, Hochschulleitungen und Wissenschaftler über universitäre Leitbilder und staatliche Fördermöglichkeiten im Differenzierungsprozess. Wie virulent das Thema gerade in Deutschland ist, zeigen die hohen Bewerberzahlen beim bundesdeutschen Förderprogramm Innovative Hochschule. 118 Anträge sind eingegangen, nur etwa 20 Prozent davon dürften bewilligt werden. „Extrem frustrierend“ nennt die Auswahlquote der Sprecher der Fachhochschulen in der HRK, Karim Khakzar und fordert eine signifikante, unkomplizierte und zeitnahe Aufstockung der Mittel. Aktuell stellen Bund und Länder 550 Millionen Euro für die Innovative Hochschule bereit, die Gelder werden in zwei Runden vergeben und sollen zu mindestens 50 Prozent an Fachhochschulen in Deutschland gehen.
  
 
 
Manchester plant Personalumbau
Alt gegen Jung. Eine von Großbritanniens größten Universitäten, die University of Manchester, stellt sich personell neu auf und setzt dabei offenbar auf Wissenschaftler, die jünger und billiger sind als erfahrenere Forscher mit höheren Gehältern (Guardian). Vor wenigen Tagen bestätigte die Universität, rund 100 junge Talente einstellen zu wollen – kurz nachdem sie die Entlassung von 140 Forschern und 31 Wissenschaftsmanagern angekündigt hatte. Die Hochschulgewerkschaft UCU ist alarmiert: „We see no economic rationale for jobs cuts on such an enormous scale. The University of Manchester is in a strong financial position and we believe it is using recent government policy changes and Brexit as an excuse to make short-term cuts that will cause long-term damage“, erklärte UCU-Generalsekretärin Sally Hunt in einer Stellungnahme. Manchester gehört zur einflussreichen Russell-Group. Der Verbund forschungsstarker Unis warnt mit Blick auf den Brexit vor einem Brain Drain (THE, Varsity). Durchschnittlich 25 Prozent der Wissenschaftler an Russell-Group-Unis kommen aus dem EU-Ausland.
  
 
 
Nietzsche in Teheran
Nach dem Atomabkommen mit dem Iran und der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen sind neue Wissenschaftsbeziehungen mit dem politisch und wirtschaftlich isolierten Land entstanden. Gut ein Jahr ist seither vergangen (University World News, THE). In dieser Woche stehen Wahlen im Iran an. Wie Studierende heute für die Öffnung ihres Landes streiten, erfahren Sie in einer eindrücklichen Geschichte in der aktuellen Ausgabe Ihrer ZEIT.
  
 
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
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Ulrich Bühler führt Fachbereichstage
Die Konferenz der Fachbereichstage hat einen neuen Vorsitzenden und die bundesdeutsche Hochschulpolitik damit einen neuen Verhandlungspartner. Ulrich Bühler, Informatikprofessor an der Hochschule Fulda, leitet den fächerübergreifenden Verbund nun für drei Jahre. Bühlers Agenda steht bereits: ein eigenständiges Promotionsrecht für forschungsstarke Fachbereiche.
 
Direktorenwechsel am Gutenberg-Lehrkolleg in Mainz
Andreas Hildebrandt leitet in den nächsten drei Jahren das Gutenberg Lehrkolleg an der Universität Mainz. Der Informatiker übernimmt den Direktorenposten von Harald Paulsen, der die 2010 gegründete Einrichtung  aufbaute und universitätsweit etablierte. Das Gutenberg Lehrkolleg fungiert fächerübergreifend als Anlaufpunkt und Schaltstelle zur Entwicklung von Studium und Lehre an der Universität Mainz. Als Pendent zum Gutenberg Forschungskolleg soll es dafür sorgen, die akademische Lehre als gleichrangige Aufgabe wertzuschätzen.
 
Entspannter Forschen mit Kind
Es ist ein Kraftakt. Wissenschaft und Familie unter einen Hut zu bringen, kostet Energien und bremst nicht selten die Karriere. Ohne Backup im Privaten sind Spitzenleistungen vor allem in den experimentellen Naturwissenschaften schier unmöglich. Die Meeresbiologin Laurie Hofmann (MPI für Marine Mikrobiologie Bremen), die Psychologin Elisabeth Lehr (Universität Münster) und die Mikrobiologin Constanze Pinske (MLU Halle-Wittenberg) haben Kinder und bekommen jetzt Hilfe: Als Stipendiatinnen des Programms For Women in Science erhalten die drei Naturwissenschaftlerinnen 20.000 Euro, die sie beispielsweise für Kinderbetreuung und Hilfe im Haushalt ausgeben können.
 
Fulbright sucht Kommunikator
Das deutsch-amerikanische Verständnis ist immer noch kein Selbstläufer und will immer wieder neu errungen sein. Wer dabei helfen möchte, kann sich bei der Fulbright-Kommission bewerben. Am Standort Berlin gilt es, eine Abteilung Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit aufzubauen. Ein Fall für erfahrene Kommunikatoren. Mehr dazu im  ZEIT-Stellenmarkt.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Prof. Dr. Katrin Kogman-Appel

Alexander von Humboldt-Professorin für Jüdische Studien an der Universität Münster
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Eine Erkenntnis, zu der ich wohl schon vor Jahren hätte kommen können: dass nämlich die sogenannten exakten Wissenschaften nicht immer so exakt sind, wie sie tun oder wie man allgemeinhin glaubt. Unter dem Mantel der Exaktheit, also der absoluten Objektivität erwerben diese Wissenschaften das Vertrauen der Öffentlichkeit, die dann gleichzeitig die Geisteswissenschaften gerne als sinnlose und der Allgemeinheit unnütze Orchideenfächer abtun. Der kürzlich veröffentlichte Harvard Zucker Skandal hat mein Vertrauen in den akademischen Apparat tief erschüttert. In den 60er Jahren finanzierte die Zuckerindustrie Projekte, die beweisen sollten, dass Zuckerkonsum keine Herz, -und andere Krankheiten verursacht.
 
Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen? 
Umdenken und flexibel denken kostet kein Geld. Normen müssen überdacht und hinterfragt werden. Andauernd. Die existenzielle Unsicherheit, der Nachwuchswissenschaftler ausgesetzt sind, die mit einer starken verwaltungstechnischen Überlastung der jeweiligen Projektleiter einhergeht, ist eine Norm, die überdacht werden sollte.

Lektüre muss sein. Welche?
“In an Antique Land” von Amitav Ghosh hat mir sehr gut gefallen - ein Narrativ, das sich konstant in Grauzonen aufhält: zwischen der Autobiographie und dem Reisebericht; der Anthropologie und der Geschichte; Moslems, Hindi und Juden; Geschichte und Gegenwart; Religiosität und Säkularismus.
 
Und sonst so?
Forschen um des Forschens und des Wissens willen, auch wenn es manchmal nicht um den eigenen Karrierevorteil und die Verlängerung der Publikationsliste geht – ein selten praktizierter Luxus.
 
Die Alexander von Humboldt-Professuren werden jährlich verliehen. In dieser Woche ging die Auszeichnung an sechs Preisträger.
   
   
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
Dr. acad. Sommer
 
 
   
Liebe Frau Dr. acad. Sommer,
braucht es zum Networken in Zeiten von Homepagedarstellungen überhaupt noch Visitenkarten aus Papier?


Liebe/r X,
Dr. acad. Sommer ist ein großer Fan von Visitenkarten, und antwortet mit einem klaren: ja! Und zwar aus folgenden Gründen:
Visitenkarten sind praktisch. Vielleicht haben Sie das schon mal erlebt: Sie haben ein anregendes und nettes Tischgespräch geführt, etwa auf einer Tagung. Sie treffen die Person in der Kaffeepause wieder und werden namentlich angesprochen. Ihnen fällt der Name der/des Anderen aber ausgerechnet jetzt nicht mehr ein. Oder Sie sind unsicher: War das jetzt 'Müllers'? Oder doch 'Möllers'? Ein schneller Blick auf die zuvor getauschte Visitenkarte, die Sie noch in der Jackentasche haben, löst das Dilemma. Wenn Sie zudem vereinbaren, in Verbindung zu bleiben, können Sie für sich auf der Visitenkarte Stichworte notieren. Mit den gesammelten Karten haben Sie gleich eine Erinnerung, bei wem Sie sich melden wollen.
Visitenkarten sind ein Mitgliedsausweis. Sie machen Sie zur Repräsentantin oder zum Repräsentanten Ihrer Organisation. Deren Glanz färbt gleichsam auf Sie ab. Und zwar unabhängig davon, ob Sie in einer hohen Position oder studentische Hilfskraft sind.
Visitenkarten geben Orientierung. Ihr Gegenüber sieht auf den ersten Blick wichtige Zusatzinformationen – etwa Funktion, hierarchische Stellung oder akademische Titel. Wer mag sich schon mit: "Ich bin Frau Professorin Dr. Dr. hc. X" vorstellen? Wohnorte oder interessante Straßennamen können zudem Anknüpfungspunkte für Gespräche sein. 
Eine Visitenkarte ist nonverbale Kommunikation. Etwa erneut auf einer Tagung: Wenn Sie mit gezückter Visitenkarte auf eine Person zugehen, so weiß die direkt: "Aha, der/die möchte sich mit mir vernetzen." Praktisch vor allem für jene, die sich mit Small Talk schwerer tun. Die Visitenkarte bereitet den Boden dafür, dass Sie direkt zur Sache kommen.
Visitenkarten bedeuten Interaktion. Sie geben und nehmen, das verbindet. Denken Sie an Kulturkreise, in denen es eigene Regeln gibt, etwa die Übergabe der Kärtchen mit beiden Händen. Indem Sie die Karte respektvoll auf den Tisch vor sich legen oder die Karte zum Abschied noch einmal hochhalten und sich dafür bedanken, machen Sie den Kontakt zu etwas, das Ihnen kostbar ist. 
Übrigens: Auch jene, die in der Scientific Community über einen VIP-Status verfügen und längst ein großes Netzwerk haben, tragen oft Visitenkarten mit sich – und nutzen sie als Geste der Macht. Vermerkt ein VIP spontan seine private Mail-Adresse oder Handynummer darauf, sagt Ihnen das: Ich bin an unserem Gespräch auch in Zukunft ernsthaft interessiert! Insbesondere, wenn Sie noch eine junge Wissenschaftlerin, ein junger Wissenschaftler sind, ist dann Ihr Visitenkarten-Augenblick gekommen. 

Dr. Ute Symanski ist Coach und Hochschulberaterin. Sie schreibt für das Coachingnetz Wissenschaft als "Dr. acad. Sommer". Kontakt: www.hochschulcoaching.de und www.coachingnetz-wissenschaft.de.
   
   
Auch eine Frage an Dr. acad. Sommer? Schreiben Sie an chancen-brief@zeit.de, twittern Sie unter #ChancenBrief – oder hinterlassen Sie uns in diesem Kontaktfomular anonym Ihre Frage!
   
   
 
 
   
 
   
   
 
Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
Kopfschuss: Glatte Eins! An einer norwegischen Schule stehen Ballerspiele auf dem Stundenplan. Ist das Wahnsinn oder eine bildungspolitische Vision?

Wir unterrichten mitten im Chaos Noch ist die deutsche Schule in Venezuelas Hauptstadt Caracas geöffnet. Hier beschreibt Schulleiter Werner Fabisch seinen Versuch, den friedlichen Ort zu erhalten »Sie wollen nur spielen« Der frühere Basketball-Star Henning Harnisch möchte den Schulsport revolutionieren. Dafür will er Profitrainer in den Unterricht schicken. Wie soll das gehen? Nietzsche in Teheran Über die Zukunft des Irans wird auch auf dem Campus entschieden. Wie Studierende für eine Öffnung ihres Landes streiten 

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
   
 
   
   
 
c.t.
 
 
   
 
Tauchen für die Wissenschaft: Was ist am Meeresboden (hier im Persischen Golf) los? Scientific Diver finden es heraus. Den nächsten Blockkurs Wissenschaftstauchen gibt es an der TU Bergakademie Freiberg von 7. bis 16. Juli, im September folgt eine Exkursion ins italienische Panaera. Anmeldeschluss ist Ende Mai, mehr Informationen hier.

Quelle: Thomas Pohl / Scientific Diving Center
 
 
 
 
 
 
 
 
   
Eine angenehme Restwoche!

Ihr CHANCEN-Team


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