Berlin erforscht das Internet | Gastkommentar Horst Hippler zum UrhWissG | 3½ Fragen an Franca Parianen Lesemann | Campus-Schildkröte

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
im Rechtsausschuss des Bundestages wird heute um 13 Uhr über das neue Urheberrechtsgesetz diskutiert. Geladen sei zwar „wissenschaftlicher Sachverstand“, nicht aber Hochschulleitungen und Studierende als „unmittelbar Betroffene“ – das kritisiert heute HRK-Präsident Horst Hippler bei uns im Gastkommentar. Und in den 3½ Fragen hat Franca Parianen Lesemann vom Leipziger MPI für Kognitions- und Neurowissenschaften Lesetipps für alle, die „humorvolle Welterklärer“ mögen.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Berlin erforscht das Internet
Berlin überzeugt derzeit mehr denn je als Stadt der Widersprüche. Hier das Kuddelmuddel am BIG – dort die Zusage vom BMBF, das Internet-Institut in Berlin hochzuziehen. Koordiniert wird das ganze von einer kleinen Verbundarmee: FU, HU, TU, UdK, Uni Potsdam, Fraunhofer-Fokus und WZB (unter Federführung von letzterem). Der Berliner Standort zeichne sich „durch leistungsstarke Hochschulen und eine lebendige Start-up Szene“ aus, heißt es in der Begründung, und sei daher „gut geeignet, um die gewünschte Verbindung von wissenschaftlicher Tiefe und Transfer in Gesellschaft, Wirtschaft und Praxis herzustellen“. Ebenfalls beworben hatten sich die Bayrische Akademie der Wissenschaften, die Uni Hannover, das KIT und die Uni Bochum. Das Institut erhält in den ersten fünf Jahren vom BMBF 50 Millionen Euro und soll noch 2017 seine Arbeit aufnehmen. Kooperieren soll es auch mit dem „Einstein Center Digital Future“, das unter seinem Dach 50 neue IT-Professuren versammelt. Hinzu kommen jetzt 60 bis 70 Forscherinnen und Forscher für das Internet-Institut; im Gründungsdirektorium sitzen Martin Emmer (FU), Ina Schieferdecker (TU, Fraunhofer) und Axel Metzger (HU).  Eine Website gibt es auch schon: https://vernetzung-und-gesellschaft.de. (Tagesschau; Welt; Tagesspiegel; Morgenpost; Stuttgarter Zeitung)
  
 
 
Demografischer Wandel trifft Thailands Unis
Der demografische Wandel in Thailand beginnt, sich auf die Universitäten auszuwirken: immer weniger Studierende bewerben sich auf die 170 Hochschulen des Landes. Auf 150.000 freie Plätze kamen im letzten Jahr nur 80.000 Bewerberinnen und Bewerber. Für drei Viertel dieser Hochschulen bedeute das in naher Zukunft womöglich das Aus, kann man in der Bangkok Post lesen. – Was der Geburtenrückgang in Deutschland für die Unis bedeutet und welche Standorte betroffen sein werden, haben wir übrigens auch schonmal ausgerechnet, in der ZEIT 48/2016.
  
 
 
Mark & Joe
It’s this time of the year. In den USA schreiten glücksgerührte Studierende mal wieder in ihren Gowns den Campus entlang. Und wir? Hängen derweil (gelegentlich ebenfalls gerührt) vor unseren Computern und streamen die Commencement Speeches. Top notch, wie immer: Harvard. Dieses Jahr können Sie Mark Zuckerberg und Joe Biden zuhören. 
  
 
 
Podcast: Frauen in der Wissenschaft
ZEIT-Redakteurinnen Louisa Reichstetter und Anna-Lena Scholz haben kürzlich beide in der ZEIT Nr. 14 über „Frauen in der Wissenschaft“ geschrieben. Der Kanal piqd fand's interessant – und hat beide in einem Podcast über das Thema und ihre Recherche befragt. Hier können Sie die Sendung anhören; hier die Artikel lesen: „Das schüchterne Geschlecht“ und „Nie ohne sie“.
  
 
 
Personalia
Ein paar Personalia sind aufgelaufen, die hiermit kurz vermeldet seien: Reiner Schuhenn, Dirigent und ehemaliger Rektor der Kölner Hochschule für Musik und Tanz, wird neuer Rektor der Universität Mozarteum in Salzburg (der standard). – Thomas Walter und Rudolf Becker werden als Vorstand der HIS eG weiterhin die operativen Geschäfte  führen, wie der Aufsichtsrat jetzt entschied. Walter leitet das Rechenzentrum der Universität Tübngen; Becker ist Kanzler der Hochschule Kaiserslautern. – Neue Aufgabe für Ex-Wissenschaftsrat-Chef Manfred Prenzel: Er wird neuer Vorsitzender des Stiftungsrates des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF); er folgt in dieser Position auf den ehemaligen Berliner Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner.
  
 
 
 
   
   
   
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Die Zahl
 
 
   
3 Millionen Dollar

Preissumme des „Breakthrough Prizes“, der jährlich außergewöhnliche Forschung in Physik, Naturwissenschaften und Mathematik auszeichnet. Die Plattform Research Gate gab jetzt bekannt, mit der Breakthrough Prize Foundation zu kooperieren. 
 
Quelle: Research Gate
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Franca Parianen Lesemann

Doktorandin am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
„People aren’t fools“, dieser tröstliche Satz aus einem Psychologiebuch blieb hängen. Trotz Weltpolitik. Es ging um die menschliche Tendenz zur Selbstüberschätzung: Durchschnittlich sind wir alle überdurchschnittlich in Allem – besonders im Autofahren, und zwar dank selektiver Wahrnehmung und Ducken vor Herausforderung. Doch interessanterweise nicht bis ins Unendliche. Wir schätzen realistisch ein, wie unsere Freunde uns sehen, und suchen in unsicheren Zeiten Objektivität. Ähnliches findet sich anderswo: Wir hören lieber, was wir schon glauben, aber nicht angesichts vieldeutiger Information. Wir reagieren stark auf Emotionen, aber nicht, wenn wir Vorwissen mitbringen. Wer Menschen unterschätzt (auch ein beliebter Denkfehler) vertut solche Potenziale, Debatten zu gestalten. Das finde ich eine wichtige Erinnerung.
 
Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Wir schöpfen die Ressourcen, des Internets noch nicht aus. Die Auflösung der Papiergrenzen bietet Platz für die Veröffentlichung von Nullresultaten und Replikationen, Hintergrundinfos, Daten und Skripten. Journals können Raum für solche Anhänge schaffen, oder wie z.B. F1000 versuchen, Selektion auf Wissenschaftlichkeit zu beschränken. Forschern und Institutionen sollten dem aufgeschlossen begegnen.
 
Lektüre muss sein. Welche?
Da ich mir merken kann, was sich gut erzählt, finde ich humorvolle Welterklärer sehr bereichernd. Aus Douglas Adams Artenschutzmanifest Last Chance to See, begleitet mich das Bild des Kakapo, der seine Flugunfähigkeit vergessen hat und sich gelegentlich nervös von Bäumen wirft; aus Bill Bryson's 1927 die Beschreibung eines US-Präsidenten, der Katastrophenopfer nicht besuchen will, oder für sie 12 Postkarten signieren. Weil letztere Geschichte so schön illustriert, wie oft Mitgefühl Anschauung braucht, habe ich sie später im eigenen Buch aufgegriffen.
 
Und sonst so?
Bin ich immer wieder überrascht, wie viel Tiefe Small Talk erreichen kann, wenn man Menschen nach ihrer Lieblingsserie fragt.
   
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
Gastkommentar
 
 
   
   
von Horst Hippler
   
   
   
Kein gutes Signal
Wenn heute im Rechtsausschuss des Bundestages der Entwurf zur Novellierung des Urheberrechts verhandelt wird, dann ist dort zwar auch viel wissenschaftlicher Sachverstand präsent, aber die Hochschulleitungen und Studierenden als unmittelbar Betroffene sind nicht eingeladen. Das ist unverständlich und kein gutes Signal, ist die Anhörung doch ein wichtiger Schritt in dem von der Bundesregierung angestoßenen und für das Hochschulsystem äußerst bedeutsamen Gesetzgebungsverfahren.
Die drei für die Hochschulen unverzichtbaren Kernelemente des Gesetzesentwurfs – Pauschalvergütung für lehrbezogene Nutzungen, kein Vorrang von Verlagsangeboten, keine Ausnahmen für wissenschaftliche Lehrbücher – werden dabei von Seiten der Verlage mit allen Mitteln attackiert. Die Heftigkeit der Auseinandersetzung zum jetzigen Zeitpunkt ist kein Zufall. Im Zeichen der rasanten Digitalisierung ist sie Ausdruck des Versuchs, eine grundsätzliche Neuordnung des Verhältnisses von Wissenschaft und Verlagen zu verhindern.
Dabei zeigen sich zwei unterschiedliche Strategien der Verlagsseite. Im Verfahren zur Reform des Urheberrechts will sie an den überkommenen analogen Geschäftsmodellen und den damit verbundenen Anforderungen festhalten. Ein modernes Hochschulstudium ist aber geprägt von der kurzfristigen und sicheren digitalen Verfügbarkeit von Texten auf Lernplattformen. Diese zentrale Dienstleistung würde den Hochschulen nach dem Willen der Verlage nahezu unmöglich gemacht – durch eine nicht realisierbare Einzelfallerfassung und die Einführung eines Verlagsvorbehalts. Noch weiter gehen einige Großverlage im Rahmen der Verhandlungen im Projekt DEAL zum Abschluss bundesweiter Lizenzverträge. Dort versuchen diese Verlage, die Digitalisierung für Geschäftsmodelle zu nutzen, die althergebrachte Ansätze mit digitalen Komponenten anreichern. Dadurch werden zukunftsträchtige Publikationsformen im Rahmen von Golden Open Access abgewehrt – bei doppelter Vergütung.
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die Abgeordneten des deutschen Bundestages darin zu bestärken, dass die Reform des Urheberrechts ein grundlegender Baustein für ein dauerhaft leistungsfähiges Hochschul- und Innovationssystem ist. Sollte die Reform auf den letzten Metern scheitern oder in ihren Kernpunkten verwässert werden, dann droht erheblicher Schaden für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wissenschaft.
 
Prof. Dr. Horst Hippler ist Präsident der Hochschulrektorenkonferenz
   
   
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c.t.
 
 
   
 
Den Campus-Kater der Uni Augsburg haben wir Ihnen hier im c.t. bereits vor einigen Monaten vorgestellt. (Er hat einen eigenen Instagram-Account: @campuscataux!) Jetzt gesellt sich ein weiteres Tierchen hinzu – eine Schildkröte wurde gesichtet. We love!
 

Quelle: Instragram, @uni.augsburg // via Augsburger Allgemeine
 
 
 
 
 
 
 
 
 
   
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