Freitext: Teresa Präauer: Amerika als T-Shirt

 
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18.05.2017
 
 
 
 
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Amerika als T-Shirt
 
 
Ist es immer nur rechts gegen links? Wer verstehen will, wie Amerikaner denken, sollte sich ihre T-Shirt-Slogans ansehen. In Iowa findet man besonders schöne Exemplare.
VON TERESA PRÄAUER

 
© Jason Reed/REUTERS
 
SORRY ABOUT BETSY DEVOS, AMERICA NEEDS LESBIAN FARMERS, JUST ANOTHER SLUT ON BIRTH CONTROL. Betsy DeVos ist bekanntermaßen die frischgebackene Bildungsministerin der Vereinigten Staaten, und eines ihrer proklamierten Ziele ist es, die Förderung staatlicher Schulen abzuschaffen. Dass Amerika mehr lesbische Landwirtinnen bräuchte, ist als Replik auf eine abwertende Aussage des konservativen Radiomoderators Rush Limbaugh zu lesen. Und eine slut, die sich für birth control einsetzt: is definitely reclaiming some four-letter-word. Ich befinde mich im T-Shirt-Laden Raygun East Village von Des Moines, dem hippen, gentrifizierten Viertel der Hauptstadt des Bundesstaates Iowa. Die T-Shirts mit aufgedruckten Sprüchen in allen Farben, die zeitnah auf die politischen Ereignisse in Amerika reagieren, sind ein Produkt des Mittleren Westens, das humorvoll den Patriotismus der Rednecks mit den Slogans der linken Protestkultur mixt. MAKE AMERICA GREAT AGAIN ist als Parole auch hier ein Verkaufsschlager, allerdings illustriert mit den Porträts von Michelle und Barack Obama. YES WE CAN, hieß bekanntlich dessen Wahlspruch im Präsidentschaftswahlkampf 2008, und rückblickend liest sich dies wie der hoffnungsfrohe Beginn eines Halbsatzes, der nun weitergelesen werden muss: YES WE CAN MAKE AMERICA GREAT AGAIN. – Um sich ein vollständiges Bild von Amerika zu machen, ist es wohl nötig, den gesamten Satz zu lesen.
 
Ich frage mich, was hat sich verändert, seit ich im Herbst 2015 das letzte Mal hier gewesen bin für einige Monate? Es ist dieselbe Landschaft mit ihren grünen Hügeln und den gelben Maisfeldern, die Grant Wood in den 1920er und 1930er Jahren so naiv-sachlich und prägnant gemalt hat. Im Des Moines Art Center, einem großartigen dreiteiligen Museumsbau von den Architekten Eliel Saarinen, I. M. Pei und Richard Meier zwischen den 1940er und 1980er Jahren gebaut und erweitert, hängt noch, wie beim letzten Besuch, Grant Woods Ölgemälde The Birthplace of Herbert Hoover. Es zeigt ein Grundstück, auf dessen Rasen zwischen Haus und Hecke ein schlankes Männlein steht, das mit der rechten Hand auf seinen Besitz zu deuten scheint. Seht, das gehört mir. Vielleicht ist es Herbert Hoover selbst, der bis eben noch angeblich unbeliebteste Präsident der amerikanischen Geschichte, der hier steht, nun deutet und einen Schatten wirft.
 
Noch immer fahren über solchen Rasen die gelb-grün-lackierten Mähfahrzeuge von John Deere, der hier ein Monopol zu haben scheint auf alles, was Lärm macht. Der Autor und Reiseschriftsteller Bill Bryson, selbst in Des Moines geboren, schrieb Ende der 1980er Jahre darüber so liebevoll-spöttelnd in The Lost Continent, zu Deutsch: „Straßen der Erinnerung“. Und immer noch kutschieren die schwarz gewandeten Amish mit ihren Pferdewägen auf der rechten Spur der Landstraße zu ihren Feldern, während nebenan der Monsanto-Konzern sein gentechnisch verändertes Saatgut produziert.

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