Kiyaks Deutschstunde: Durchs wilde Nafristan

 
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Kiyaks Deutschstunde
18.01.2017
 
 
 
 
Was meinen Politiker, wenn sie sagen, was sie sagen? Und: Was meinen sie wirklich? Mely Kiyak sagt’s Ihnen!


Durchs wilde Nafristan
 
Nach den Diskussionen um die Kölner Silvesternacht: Es ist egal, an welchem Detail man den Einsatz der Polizei anpackt, es stimmt einfach gar nichts.
VON MELY KIYAK

Auch Wochen später erschließt sich einem nicht, warum Männer, die vom blonden, blauäugigen Phänotyp abwichen, in der Kölner Silvesternacht systematisch von Polizisten festgehalten und durchsucht wurden. Selbst unter Berücksichtigung der Annahme, dass Männer dieses Aussehens grundsätzlich Frauen vergewaltigen, stellt sich die Frage, was man bei einem Mann vorzufinden hofft, dem man vorwirft, dass er gleich Frauen anfassen wird? Wonach sucht man?

Tweet der Kölner Polizei in der Silvesternacht: Am HBF werden derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft. Infos folgen.

Es ist nicht bekannt, nach welchen Kriterien eine solche Auswahl getroffen wurde, und ob es Tabellen gibt, in denen typische Merkmale aufgelistet werden. Fest steht nur, sagte ein Sprecher der Polizei zu Spiegel Online:

"Wie ein Nordafrikaner grundsätzlich aussieht, das weiß man."

Den Kölner Polizeipräsidenten Jürgen Mathies beschäftigte ohnehin eine gänzlich andere Frage. Er gründete am 4. Januar eine Arbeitsgruppe, um festzustellen:

"Warum unter anderem so viele junge Nordafrikaner auch zu Silvester 2016 nach Köln gekommen sind und warum sie nahezu zeitgleich aus dem Bundesgebiet am Hauptbahnhof eintrafen. ... Mit diesem Wissen wollen wir Spekulationen ausräumen oder Vermutungen belegen."

Damit meinte er unter Umständen seine eigenen Spekulationen und Vermutungen, die er bereits drei Tage vor der Silvesternacht in einem gemeinsamen Interview mit Alice Schwarzer im Kölner Stadtanzeiger formulierte.

"Alice Schwarzer: Teilen Sie eigentlich meine These, dass dieser Exzess sexueller Gewalt ein politischer Akt war?

(...)

Initiiert und organisiert durch eine Handvoll Leute hat sich an diesem Abend ein bestimmter Typ Mann – vor allem junge Algerier und Marokkaner – mit einem sehr patriarchalen Frauenbild, noch angeheizt vom politischen Islam, schwarmartig dazu verabredet, es den westlichen "Schlampen" und deren Männern, diesen europäischen Schlappschwänzen, zu zeigen.

( ...)

Es ging ihnen um Trouble, es ging um sexuelle Gewalt gegen Frauen als "Herrenrecht", um die Jagd auf Frauen, um ihre Vertreibung aus dem öffentlichen Raum. Deshalb wurden die Frauen nicht nur im "Höllenkreis" eingekesselt, sondern auch – was ich noch nirgends gelesen habe – auf der Hohenzollernbrücke in einer Art "Schandreihe" an Männern vorbeigetrieben, die sich dann an ihnen vergreifen durften. Das war eine hierzulande neue Form von Attentat.

Jürgen Mathies: Ja. Es spricht vieles dafür, dass das genau so war, wie Sie es beschreiben – zumindest für den Kreis der Täter nordafrikanischer Abstammung."

Die Kölner Polizei fischt sich diese Männer zielsicher aus der Menge heraus und wird sich später dafür rechtfertigen müssen. Straftaten im Sinne von "Herrenrecht", "westliche Schlampen", "Schandreihe" rufen natürlich allerhand weitere Fragen auf. Dazu passt die Presseerklärung der Kölner Polizei der vergangenen Woche:

"Für die Beantwortung von Fragen, die sich nicht mit polizeilichen Möglichkeiten beantworten lassen, hat die Arbeitsgruppe Kontakt zu Gewaltforschern und Islamwissenschaftlern aufgenommen."

Hier verdichten sich die Verdächtigungen zu der Annahme, dass es Verabredungen unter Nordafrikanern gab, gezielt deutsche Frauen anzugreifen, deren Motivation an der Schnittstelle Gewalt und Islam auszumachen sind. Mit viel Wohlwollen kann man der Polizei zugestehen, dass sie einfach versucht zu verstehen, warum Nordafrikaner so etwas machen.

Übrigens, aus den ursprünglichen Nafris, wurden in der Zwischenzeit laut Mathies:

"nordafrikanisch beziehungsweise arabisch aussehende junge Männer".

Also, Änderung der Sachlage. Die Polizei hat nun doch verraten, wie Nafris aussehen. Nämlich arabisch.

Des Weiteren wurde bekannt gegeben, dass es sich bei den 2.000 registrierten Männern der Kölner Silvesternacht 2016 nicht nur um "Nafris" aus Nordafrika, sondern auch um "Nafris" aus dem Irak, Afghanistan und Syrien handelte, eine Art neues Nafristan.

Alice Schwarzer äußerte im Gespräch eine weitere These.

"Dass vor 20 Jahren 70 bis 80 Prozent aller Vergewaltigungen in Köln von Türken begangen wurden, war der Polizei wohlbekannt. Und auch, dass diese Häufung Gründe hatte."

Der Täterkreis wird also sukzessive um weitere Gruppe erweitert. Alle diese Länder haben eines miteinander gemeinsam. Es leben dort mehrheitlich Bürger mit islamischer Konfession.

Vielleicht werden die von der Kölner Polizei in Auftrag gegebenen Expertisen der Islamwissenschaftler und Gewaltforscher nicht nur das Verhalten der Nordafrikaner, Syrer, Afghanen und Iraker der Gegenwart erklären, sondern auch das der ersten Generation der Vergewaltiger in Köln, die laut Schwarzers These mehrheitlich Türken waren. Der Polizeipräsident widerspricht dieser Behauptung im Gespräch übrigens nicht.

Alles hat sich erübrigt

In der Zwischenzeit weitere Korrektur der Polizei: Zu Silvester handelte es sich bei den kontrollierten Männern nahezu gar nicht um Männer aus Nordafrika.

Zwei Vermutungen stehen nun im Raum. Entweder die Kölner Polizei weiß doch nicht, wie Intensivtäter aus Nordafrika aussehen. Oder sie weiß es und war aus akutem Nordafrikanermangel gezwungen, auf andere Männergruppen zurückzugreifen.

Das Gravierende aber ist, dass sich alles auf einen Schlag erübrigt hat. Es gab zu keinem Zeitpunkt Hunderte von Nordafrikanern, die zeitgleich in Köln ankamen. Mit diesem Argument wurde aber kontrolliert. Diesem Argument folgend geschah die Auswahl der Männer; die Art und Weise der Kontrollen; die Beauftragung der Gewaltforscher und Islamwissenschaftler; die Tweets. Einfach alles hat sich erübrigt.

Es ist egal, an welchem Detail man den Einsatz der Polizei in der Kölner Silvesternacht anpackt, es stimmt einfach gar nichts. Es lässt sich mit Logik nicht erklären. Sondern nur mit Stimmung. Hier sollte unbedingt etwas sein, was nicht war.

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