SPD: Der Bund soll zahlen | Kein Nachwuchs | 3½ Fragen an Michael Müller | Standpunkt Anna-Lena Scholz: Bitte eintreten

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
ob Wissenschaft ein Wahlkampfthema wird? So richtig mit Vorschlägen, handfesten Versprechungen und Streit? Schön wär's ja, und Anzeichen gibt es dafür auch. Berlins Regierender Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller hat in unserem Fragebogen einen passenden Literaturtipp für Sie. (Besonders literarisch ist der aber nicht.) Und Anna-Lena Scholz kümmert sich im Standpunkt um die Frauen der Wissenschaft.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Merkel trifft Expertenkommission und Schulz hört vielleicht zu
Angela Merkel war gestern mal wieder im Dienste der Wissenschaft unterwegs – sie war nämlich mit der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) verabredet, die ihr den neuen Jahresbericht 2017 überreicht hat. Und was steht im Zeugnis? Paar Einser, viele Zweier, und ein Mangelhaft. Die Kommission lobt das Erreichen des 3-Prozent-Zieles in den Ausgaben für Forschung und Entwicklung, die ExIni (jetzt ExStra) und Pakte – letztere hätten „die Leistungsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems erheblich gestärkt“; eine „Fortsetzung dieser Maßnahmen wird von der Kommission begrüßt bzw. mit Nachdruck empfohlen“. Ebenfalls top: Verbesserte Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen und erste Schritte Richtung E-Government. Nachhilfe braucht es aber, wenig überraschend, beim Thema: Digitalisierung. „Wir raten zu einer stärkeren Bündelung der politischen Zuständigkeiten in diesem Bereich. Der Staat muss agiler als bisher auf die schnell erfolgenden Veränderungen reagieren“, formuliert die Kommission recht höflich. Ein paar Ratschläge bekam Frau Merkel auch noch mit auf den Weg: Steuerliche Forschungsförderung; Steigerung der FuE-Ausgaben auf 3,5 BIP; Verdoppelung des a) Wagniskapitals und b) der Fördermittel für Wissenstransfer im Bereich digitale Technologien. Und, aufgemerkt liebe Unis: eine „Verbesserung der internationalen Sichtbarkeit deutscher Universitäten, so durch eine Platzierung von drei deutschen Universitäten unter den weltweit führenden dreißig“. Oha! „Wir wünschen Ihnen und der Bundesregierung auf dem weiteren Weg viel Erfolg“, schloss das Kommissions-Statement an Merkel. Wir vermuten, dass gestern auch Martin Schulz seine Ohren gespitzt hat.
  
 
 
SPD-Papier: Bund soll in Grundfinanzierung einsteigen
Apropos SPD. Von dort verlautet ein „Zukunftsvertrag für Wissenschaft und Forschung“, die die Finanzierung ab Auslaufen der Pakte sichern soll. Das Papier haben der SPD-Vize-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil, die Ex-Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn, die Wissenschaftsministerinnen Svenja Schulze (NRW) und Eva Quante-Brandt (Bremen), sowie Berlins Staatssekretär für Wissenschaft, Steffen Krach, erarbeitet. Was schlägt die Task Force vor? Mehr Geld und Digitalisierung für alle – Unis, FHs, Außeruniversitäre, Medizin. Wer soll's bezahlen? Der Bund. Ausführlich: Tagesspiegel; Handeslblatt.
  
 
 
Zukunft ohne Nachwuchs
Auch die fürsorglichsten und wohlmeinendsten Doktorväter und -mütter wissen inzwischen: der Begriff „Wissenschaftlicher Nachwuchs“ ist in Wahrheit eine Zumutung für Menschen 30+, die selbständig forschen, lehren, Anträge schreiben, Vorträge halten, den Betrieb am Laufen halten. Aber wie soll man die Gruppe der Noch-nicht-Profs dann nennen? Vielleicht „Lumpenprofs“, oder „BESTIEN“ (BefristeteStellenInhaber*innen), wie im Rahmen der Konferenz „War die Zukunft früher besser?“ vorgeschlagen? (Hier ein Storify zur Konferenz von Thorsten Thiel.) Wir empfehlen dazu den Beitrag der Mittelalterhistorikerin Karoline Döring auf mittelalter.hypotheses.org.
  
 
 
Proteste in Rumänien
In Rumänien demonstrieren seit Tagen Zehntausende gegen die Regierung (ZEIT ONLINE). Darunter sind auch viele Studentinnen und Studenten, die den Aufruhr für ihre eigenen Belange nutzen: die Kritik an heillos veralteten Universitätsstrukturen und -curricula. Der Deutschlandfunk berichtet.
  
 
 
I left my heart in…
Welche ist die weltallerbeste Studentenstadt? Natürlich die, in der man selbst studiert hat! Der Guardian hat ein etwas objektiveres Städteranking im Angebot, als Bilderstrecke. Zwei deutsche Städte sind auch dabei! 
  
   
 
 
   
 
   
   
 
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TUHH: Neues Verfahren
Dieter Jahn, der designierte neue Präsident der Technischen Universität Hamburg, wird sein Amt nicht antreten, aus privaten Gründen. Die Findungskommission wird eine neue Kandidatin/einen neuen Kadidaten suchen.

Prechtl-Fröhlich wechselt nach Berlin
Die Universität der Künste in Berlin bekommt eine neue Kanzlerin: die promovierte Germanistin Ulrike Prechtl-Fröhlich. Sie folgt auf Wolfgang Abramowski, der nach zehn Jahren im Amt in den Ruhestand geht. Prechtl-Fröhlich leitet derzeit die Personalabteilung der Universität Hamburg; sie wechselt zum 1. Juni an die UdK.

Karl-Jaspers-Preis
Der Heidelberger Ägyptologe Jan Assmann und die Konstanzer Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann werden mit dem Karl-Jaspers-Preis ausgezeichnet. Das Forscherehepaar wird für seine „wegweisenden und einzigartigen Studien zum kulturellen Gedächtnis und zur Archäologie der literarischen Kommunikation“ gewürdigt. Der Preis wird von der Universität Heidelberg, der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und der Stadt Heidelberg vergeben; er ist mit 25.000 Euro dotiert.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Michael Müller

Regierender Bürgermeister und Wissenschaftssenator von Berlin
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Zwei Erkenntnisse: Zum einen dass wir einen Überschuss von 1,25 Milliarden Euro im Haushalt haben. Das ist eine Erkenntnis mit der sich wunderbar arbeiten lässt. Zum anderen, dass die Ausgründungen der Hochschulen ein echter Wirtschaftsmotor für Berlin sind. Sie haben 22.000 neue Jobs in der Stadt geschaffen und allein in 2015 rund 3 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet. So kann es weitergehen.

Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Gelegentlich können wissenschaftspolitische Überlegungen und Vorgaben zu mehr Bürokratie führen. Dies zu vermeiden, kostet kein Geld. Im Gegenteil, es kann sogar welches sparen und den Wissenschaftsbetrieb entlasten. Deshalb richten wir in Berlin eine Arbeitsgruppe ein, die Vorschläge zum Bürokratieabbau in der Wissenschaft erarbeiten soll.

Lektüre muss sein. Welche?
Unser Koalitionsvertrag natürlich! Zugegebenermaßen unter literarischen Gesichtspunkten etwas fade, aber noch nie zuvor haben wir so präzise die Aufgaben benannt, wie wir die Berliner Wissenschaftslandschaft in den nächsten fünf Jahren weiter voranbringen. Ergänzend empfehle ich auch unsere neue Brain City Berlin Agenda, die Leitlinien der Berliner Wissenschaftspolitik.

Und sonst so?
Ich freue mich auf die Exzellenzstrategie. Denn selbst wenn man stark und gut genug ist, etwas alleine durchsetzen zu können, finde ich Kooperation eine kluge Idee. Dies gilt für Hochschulen wie für die Politik.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
Standpunkt
 
 
   
   
von Anna-Lena Scholz
Bitte eintreten!
Ich bin umgezogen. Beim Aus- und Einräumen meines Bücherregals fiel mir ein zerfledderter Zeitungsartikel in die Hände. „Wir brauchen einen neuen Feminismus!“, stand in großen Lettern auf der Seite, erschienen in der ZEIT 35/2006. Ich war damals feministisch bewegte Studentin im sechsten Semester und mir gefiel die Verve der Frauen, die dort zu Wort kamen. Geschlechtergerechtigkeit, fand ich, hängt auch an der Größe des Ausrufezeichens, das man setzt. Sie ist eine Frage der Entschlossenheit. Und des Zusammenhalts.
Jetzt bin ich Journalistin und immer noch entschlossen. Medien, in denen nur männliche Stimmen zu hören sind, halte ich für nicht besonders interessant und zukunftsfähig. Ich verwende deswegen geschlechtersensible Sprache, suche für meine Recherchen nach Wissenschaftlerinnen, Autorinnen, Denkerinnen, die etwas zu sagen haben.
Das Problem ist: Die Frauen machen es mir schwer. Ich frage an, sie sagen ab. Ich ermuntere zum Gastbeitrag, sie zögern. Ich rufe, sie schweigen. So wie kürzlich hier im CHANCEN Brief: Da schrieb ich einen Aufruf an unsere Leserinnen und Leser, sich an unserem Fragebogenformat „Dreieinhalb Fragen an...“ zu beteiligen. Mein Postfach lief voll mit beantworteten Fragebögen. Es war keine einzige Frau dabei – mal wieder. Überhaupt bekomme ich sehr viele e-Mails von Männern, die mir Gastbeiträge anbieten oder ihre Meinung antragen. Ähnliches höre ich aus anderen Redaktionen und von jenen, die Konferenzen, Podien, Diskussionsrunden planen. Der Effekt? Ich verwende extra Arbeitszeit darauf, Frauen anzuschreiben und ihre Expertise einzuholen. Eine höchst ambivalente Form von Care-Arbeit.
Die Medien sind ein öffentlicher Raum, den Männer seit jeher mit großer Selbstverständlichkeit für sich reklamieren. Unbewusste (und bewusste!) Vorurteile, ungleiche Posten- und Kapitalverteilung tun ihr Übriges, die unterschiedlichen Bedingungen der Geschlechter immer weiter fortzuschreiben. Trotzdem: Zutritt zur Öffentlichkeit haben alle. Mehr als die Tür sperrangelweit aufreißen, Wegweiser aufstellen und ein Ausrufezeichen vor mir hertragen, geht nicht. Liebe Frauen der Wissenschaft: Kommen Sie einfach näher, treten Sie ein, lassen Sie sich nicht so bitten!
   
   
Sie stehen woanders? Schreiben Sie uns! chancen-brief@zeit.de
– oder twittern Sie unter #ChancenBrief
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
Wofür brauchen Kinder Grenzen? Die Welt wird wieder autoritär – das belastet Eltern. Was tun? Heinrich Wefing über die Erziehungsformel des Jahres 2017

»Eltern schießen übers Ziel hinaus« – »Lehrer fühlen sich sofort angegriffen« Die Stimmung ist gereizt zwischen Elternhaus und Schule – beide Seiten fühlen sich zu Unrecht kritisiert. Gibt es noch einen Konsens über gute Erziehung? Eine Mutter, ein Vater und zwei Pädagogen sagen einander die Meinung Wo seid ihr, Kollegen? Frankfurter Grundschullehrer klagen über zu hohe Arbeitsbelastung und zu schlechte Schüler. Was ist da los? Sie wollen nicht nur spielen Studie: Kinder nutzen begeistert Computer. Nur nicht in der Schule Kolumne Scheinselbstständig Wenn ein Gespräch zum Drogentrip wird, von Daniel Erk

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
   
 
   
   
 
c.t.
 
 
   
 
Job: Eierlegende Wollmilchsau an der Fachhochschule Stralsund. (Das steht da wirklich so!)

Quelle: ZEIT Stellenmarkt
 
 
 
 
 
 
 
 
   
Aus Hamburg grüßt Sie
Ihr CHANCEN-Team


PS: Gefällt Ihnen der CHANCEN Brief, dann leiten Sie ihn gern weiter. Haben Sie ihn weitergeleitet bekommen, melden Sie sich ganz einfach und unverbindlich an –  unter www.zeit.de/chancen-brief. Dann schicken wir Ihnen den Newsletter, solange Sie wollen, immer montags und donnerstags zu.
 
 
 
 
 
 
 
   
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