Zoff um Max Planck Schools I Britische Studenten wählen Labour I Aufregung um Helmut-Schmidt-Foto in Bundeswehruni I Der Ökonom Rüdiger Bachmann beantwortet unsere 3 1/2 Fragen I Christine Prußky beklagt im Standpunkt die Schwierigkeit, unbefristete Stellen zu schaffen

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
Das klingt nach einem handfesten Streit: Wichtige Unis, die "U 15", haben einen Brandbrief an Wanka geschrieben, weil sie mit den Plänen für Max Planck Schools nicht einverstanden sind. Laut einer Umfrage will die Mehrheit der britischen Studenten bei den Unterhauswahlen die Labour Party wählen. Das thüringische Kabinett hat den ersten Entwurf für ein neues Hochschulgesetz bestätigt. Der Ökonom Rüdiger Bachmann beantwortet unsere 3 1/2 Fragen. Und Christine Prußky beklagt im Standpunkt, wie schwierig es ist, mehr unbefristete Stellen für Forscherinnen und Forscher zu schaffen.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
U 15 schreiben Brandbrief an Wanka wegen der Pläne für Max Planck Schools
Der Zeitdruck war enorm: Erst Mitte März hatte Bundesministerin Johanna Wanka (CDU) die Gründung dreier neuartiger sogenannter Max Planck Schools angekündigt, heute sollte bereits Deadline für die Ausschreibung sein. Die Idee der Schools: die Top-Forscher aus Universitäten und Forschungsinstituten in ganz Deutschland zusammenbringen, damit sie die schlausten Doktoranden aus aller Welt ins Land locken. Doch viele Hochschulrektoren scheinen wenig beglückt zu sein. Wie Jan-Martin Wiarda in seinem Blog berichtet, haben die German U 15, ein Verbund 15 großer Forschungsuniversitäten, einen Brandbrief an Wanka geschrieben. Das Konzept der Schools berge in seiner aktuellen Form die Gefahr, "dass das Promotionsrecht der Universitäten und ihr Einfluss auf die Entwicklung der Promotion schleichend ausgehöhlt werden." Zudem passe der Name nicht, viele Details seien unklar, und der Zeitplan sei „illusorisch“. Der Brief sei in der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) „wie eine Bombe eingeschlagen“, berichten Insider. Jetzt reagiert Max Planck. Im Interview mit Jan-Martin Wiarda verkündet MPG-Vizepräsident Ferdi Schüth eine neue Deadline für die Ausschreibung, verrät bislang unbekannte Details zu den Schools und betont, man sei den Kritikern auch sonst bereits weit entgegengekommen. Aber: „Irgendwann will die Säge sägen.“
  
 
 
Umfrage: Britische Studenten wählen mehrheitlich Labour
Wie der Guardian meldet, könnten die Studenten bei den anstehenden britischen Unterhauswahlen der Labour Party einen ordentlichen Schub geben. Eine Umfrage zeige, dass sich mehr als 90 Prozent der Studentinnen und Studenten für die Wahl registriert hätten. 55 Prozent gaben an, Labour wählen zu wollen, nur jeder sechste Student (18 Prozent) unterstütze die Konservativen. 2005 wurde Labour nur von 23 Prozent der Studenten unterstützt. Ob sich der Zuspruch wirklich in Wählerstimmen umsetzen werde, ist nach Ansicht von Experten jedoch unsicher, weil angesichts des geplanten Brexits viele taktisch wählen würden.
  
 
 
Thüringen: Kabinett beschließt Entwurf für neues Hochschulgesetz
Die thüringische Landesregierung (Rot-rot-grün) hat einen ersten Entwurf für ein neues Hochschulgesetz durchgewunken. Das berichtet die Thüringer Allgemeine. In der zweiten Jahreshälfte 2017 soll der Entwurf in überarbeiter Form dem Landtag vorgelegt werden. Unter anderem sollen die Mitbestimmungsrechte der verschiedenen Statusgruppen und der Hochschulräte "neu ausbalanciert" werden, wie es Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee formuliert. Die Opposition kritisiert unter anderem, dass die Hochschulen eher Digitalisierungs-Beauftragte nötig hätten als Diversity-Beauftragte.
  
 
 
Aufruhr wegen Helmut-Schmidt-Foto in Bundeswehruni
Ein Foto des Altkanzlers (und ehemaligen ZEIT-Herausgebers) Helmut Schmidt wurde abgehängt - in der Hamburger Bundeswehruniversität, die seinen Namen trägt. Es zeigt ihn als Wehrmachtsoffizier. Zuerst gemeldet hatte das Focus Online. Alle zogen nach (z.B. ZEIT ONLINE,  Welt Online). Der Bild-Online-Chefredakteur Julian Reichelt unterstützt die Maßnahme in einem Kommentar, in der Online-Ausgabe des Hamburger Abendblatts ist zu lesen, dass Olaf Scholz, Hamburgs Erster Bürgermeister, sie kritisiert. Auch wenn hier vielleicht übereifrig gehandelt wurde, kann man die Debatte um die Traditionspflege bei der Bundeswehr nur begrüßen. Das Beispiel Helmut Schmidts zeigt aber auch, dass ein simples Schwarz-Weiß-Denken nicht hilfreich ist. Lehrreicher wäre es, solche Bilder zu zeigen und gleichzeitig den Kontext zu erläutern.
  
 
 
Erstmals 50 Milliarden Euro für Hochschulen
Erstmals haben die Ausgaben für Deutschlands Hochschulen die 50-Milliarden-Euro-Marke erreicht, wie dpa meldet. 2015 wendete der Staat zusammen mit kirchlichen und privaten Trägern für Lehre und Forschung inklusive Krankenbehandlung exakt 50,0 Milliarden Euro auf. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden weiter mitteilt, waren das 3,7 Prozent mehr als 2014. Größter Brocken war mit 28,9 Milliarden Euro das Personal, das fast 58 Prozent der Hochschulausgaben ausmachte. Auf die Universitäten (ohne medizinische Einrichtungen) entfielen 20,3 Milliarden Euro (plus 3,5 Prozent). Die medizinischen Uni-Einrichtungen wendeten für Lehre, Forschung und Krankenbehandlung 22,6 Milliarden Euro (plus 3,6 Prozent) auf. Die Ausgaben der Fachhochschulen (einschließlich Verwaltungsfachhochschulen) erhöhten sich um 5,3 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro. Die gestiegenen Ausgaben konnten die Hochschulen zu einem beträchtlichen Teil über höhere Einnahmen durch Entgelte für die Krankenbehandlung finanzieren. Die Einnahmen stiegen um 5,3 Prozent auf 17,2 Milliarden Euro. Außerdem warben die Hochschulen Drittmittel in Höhe von 7,4 Milliarden Euro ein - ein Plus von 1,5 Prozent. Beiträge der Studierenden brachten 1,1 Milliarden Euro - 7,1 Prozent mehr als 2014.
 
  
   
 
 
   
 
   
   
 
Die Zahl
 
 
   
1245

Absolventinnen und Absolventen von Fachhochschulen und HAWs haben laut einer Umfrage der HRK von 2012 bis 2014 an deutschen Universitäten eine Promotion erfolgreich abgeschlossen.
 
Quelle: HRK
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Prof. Rüdiger Bachmann

Associate Professor am Department of Economics der University of Notre Dame, USA
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Dass auch Tenure prekär sein kann. Was, wenn man nicht mehr in das Land seiner Universität einreisen darf.

Welches wissenschaftspolitisches Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Das Lehrstuhlsystem in Deutschland setzt Anreize falsch. Man muss sich nur um seinen eigenen Bereich kümmern. In einem Department geht das weniger. Man gibt sich mehr Mühe mit dem Nachwuchs und den Berufungen. Doktoranden wären bei Abgängen besser geschützt. Abschaffen würde nichts kosten, wahrscheinlich sogar Geld sparen, da man Verwaltung zusammenlegen kann.

Lektüre muss sein. Welche?
Hörbücher. Zu Politik, Geschichte, Philosophie. Adorno, Hannah Arendts Wahrheit und Politik, Haffners Hitlerbiographie, Fests Untergang. Gert Loschütz' Erzählungen in Das Erleuchtete Fenster, herrlich abgründig. Ein Geheimtipp. Und wer es etwas leichter sowie Kirchenpolitik und Thriller mag: Konklave von Robert Harris, wenn auch das Ende ziemlich enttäuschend ist.

Und sonst so?
Ich habe den besten Beruf der Welt.
   
   
 
 
   
 
   
   
 
Standpunkt
 
 
   
   
von Christine Prußky
Lektionen zur Entfristung
Es ist eine unfassbare Zahl: 93 Prozent aller Wissenschaftler unter 45 Jahren sind an deutschen Hochschulen befristet angestellt. Ihre Lage ist bisweilen so prekär, dass bei den ersten Politikern das Gewissen zwickt. Zeitverträge seien nicht dazu da, »die Leute kleinzuhalten«, mahnte etwa Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer kürzlich in Berlin. Und Cornelia Quennet-Thielen, Staatssekretärin im Bundesforschungsministerium, wurde noch deutlicher: »Ich erwarte von den Hochschulen, dass sie ihre Befristungspraktiken überdenken.«
Soll das alles sein? So gut solche Plädoyers bei jungen Forschern und Gewerkschaftern auch ankommen mögen, Haushaltsexperten und Personalentscheider an Hochschulen müssen an der Stelle zwangsläufig die Stirn runzeln. Die extrem hohe Befristungsquote ergibt sich aus der Finanznot an den Hochschulen. Sie ist eine Quittung für die Drittmittelpolitik, die Bund und Länder seit Jahren beharrlich betreiben. Ginge es nach dem Willen der Hochschulchefs läge die Quote deutlich niedriger, bei 57 Prozent nämlich. Diesen Anteil halten Führungskräfte nach dem jüngsten Hochschulbarometer des Stifterverbands für sinnvoll.
Manche Hochschulen steuern auch schon in diese Richtung. Heinz-Joachim Henkemeier, Kanzler der Fachhochschule Südwestfalen, versucht seit Jahren, Kollegen fest anzustellen, die an seiner Hochschule fortgesetzt Drittmittel einwerben, sich dabei aber von Vertrag zu Vertrag hangeln müssen. Allein es klappt nicht, jedenfalls nicht so leicht. Denn wer in der Wissenschaft unbefristete Anstellungen aus eingeworbenen Drittmitteln schaffen will, muss »sehr genau aufpassen, nicht gegen die jeweiligen Förderrichtlinien zu verstoßen«.
Das Fazit von Kanzler Heinz-Joachim Henkemeier ist interessant für alle Hochschulen, die aus dem großen Pool der eingeworbenen Drittmittel wenigstens ein paar feste Stellen finanzieren wollen. Manche Zuwendungsrichtlinien stehen dem schlicht entgegen. Beim Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM), einem 550-Millionen-Euro-Förderfonds des Bundeswirtschaftsministeriums zum Beispiel, ist die Übernahme der Personalkosten für Projektmitarbeiter mit festem Arbeitsvertrag an der Hochschule ausgeschlossen. Eine Ausnahme ist nur möglich, wenn die Hochschule für die Zeit, in der ihre Festangestellten im Projekt tätig sind, Ersatzpersonal engagiert. Die Logik dahinter: Drittmittel sollen keine Löcher in der Grundfinanzierung der Hochschulen stopfen.
Henkemeier aber will keine Löcher stopfen, sondern nur Drittmittelkünstler an seiner Hochschule mit einem unbefristeten Vertrag belohnen und ihre Expertise halten. Das Ansinnen wird tatkräftig unterstützt von der Vorsitzenden des Personalrats der wissenschaftlichen Beschäftigten an der FH Südwestfalen, Bernadette Stolle. Sie machte Bundestagsabgeordnete auf die Richtlinien-Knebel aufmerksam, informierte die nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerin Svenja Schulze und bat beim Bundeswirtschaftsministerium ganz konkret um Änderung der ZIM-Förderregel. Vergeblich.
Eine Provinzposse? Eher eine Lektion für die gesamte Wissenschaft. Nachhaltige Personalpolitik hängt eben auch nicht nur am Willen einer Hochschulleitung.
   
   
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Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
   
Denken können wir selbst! Wie frustrierte Studenten der Volkswirtschaftslehre sich international vernetzen und für mehr Vielfalt kämpfen

Wer, wo, wie gut? Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) untersucht jedes Jahr beliebte Studiengänge. Hier sind die aktuellen Tabellen zu Volkswirtschaftslehre, Wirtschaftswissenschaften und Betriebswirtschaftslehre Wissen, wo es langgeht Mit Angeboten zur besseren Orientierung wollen die Unis vor allem Frauen für technische Fächer begeistern Bildung wie beim Fußball Was Schulen, Hochschulen und Unternehmen von der Talentförderung des DFB lernen können Lasst die Schulen in Frieden! Das Gymnasium wieder zu verlängern wäre falsch Hier Wahrheit, dort Mehrheit Birgitta Wolff und Jan-Hendrik Olbertz waren Minister und wurden danach Uni-Präsidenten. In welchem Amt lässt sich besser für die Wissenschaft kämpfen? Bäm! Wer hat an den Hochschulen die Macht – Studierende, Professoren, Präsidenten? Der Verfassungsgerichtshof in Stuttgart hat ein folgenreiches Urteil gefällt

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
 
   
 
   
   
 
c.t.
 
 
   
 
ZEIT CAMPUS bei der "Langen Nacht der ZEIT" im Hamburger Audimax: "Brauchen wir ein neues '68?" (v.l.n.r.: Oskar Piegsa, Kübra Gümüsay, Knut Nevermann, Diana Kinnert, Rainer Langhans, Martina Kix)

Quelle: Felix Matthies für DIE ZEIT
 
 
 
 
 
 
 
 
 
   
Einen guten Flug durch die Woche wünscht

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