| Guten Morgen, | | |
der Stromausfall im Hamburger Norden am Dienstag war für viele ein einschneidendes, wenn nicht gar: elementares Erlebnis. »Es gab kaum ein anderes Thema hier oben«, berichtet Leserin Katrin Morig aus Langenhorn, die neun Stunden stromlos war. »Dank Festivalerfahrung hat mich eine Dose kalter Ravioli ernährt, denn weder ein Einkauf auf dem Markt (keine Kühlung der Ware) noch im Supermarkt (keine Kühlung, keine Kasse, keine offene Tür) noch eine Flucht in die hippen Stadtteile (keine Rolltreppe, kein Fahrstuhl, kein U-Bahn-Verkehr) waren eine Lösung.« Auch andere litten am Strommangel: Berufstätige vermissten das WLAN, Laptoparbeiter fluchten umso lauter, je mehr ihr Akku zur Neige ging, aus Badezimmern drang das Heulen und Zähneklappern ehemaliger Warmduscher. Eltern fragten sich, woher sie heißes Wasser zum Anrühren der Babynahrung bekommen sollten – wohl denen, die einen nicht elektrischen Grill hatten oder zumindest einen Nachbarn mit einem solchen. Und apropos und überhaupt: Man unterhielt sich. Face to face. Mit Nachbarn, mit Fremden (»wissen Sie, was passiert ist?«), sogar mit dem Ehepartner – was sollte man auch sonst machen: Nicht nur der Fernseher versagte, auch das Mobilfunknetz war gestört. Sicher, mancher konnte sich auch im persönlichen Gespräch leichte Tippbewegungen mit Daumen und Zeigefingern nicht ganz verkneifen. Aber am Ende, wird berichtet, nahm man sogar Bücher in die Hand. »Kurz gesagt, es war hier Ausnahmezustand«, schloss auch unsere Leserin Katrin Morig, bevor sie sich auf den Weg in den Supermarkt machte, um zu retten, »was dort noch zu retten ist. Angeblich sollen Berge von Wurst, Milchprodukten, Fleisch und Fisch weggeschmissen werden. Vielleicht gibt es ja angetautes Eis umsonst?!« Und den nächsten Stromausfall werde sie dazu nutzen, »die diversen Ausgaben der ZEIT zu lesen, die hier noch rumliegen«. Nein, Frau Morig – so lange sollten Sie nicht warten!
Blackout-Gefahr?
Wer oder was war schuld daran, dass am Dienstag in Langenhorn, Poppenbüttel und Hummelsbüttel und auch im angrenzenden Norderstedt die Lichter ausgingen, Ampeln und U-Bahn ausfielen, Kliniken auf Notstrom umstellten und sich 20.000 Haushalte und 1300 Gewerbebetriebe mehr als acht Stunden im Ausnahmezustand befanden? Es waren Bauarbeiter, die beim Baggern in einem Gewerbegebiet in Poppenbüttel drei Stromleitungen beschädigt hatten. Das setzte eine Kettenreaktion in Gang, das Netz war teilweise überlastet, der Schaden weitete sich aus. Folgen: siehe oben. Wie kann es sein, dass es so einfach ist, ganze Stadtteile lahmzulegen? »Grundsätzlich vermeiden lassen sich solche Vorfälle nicht«, sagt uns Anette Polkehn-Appel, Sprecherin von Stromnetz Hamburg. »Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht. Das betrifft aber die gesamte kritische, also immens wichtige Infrastruktur: Gas, Wasser, Strom«, sagt sie. Und vergisst dabei nicht zu betonen, dass ein Schadensausmaß wie am Dienstag die Ausnahme ist. Zeit, um sich über spekulative Was-wäre-wenn-böse-Menschen-blöde-Ideen-haben-Szenarien Gedanken zu machen, hat man bei Stromnetz Hamburg nicht. Dort muss nun erst einmal geklärt werden, wie mit eventuellen Schadensersatzansprüchen Betroffener umgegangen wird, die auch Stromnetz Hamburg selbst haben könnte – gebaggert hat schließlich ein anderer. |
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