Liebe Frau Dr. acad. Sommer,
braucht es zum Networken in Zeiten von Homepagedarstellungen überhaupt noch Visitenkarten aus Papier?
Liebe/r X,
Dr. acad. Sommer ist ein großer Fan von Visitenkarten, und antwortet mit einem klaren: ja! Und zwar aus folgenden Gründen:
Visitenkarten sind praktisch. Vielleicht haben Sie das schon mal erlebt: Sie haben ein anregendes und nettes Tischgespräch geführt, etwa auf einer Tagung. Sie treffen die Person in der Kaffeepause wieder und werden namentlich angesprochen. Ihnen fällt der Name der/des Anderen aber ausgerechnet jetzt nicht mehr ein. Oder Sie sind unsicher: War das jetzt 'Müllers'? Oder doch 'Möllers'? Ein schneller Blick auf die zuvor getauschte Visitenkarte, die Sie noch in der Jackentasche haben, löst das Dilemma. Wenn Sie zudem vereinbaren, in Verbindung zu bleiben, können Sie für sich auf der Visitenkarte Stichworte notieren. Mit den gesammelten Karten haben Sie gleich eine Erinnerung, bei wem Sie sich melden wollen.
Visitenkarten sind ein Mitgliedsausweis. Sie machen Sie zur Repräsentantin oder zum Repräsentanten Ihrer Organisation. Deren Glanz färbt gleichsam auf Sie ab. Und zwar unabhängig davon, ob Sie in einer hohen Position oder studentische Hilfskraft sind.
Visitenkarten geben Orientierung. Ihr Gegenüber sieht auf den ersten Blick wichtige Zusatzinformationen – etwa Funktion, hierarchische Stellung oder akademische Titel. Wer mag sich schon mit: "Ich bin Frau Professorin Dr. Dr. hc. X" vorstellen? Wohnorte oder interessante Straßennamen können zudem Anknüpfungspunkte für Gespräche sein.
Eine Visitenkarte ist nonverbale Kommunikation. Etwa erneut auf einer Tagung: Wenn Sie mit gezückter Visitenkarte auf eine Person zugehen, so weiß die direkt: "Aha, der/die möchte sich mit mir vernetzen." Praktisch vor allem für jene, die sich mit Small Talk schwerer tun. Die Visitenkarte bereitet den Boden dafür, dass Sie direkt zur Sache kommen.
Visitenkarten bedeuten Interaktion. Sie geben und nehmen, das verbindet. Denken Sie an Kulturkreise, in denen es eigene Regeln gibt, etwa die Übergabe der Kärtchen mit beiden Händen. Indem Sie die Karte respektvoll auf den Tisch vor sich legen oder die Karte zum Abschied noch einmal hochhalten und sich dafür bedanken, machen Sie den Kontakt zu etwas, das Ihnen kostbar ist.
Übrigens: Auch jene, die in der Scientific Community über einen VIP-Status verfügen und längst ein großes Netzwerk haben, tragen oft Visitenkarten mit sich – und nutzen sie als Geste der Macht. Vermerkt ein VIP spontan seine private Mail-Adresse oder Handynummer darauf, sagt Ihnen das: Ich bin an unserem Gespräch auch in Zukunft ernsthaft interessiert! Insbesondere, wenn Sie noch eine junge Wissenschaftlerin, ein junger Wissenschaftler sind, ist dann Ihr Visitenkarten-Augenblick gekommen.
Dr. Ute Symanski ist Coach und Hochschulberaterin. Sie schreibt für das Coachingnetz Wissenschaft als "Dr. acad. Sommer". Kontakt:
www.hochschulcoaching.de und
www.coachingnetz-wissenschaft.de.