Hangover nach dem Science March | Proteste im Südwesten | 3½ Fragen an Susanne Hahn | Dr. acad. Sommer: Kloß im Hals

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
was für ein Wochenende. Samstag Science March, Sonntag  Welttag des Buches. Derart bereichert starten wir in die neue Woche und halten uns an Susanne Hahn: „In Zeiten eines erstarkenden Personenkults“ rät die Philosophin in den 3½  Fragen zu einem „kühlen Kopf“. Und Dr. acad. Sommer erklärt, wie man trotz Kloß im Hals eine gute Figur macht.  
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Hangover nach dem Science March
Nach dem großen Science March (hier unser Schwerpunkt bei ZEIT ONLINE) erscheint Ihnen der Alltag in der Wissenschaft irgendwie schal und grau? Kein Grund zur Besorgnis, der Hangover nach dem Massenereignis ist ganz normal. Eine Presseschau ist an dieser Stelle nicht von Nöten – es gab quer durch alle Medien eine breite Öffentlichkeit für das Anliegen, inklusive Sprung auf die große Tagesschau-Bühne. Well done! Wie es jetzt weiter geht, was aus der Wissenschaftsdemo für die Zukunft folgt und was wir in den CHANCEN über all das denken, lesen Sie am Donnerstag in der neuen ZEIT. 
  
 
 
Protest gegen Studiengebühren im Südwesten
In Baden-Württemberg können Wissenschaft und Gesellschaft ihr Protestpotenzial auch einfach umlenken. Rund 50 Experten aus Wissenschaft und Entwicklungspolitik wehren sich im Südwesten gegen die Pläne der grün-schwarzen Landesregierung, ab dem Wintersemester 1500 Euro pro Semester von Studierenden zu verlangen, die nicht aus der Europäischen Union kommen (Fokus, SWR, Badische Zeitung, Südwestpresse). Die Novelle liegt seit März im Stuttgarter Landtag. Folgen die Abgeordneten dem Protest, nehmen sie Studierende aus Entwicklungsländern von den Gebühren aus. Zwei Drittel der betroffenen Nicht-EU-Studierenden kommen aus ärmeren Staaten. BaWü-Wissenschaftsministerin Theresia Bauer lehnt solche Ausnahmeregelungen ab. Die Landesregierung orientiert sich bei ihrem Vorstoß an europäischen Vorbildern. Dänemark, Österreich, Schweden und Finnland belegen Studierende aus dem Nicht-EU-Ausland bereits mit Sondergebühren.
  
 
 
Strategien für die Lehre
Was haben Bund, Länder, Hochschulen und Stiftungen nicht schon alles versucht, um die Lehre in Deutschland zum Leuchten zu bringen: Preise, Wettbewerbe und milliardenschwere Programme wie der Qualitätspakt Lehre wurden geschaffen, und immer wieder neue Konzepte ersonnen. Ende der Woche will der Wissenschaftsrat nachlegen und das Positionspapier „Strategien für die Lehre“ beschließen. Für Hochschulplaner mit Sinn für digitale Lehre wird es schon am morgigen Dienstag konkret. Bei einem Online-Event stellen Experten wie Sönke Knutzen das Peer-to-Peer-Beratungsprogramm des Hochschulforums Digitalisierung vor.  Der Login ist ab 13.45 Uhr möglich über diese URL.
  
 
 
Frauen leisten mehr für Academia 
Wissenschaftlerinnen, so eine neue Studie, engagieren sich stärker in der akademischen Gemeinschaft als ihre männlichen Kollegen: Sie investieren mehr Zeit in administrative Aufgaben und nehmen Nachteile für ihre Karriere in Kauf (Inside Higher Ed, THE). "We find strong evidence that, on average, women faculty perform more service than male faculty in academia, and that the service differential is driven particularly by participation in internal rather than external service”, erklären die Autoren Cassandra M. Guarino (University of California) und Victor M. H. Borden (Indiana University). Die Studie erschien im Fachmagazin Research in Higher Education. 19.000 Wissenschaftlerinnen aus 143 US-Hochschulen hatten an der Befragung teilgenommen. Aus dem intensiven Einsatz für das akademische Familienleben resultieren bisweilen Gehaltseinbußen. Administrative Aufgaben hätten „an impact on productivity in other areas of faculty effort such as research and teaching, and these latter activities can lead directly to salary differentials and overall success in academia,” heißt es in der Studie.
  
 
 
Internationale Mobilität
Welche Auswirkungen haben die politischen Umbrüche in den USA, Großbritannien, Osteuropa und der Türkei auf die Mobilitiät von Studierenden und Forschern? Philip G. Altbach und Hans de Wit, die Doyens der internationalen Hochschulforschung, prognostizieren für den angloamerikanischen Raum einen Brain Drain (University World News), von dem – Achtung! – Deutschland und Zentraleuropa nicht automatisch profitieren. Mit anderen Worten: Internationalisierer, hängt euch rein! 
  
 
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
Die Zahl
 
 
   
207 Millionen

Studierende sind weltweit an Hochschulen eingeschrieben. Ihre Zahl hat sich zwischen 2000 und 2014 verdoppelt. Der Vergleich von 76 Ländern zeigt, dass unter den 25- bis 29-Jährigen nur 1 Prozent der Ärmsten vier Jahre an Hochschulen verbringt, im Gegensatz zu 20 Prozent bei den Reichsten.
 
Quelle: Unesco, PDF zum Download
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Prof. Dr. Susanne Hahn

Professorin für Philosophie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Die Erkenntnis, wie schwierig es ist, in Zeiten unverbindlicher „Likes“ für Institutionen und Verfahren zu werben.

Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Das Problem einer zunehmenden Uniformierung der Forschungsorganisation nach dem Vorbild der Naturwissenschaften lässt sich mit einer Anerkennung unterschiedlicher Forschungskulturen in unterschiedlichen Disziplinen lösen.

Lektüre muss sein. Welche?
Hans Kelsens Werk „Allgemeine Theorie der Normen“, Thomas Meyers Roman „Rechnung über meine Dukaten“ und vor allem eine gute Tageszeitung.

Und sonst so?
In Zeiten eines erstarkenden Personenkults einen kühlen Kopf bewahren und für die liberale Demokratie einstehen.
   
   
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
Dr. acad. Sommer
 
 
   
   
Liebes Dr. acad. Sommer-Team,
neulich hat mich ein Kommentar zu meiner Arbeit auf einer Konferenz emotional kalt erwischt, mir schossen die Tränen in die Augen. Wie gehe ich damit um, wenn ich plötzlich einen Kloß im Hals spüre?


Liebe(r) X,
das ist im wortwörtlichen Sinne eine sensible Situation! Im akademischen Kontext, wo wir uns alle betont rational geben, gelten Tränen als besonders heikel. Grundsätzlich hilft in der akuten Notsituation Abstand, und sei er noch so klein – Distanzierung hilft! Und das gelingt so:
Atmen! Und zwar mehrmals und tief, das verändert sofort Ihren inneren Zustand. Trinken Sie einen Schluck Wasser, räuspern Sie sich, das löst den Kloß im Hals.
Nutzen Sie Ihren Körper. Sie fühlen sich angegriffen, also verändern Sie Ihre Position – etwa indem Sie sich leicht seitlich setzen, damit die Angriffe Sie nicht frontal treffen.
Schaffen Sie Abstand. Stellen Sie sich vor, dass Sie vor sich oder leicht seitlich ein Tablett stehen haben, auf dem die Kommentare abgestellt werden. Sie können sie hier zur Kenntnis nehmen und darauf reagieren – aber der Kommentar gehört weiterhin dem Sender. Wenn Sie möchten, legen Sie ein Blatt Papier vor sich auf den Tisch: So ist Ihr „Kritik-Tablett“ sichtbar, und zwar nur für Sie.
Wenn möglich, nehmen Sie sich eine kurze Pause, um aus der Situation auszusteigen und sich zu beruhigen. Die Toilette ist dafür bestens geeignet. Lassen Sie kaltes Wasser über Ihre Handgelenke laufen, das beruhigt Kreislauf und Nervensystem. Stellen Sie sich vor, das Wasser spüle den Angriff weg.
Erinnern Sie sich an eine Situation, in der Sie sich selbstsicher gefühlt haben und gelassen mit einer schwierigen Situation umgegangen sind. Wie fühlte sich das an? Lokalisieren und verstärken Sie das Gefühl in Ihrem Körper.
Und schließlich: Überlegen Sie in einer ruhigen Minute, wie Sie sich von vornherein auf einen solchen Zwischenfall vorbereiten können. Womit könnte man Sie treffen? Woran liegt das? Meist haben wir einen empfindlichen Anteil, der in solchen Situationen Schutz braucht. Welcher kraftvolle Anteil Ihrer Persönlichkeit kann diese Schutzfunktion übernehmen? Auch ein starkes Motto oder ein Spruch kann helfen, sich gegen Angriffe immun zu machen. Wenn Sie häufig in solche Situationen der Verunsicherung geraten, suchen Sie sich kompetente Unterstützung oder machen Sie ein Coaching – es lohnt sich herauszufinden, was Sie triggert.
Und denken Sie daran: Nach der Sitzung ist vor der nächsten Sitzung!

Dr. Anette Hammerschmidt ist Coach, Trainerin und Beraterin. Sie schreibt für das Coachingnetz Wissenschaft als “Dr. acad. Sommer”. Kontakt: www.crosscultural-orientation.com
   
   
Auch eine Frage an Dr. acad. Sommer? Schreiben Sie an chancen-brief@zeit.de, twittern Sie unter #ChancenBrief – oder hinterlassen Sie uns in diesem Kontaktformular anonym Ihre Frage!
   
 
 
   
 
   
   
 
Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
   
Wer hat sich jetzt verrechnet? Mit mehr Bezug zum Alltag sollte Mathe sein mieses Image verlieren. Nun fehlt vielen Schülern das Grundwissen

Redet mit ihnen! Wie wichtig Eltern und Lehrer für die Zufriedenheit von Schülern sind »Mathematik ist ein Spiel« Der Dichter Hans Magnus Enzensberger und der Mathematiker Albrecht Beutelspacher sprechen über Zahlenteufel, das beste Mathebuch der Welt und schlechte Lehrer Braucht man sie auch alle? In Mint-Fächern sind mehr als eine Million Studenten eingeschrieben Was man lesen muss Um die Welt um uns herum zu verstehen, braucht es die richtigen Texte. Zum Semesterstart empfehlen Wissenschaftler ihre Lektüreliste zu aktuellen Fragen

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
 
   
 
   
   
 
c.t.
 
 
   
 
v.l.n.r.: ZEIT CHANCEN-Redakteurin Anna-Lena Scholz / CHANCEN-Ressortleiter Manuel J. Hartung / Reporterblock – beim Berliner March for Science, 22.04.2017.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
   
Starten Sie gut in die neue Woche!

Ihr CHANCEN-Team

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