Freitext: Friedrich Ani: Gehts noch beschissener?

 
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22.04.2017
 
 
 
 
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Geht’s noch beschissener?
 
 
Der FC Bayern suhlt sich in Selbstmitleid. Der Ungar ist schuld! Prima Ausrede auch für kommende Bundesliga-Miseren. Da kann man selbst als Fan die Krise bekommen.
VON FRIEDRICH ANI

 
© Oscar del Pozo/AFP/Getty Images
 
Logisch ist der Ungar schuld. Der Ungar, der schon gesamteuropäisch im Zwielicht der Zivilisation steht, weil das Land seinen Beitrag zur Integration von Kriegsflüchtlingen eher mit Vidal-mäßigen Grätschen leistet. Der Ungar hat das Spiel verpfiffen, sagte der Vorstandschef des FC Bayern, Karl-Heinz Rummenigge, und der Subtext seiner Aussage leuchtete wie ein Flutlichtscheinwerfer in der iberischen Nacht: Beim nächsten entscheidenden Spiel wollen wir gefälligst einen Referee aus Katar, da wissen wir nämlich, dass alles mit rechten Dingen zugeht und wir auch noch Geschenke kriegen.
 
Beschissen, das alles, vermeldete der FC Bayern nach dem Viertelfinale gegen Real Madrid, so was von total beschissen, dass nicht einmal Präsident Uli Hoeneß Worte für die galaktischen Ungerechtigkeiten fand, die im Estadio Santiago Bernabéu die Münchner ins Nirwana der Champions League katapultierten. 2:4 verloren – unglaublich. Das hätte nie passieren dürfen. Und es wäre auch nie passiert, wäre der Ungar nicht gewesen, und nicht nur Viktor Kassai mit seiner Pfeife und seinen Karten, da waren auch noch vier weitere Ungarn am Spielfeldrand, die in Regelkunde offensichtlich keine Sekunde aufgepasst haben oder von Haus aus farbenblind sind. Muss man doch sehen, wenn einer im weißen Trikot vor einem im roten Trikot steht, den Ball kriegt und im Tor versenkt. So was heißt gewöhnlich Abseits.
 
Les auf Ungarisch. Sprich: lesch.
 
CR7 war lesch. Zweimal lesch.
 
Lewandowski war auch lesch, aber nur einmal. Hat auch kein Ungar bemerkt.
 
Und: Abseitstore zählen nicht.
 
Außer in Ungarn.
 
Das war dem Vorstandschef des FC Bayern bisher nicht klar. Wer könnte es ihm verübeln? Er fühle, bekannte Rummenigge all night long in Madrid, eine „wahnsinnige Wut“ in sich. Weil? „Weil wir beschissen worden sind.“ Und zwar nicht im übertragenen Sinn oder einfach so. Sondern: „Wir sind beschissen worden heute Abend, im wahrsten Sinn des Wortes.“ Ja, gut. Im wahrsten Sinn des Wortes. Schon heftig. Doch musste die Mannschaft deshalb gleich aus dem Turnier ausscheiden? Nur eine Frage, im wahrsten Sinn des Wortes.
 
Meiner Wahrnehmung nach hat der FC Bayern das Viertelfinale im Hinspiel daheim vergeigt, und zwar im wahrsten Sinn des Wortes. Man verliert nicht 1:2 im eigenen Stadion, wenn man die erste Halbzeit fundamental dominiert und eigentlich mit 2:0 in die Pause gehen müsste. Wieso müsste? Weil unser Lieblingschilene möglicherweise etwas verwechselt hat. In der Aufregung dachte Vidal vielleicht, er müsse elf Meter drüber schießen, statt elf Meter Abstand nehmen, damit das Tor, falls er trifft, überhaupt zählt. Kann passieren. In der zweiten Hälfte wurde dann Martínez wegen Foulspiels vom Platz gestellt, allerdings nicht von einem Ungarn (ein Italiener war’s). Dann schoss ausgerechnet der portugiesische Ferenc Puskás der Madrilenen den Ausgleich und zu allem Übel auch noch den Siegtreffer. Cristiano Ronaldo, der Überirdische, setzte die Bayern auf den Hosenboden und im Rückspiel erst recht mit weiteren drei Toren. Der Typ schoss also fünf Tore in zwei Spielen gegen den FC Bayern. Kein Wunder, dass Rummenigge eine wahnsinnige Wut in sich wahrnahm, zumal, wie gesagt, fünf Landsmänner des unsterblichen Puskás‘ dermaßen beschissen an dem Match teilnahmen, dass es im wahrsten Sinn des Wortes zum Himmel stank.

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