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fast bis zum Redaktionsschluss gestern Abend war es ein ungewöhnlich friedlicher 1. Mai in Hamburg. Obwohl die Polizei sich auf Ausschreitungen eingestellt hatte, obwohl Protestler im Vorfeld den gestrigen Tag mit dem G20-Gipfel in Verbindung brachten, verlief auch die »revolutionäre« Demonstration zum 1. Mai friedlich und endete ohne Aufhebens am Jungfernstieg. War das nur die Ruhe vor dem Gipfel-Sturm? Oder ließ es im Gegenteil auf ein neues, intelligentes Demonstrationskonzept schließen, mit dem die G20-Protestler Wochen später die Herzen der Hamburger erobern und alle Lügen strafen würden, die sie jemals in Zusammenhang mit Gewalt gebracht hatten? Nun ja, man wird noch träumen dürfen. Nach 22 Uhr sammelten sich in der Schanze Hunderte Demonstranten vor den Roten Flora, bewarfen die Polizei mit Flaschen und Böllern, die Polizei räumte und es sah aus, als würde es eine 1.-Mai-Nacht mit den üblichen Krawallen werden. »Ich weiß, dass unsere Mannschaft gute Nehmerqualitäten hat, um dann wieder da zu sein, wenn es darum geht.« Wer das sagte? HSV-Coach Markus Gisdol nach dem 0:4 beim FC Augsburg. Der Club ist mal wieder auf dem Weg in die Relegation, offenbar verdientermaßen: Beobachter bescheinigten, das Spiel am Sonntag sei »ideen-, mut- und willenlos« gewesen, kurz: haltlos. Nun denkt man laut kicker.de über ein Kurz-Trainingslager nach. »Wir haben schon ganz andere Nackenschläge wegstecken können«, so Trainer Gisdol. »Nächsten Sonntag brennt bei uns das Stadion, das ist hundertprozentig sicher.« Dann ist Mainz 05 im Hamburger Volksparkstadion zu Gast. Und für den belgischen Vermessungstechniker Stan Vanuytrecht, 58, beginnt nun ein neuer, sehr anderer Lebensabschnitt. Er wird die jahrhundertealte Eremitage im österreichischen Saalfelden beziehen, in 1000 Meter Höhe an den Fels gebaut neben eine Kapelle, die dem heiligen Georg gewidmet ist, eine Einsiedelei ohne Strom und fließendes Wasser. Geheizt wird per Ofen, Holzscheite können Wanderer dem Einsiedler mit nach oben bringen. Vanuytrecht wird der 34. Eremit seit dem 17. Jahrhundert hier sein. Einige hielten es mehr als 30 Jahre aus, manche brachen nach einem Jahr ab. Dabei ist der freiwillige Aufenthalt hier heutzutage doch etwas komfortabler als einst. Wegen Lawinengefahr muss – oder darf – der Eremit winters in eine Wohnung ziehen. Und es gibt eine Fotovoltaik-Anlage zum Aufladen des Handys.
Offizielle Mai-Kundgebungen ohne Krawalle Die offiziellen Demos zum 1. Mai blieben friedlich. In Hamburg fanden sich fast 8000 Menschen zum traditionellen Marsch ein, zu dem alljährlich die Gewerkschaften aufrufen. Bei der Abschlusskundgebung am Fischmarkt war auch Bürgermeister Olaf Scholz. Die Hamburger DGB-Vorsitzende Katja Karger schoss sich in ihrer Rede vor allem auf Arbeitgeber ein, die ihre Angestellten ohne Tarifvertrag beschäftigen. Auch die von der linken Gruppierung Roter Aufbau Hamburg am Abend veranstaltete Demo gegen G20-Gipfel und Kapitalismus blieb ohne Zwischenfälle. Während der Zug in der Schanze mit 1000 Teilnehmern startete, waren es laut Polizei bei der Abschlusskundgebung am Jungfernstieg bereits 2500 Demonstranten. »Nach derzeitigem Stand ist dies der ruhigste 1.-Mai-Verlauf seit Jahren«, sagte uns ein Polizeisprecher gestern nach Abschluss des offiziellen Teils. »Aber man muss jetzt noch die Nacht abwarten.« In den betroffenen Stadtteilen bleibe man sicherheitshalber »mit starken Kräften« vertreten. Während es bei der Demo in der Innenstadt lediglich vereinzelte Böllerwürfe gab, wurden gleichzeitig in Wilhelmsburg bei vier Gebäuden, darunter eine Bank, Scheiben eingeschlagen. Ob diese Taten etwas mit den 1.-Mai-Protesten zu tun haben, muss allerdings erst geprüft werden. |
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