Keine Visionen, nirgendsJetzt wissen wir immerhin, wogegen der Philosophische Fakultätentag so alles ist.
Drei Resolutionen hat die Vertretung von 130 (universitären) geistes- und sozialwissenschaftlichen Fakultäten und Fachbereichen Ende November verabschiedet. Die erste gegen die externe Akkreditierung von Studiengängen. Die zweite gegen die Vergabe des Promotionsrechts an Fachhochschulen. Die dritte gegen die Inklusion als fester Bestandteil der Lehrerbildung.
Natürlich werden sich die Vertreter des Fakultätentages gegen eine so zugespitzte Interpretation verwahren. Schließlich haben sie betont, sie hätten gar nichts gegen die Qualitätssicherung an sich, sondern nur gegen die „gegenwärtig praktizierten Formen“. Beim Promotionsrecht sorgen sie sich lediglich um die wissenschaftlichen Standards. Und bei der Inklusion sagen sie: Macht doch, aber nicht auf Kosten der fachwissenschaftlichen Inhalte.
Das eigentlich Beklagenswerte ist die Haltung hinter den drei Resolutionen. Man wehrt sich mit staatstragenden Schlagwörtern („Autonomie der Fakultäten“, Universitäten als „Zentren des wissenschaftlichen Forschens und Lernens“, „Eingriff in die wissenschaftliche Freiheit“) gegen den Veränderungsdruck von außen, ist „in großer Sorge“, fordert „mit Nachdruck“ und ruft nebenher noch die Hochschullehrer auf, ja nicht mitzumachen bei den Akkreditierungsverfahren – obwohl man ja gerade den mangelnden Einfluss der Wissenschaft beklagt.
Die inhaltliche Auseinandersetzung mit den kritisierten Sachverhalten ist – vorsichtig formuliert – mangelhaft: Nein, eine vernünftige Qualitätssicherung ist nichts, was sich von selbst einstellt, wenn man die Fakultäten einfach mal machen lässt. Bei den wissenschaftlichen Standards ist Sorge berechtigt, aber auch angesichts zahlreicher Uni-Fachbereiche, die unter der Latte hindurchlaufen. Und wer beim Thema Inklusion allein die Wissenschaftsfreiheit gefährdet sieht, vernachlässigt dabei ganz andere Grundrechte: die auf Bildung und Teilhabe.
Kurzum: Der Philosophische Fakultätentag hat eine Chance verpasst, seiner Verantwortung als Repräsentant zentraler universitärer Fächer gerecht zu werden. Zu der Verantwortung gehört, nicht nur zu sagen, wogegen man ist, sondern vor allem eigene, positive Visionen aufzuzeigen, wie die Geistes- und Sozialwissenschaften ihrer Rolle für und in der Hochschule des 21. Jahrhunderts gerecht werden können.