| Liebe Leserinnen und Leser, in der Christ&Welt-Ausgabe 51 schrieb Doreen Reinhard über Thomas Wawerka, Pfarrer auf Probe in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. Die verlängerte sein Angestelltenverhältnis nicht. Der Grund: Wawerka bezeichnet sich selbst als rechtskonservativ, postete im Netz seine negative Haltung zu Willkommenskultur und Flüchtlingen. Recht getan, sagen die einen, die keinen Rechten in der Kirche haben wollen, Berufsverbotsopfer!, rufen die anderen, die Wawerka gerne zu einem neuen Luther aufbauen möchten: Der steht nicht mehr vor Kaiser Karl und kann nicht anders, sondern vor den eigenen Glaubensbrüdern.
Verloren stand Wawerka im Talar vor dem Kanzleramt bei einer rechten »Mahnwache« für die Opfer des Terroranschlags in Berlin. Pegida-Vertreter, Schulter an Schulter mit den AfD-Landesvorsitzenden Gauland und Höcke. Ich sprach Wawerka in seiner Verlorenheit an. Wir wechselten ein paar Worte, da platzte es aus ihm heraus: »Ich weiß nicht, ob ich hierher gehöre. Hoffentlich mache ich keinen Fehler, dass ich auftrete.« Seine Angst rührte mich. Ich sah in ihm den fallenden Bruder. Da bat er mich, mit ihm »ins Gebet zu gehen«. Er flehte Gott an, ihm den rechten Pfad zu weisen und den Abend nicht in Gewalt enden zu lassen. Ich stammelte nur »Amen«. Und dachte an Goethes »Faust«, an die Stelle, wo der Teufel mit Gott um die Seele Gretchens ringt. Ich hoffte, dass auch bei Thomas Wawerka der Chor am Ende ruft: »Gerettet!« Dass er nicht in die Fänge derer gerät, die ihm als Einzige eine Heimat anbieten, weil wir ihn aus unserer Menschheit ausgeschlossen haben.
Es gab an diesem Abend keine Reden. Nur Wawerka predigte. Er zitierte Dietrich Bonhoeffer und forderte, der Gewalt mit Liebe zu begegnen, aber auch als Christen standhaft zu bleiben, gegen den Feind. Auf den Transparenten, die von den Pegida-Demonstranten stumm hochgereckt wurden, stand Klartext. Er forderte den Regimewechsel und nicht mehr nur Merkels Abgang.
Als ehemaliger Pfarrer angekündigt, verdeckte diese Ansage, dass Wawerka seine Dienstkleidung dort missbräuchlich verwendete. Das Landeskirchenamt kritisierte in einer Pressemitteilung die Talar-Nutzung prompt als Amtsanmaßung. Tut man einem Friedensmann unrecht? Wawerkas Facebook-Seite weckt Zweifel. Man sieht sein Foto auf Facebook, die Pegida-Flagge im Hintergrund. Ich habe kein Gebet für ihn. Zwei russische Sprichwörter vielleicht, als Warnung: »Wer mit dem Teufel frühstückt, sollte einen langen Löffel haben.« Und: »Wer sich zu den Hunden legt, steht mit den Flöhen auf.«
Ihr Andreas Öhler |
|
|