| Guten Morgen, | | |
wir sind selbst schuld: In der Bürgerschaft, wo nun auch die Analyse zur Hamburger Finanzlage unseres Kollegen Oliver Hollenstein kursiert, tobt eine Generaldebatte (samt kalkulierter Provokation; siehe unten).
Bei uns dagegen keimt eine Genderdebatte. Angesichts dessen, dass die Gleichstellung des weiblichen Geschlechts in unserer Gesellschaft bedauerlicherweise immer noch nicht ganz vollzogen ist, achten manche umso mehr darauf, dass wenigstens Genderformen angemessen Verwendung finden. Einige Verfechter verbaler Gleichstellung schießen dabei übers Ziel hinaus. Vielleicht erinnern Sie sich daran, was im Spätsommer in Flensburg los war. Da beantragte eine Abgeordnete der Linken, »dass ab sofort Arbeitsmittel und -geräte in allen Arbeitsbereichen der Stadt genderneutral bezeichnet werden« – also zum Beispiel der/die ComputerIn, der/die BleistiftanspitzerIn, der/die KopiererIn, der/die StaubsaugerIn ... Halt, hoffentlich erinnern Sie sich auch daran: Es war – Satire. (Trotzdem wurde die Flensburger Linke bundesweit bekannt.)
Von Intention und Ernsthaftigkeit her keinesfalls damit zu vergleichen ist die Mail der Dame, die uns gestern erreichte: »Über Erzieher zu lesen irritiert mich als Erzieherin immer«, schreibt sie. »Ich weiß, dass es immer noch gang und gäbe ist, in dieser Form zu schreiben. Doch da vielleicht die Möglichkeit gegeben ist, dies zu ändern: Achten Sie bitte unseren Berufsstand und Stolz. Gerade in den sozialpädagogischen Berufen nehmen wir die Genderformen sehr ernst. Und um das zu wertschätzen, sprechen Sie bitte auch über Erzieher*innen.«
Um darauf zu antworten: Ich habe eine so hohe Achtung vor jenen Vertretern der sozialpädagogischen Berufe, die ihren verantwortungsvollen Job wirklich ernst nehmen, dass ich bislang nicht vermochte, dies an einer Genderform festzumachen. Und wenn, so fragt sich: an welcher überhaupt? Nicht nur die Sternchenform ist in Gebrauch, es heißt auch Erzieher/-innen. Oder ErzieherInnen. Oder auch Erzieher:innen. Man/frau könnte alternativ den Unterstrich verwenden (Er_zieherinnen) und unser wackeres Korrrektorat damit in den Wahnsinn treiben. Oder sich, um eben das nicht zu tun, sich um die konkrete Form herummogeln: Erzieherschaft, Leserschaft, Bürgerschaft (ah! ...).
Dann gäbe es noch die genderlose Form mit x, gern verwendet, wenn man/frau beziehungsweise frau/man sich, auch, um absolut jede Diskriminierung zu vermeiden, nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen lassen möchte. Die müsste dann wohl heißen: Erzieherx – wobei: Steckt allein durch das »r« nicht schon viel zu viel Männliches in dem Begriff? Müsste es nicht eher heißen: Erziehex? – nein, denn man könnte da mit bösem Willen glatt eine fiese weibliche Konnotation hineininterpretieren …
Was wäre also richtig? Korrekt? Wie würde frau/man Anhängerinnen und Anhängern aller Formen gerecht werden?
Ich habe eine Frau um Rat gefragt, die sich als sehr emanzipiert versteht und die klar für die Emanzipation der Frau eintritt. Sie schwieg und sagte dann: »Lass uns erst mal dafür sorgen, dass Frauen in Wirklichkeit gleichberechtigt sind.«
Sammelabschiebung von Afghanen: Hamburg sieht sich »in der Pflicht« Hamburg hat sich gestern an einer bundesweiten Sammelabschiebung von etwa 50 Menschen nach Afghanistan beteiligt – laut Behörden zum ersten Mal. Die Kritik daran war groß; auch die mitregierenden Grünen monierten, dass Afghanistan keineswegs sicher und deshalb die Abschiebung nicht zu verantworten sei. Für Aufsehen hatte zuvor der Fall von Samir Narang gesorgt, der zur religiösen Minderheit der Hindus in Afghanistan gehört. Nach unseren Informationen kam er vor vier Jahren nach Deutschland, um Schutz vor Verfolgung zu suchen, und war unter den für den Abschiebetransport Ausgewählten. Einzelfälle mochten Hamburgs Behörden gestern nicht kommentieren, sie machten auch keine Angaben über Zahlen, traten aber den Forderungen der Linken und dem Bündnis Hamburger Flüchtlingsinitiativen (BHFI) entgegen, sich nicht an der Abschiebung zu beteiligen, wie dies andere Bundesländer täten, unter anderem auch Schleswig-Holstein. »Wir fühlen uns an den Beschluss der Innenministerkonferenz gebunden«, stellte Frank Reschreiter von der Behörde für Inneres und Sport klar. Die sogenannte Hamburger Senatorenregelung anzuwenden, die Afghanen bisher vor der Abschiebung bewahrt hatte, sei keine Option mehr. Auch Reschreiters Kollege von der Ausländerbehörde, Norbert Smekal, betonte: »Wir machen das, weil wir es müssen.« Das sieht Andreas Kaiser vom BHFI anders. Der Senat dürfe sich nicht »zum Handlanger« der Bundesregierung machen, fordert er. Mehr zu den Hintergründen finden Sie bei ZEIT Online.
So viel zur Debatte, nun zum Eklat: Während der gestrigen Haushaltsberatungen in der Bürgerschaft hielt eine Gruppe von Linken-Abgeordneten Schilder hoch mit der Aufschrift »Stoppt Abschiebungen nach Afghanistan«. Acht von zehn Linken wurden des Saals verwiesen; Grünen-Fraktionsvorsitzender Anjes Tjarks und dessen CDU-Pendant André Trepoll sprachen unisono von kalkuliertem Tabubruch. »Wenn Hamburg unter teilweise haarsträubenden Bedingungen Menschen in ein Kriegsgebiet abschiebt, dann müssen wir da auch angemessen reagieren«, verteidigte Linken-Fraktionsvorsitzende Sabine Boeddinghaus die Aktion. |
|
|