Lösung für §52a | DHV vs. KMK | 3½ Fragen an Iris Teicher | Gastkommentar Saskia Esken MdB: Wissen schafft Macht

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
wow, ganz schön Leben in der Hochschulbude momentan! Die ExStra nimmt Fahrt auf, der DHV macht Politik gegen die KMK, man rauft sich in Sachen §52a zusammen. Zu letzterem Punkt lesen Sie heute einen Gastkommentar von Saskia Esken MdB (SPD), Mitglied des Wissenschaftsausschusses. Und im Fragebogen trauert Iris Teicher, Kanzlerin der Hochschule Ulm, dem Dipl.-Ing. nach.
   
 
 
   
 
   
   
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
§52a: Läuft
Aufruhr genug gab es ja, und Unmut allerorten, ab Januar keine digitalen Semesterapparat mehr nutzen zu können (taz; SZ; netzpolitik.org). Jetzt haben sich die Parteien aber offenbar zusammengerauft. Am Freitag verkündeten HRK, KMK und VG Wort gemeinsam, eine „Arbeitsgruppe“ mit Vertretern aller Seiten zu bilden, um  „eine einvernehmliche Lösung für die Handhabung des Urheberrechts im Kontext der Lehre an Hochschulen zu entwickeln“. Bis Jahresende solle der Lösungsvorschlag vorliegen, so dass „eine bruchlose weitere Nutzung der digitalen Semesterapparate an den deutschen Hochschulen über die Jahreswende hinaus“ gewährleistet sei. Bis zum 30. September 2017 solle „eine praktikable Lösung an deutschen Hochschulen implementier[t]“ werden.
  
 
 
Akkreditierungsentscheidung: Läuft nicht
Dafür brodelt es jetzt an anderer Stelle so richtig. Die KMK hat, wie berichtet (CHANCEN Brief vom 1. und 5.12.) einen neuen Staatsvertrag beschlossen, der die Rolle der Akkreditierungsagenturen regelt. Wichtigste Neuerung: Die Akkreditierungsentscheidungen werden auf den Akkreditierungsrat übertragen; in diesem sollen mehrheitlich Wissenschaftler sitzen. Die HRK formulierte eher diplomatisch, damit sein ein „erster Schritt für die notwendigen Veränderungen“ gelungen. Dem Deutschen Hochschulverband aber ist darüber der Kragen geplatzt. Im Deutschlandfunk sagte DHV-Präsident Bernhard Kempen, der Staatsvertrag sei ein „Misstrauensvotum“ gegenüber Professorinnen, Mittelbau und Studierenden. Man habe beim Gesetzgeber „geradezu darum gebettelt“, die Akkreditierung selbst in Hände zu nehmen, weil sie eine „ureigene Aufgabe“ der Hochschulen sei. Konsequenz 1: Kempen kündigte an zu prüfen, ob man den neuen Vertrag erneut vor dem Bundesverfassungsgericht anfechte. Konsequenz 2: „Unsere Enttäuschung geht so weit, dass wir sagen, also, dann müssen wir jetzt auch mal eine Zeit lang den Kultusministern die kalte Schulter zeigen, so kann man mit Professoren nicht umgehen.“ Es folgte eine Pressemitteilung, in der der DHV verkündete, aus „Protest“ gegen die Akkreditierungsentscheidung der KMK die Abstimmung „Wissenschaftsminister/in des Jahres“ ausfallen zu lassen. Oha!
  
 
 
ExStra: Wer mit wem?
Deadline Nummer eins (1. Dezember) in Sachen Exzellenzstrategie wäre geschafft. Bis dahin mussten die Universitäten der DFG eine (allerdings unverbindliche) „Absichtserklärung für Antragsskizzen auf Exzellenzcluster“ einreichen. Von denen seien nun 192 eingegangen; 44 davon stammen von geplanten ExStra-Verbünden. Jan-Martin Wiarda weiß in seinem Blog, wer mit wem. Next Stop: 3. April 2017, da müssen die fertigen Anträge vorliegen. Die DFG organisiert sich derweil schonmal, damit für alle potentiellen Anträge auch ausreichend und fachlich passende Gutachterinnen und Gutachter parat stehen. Wir wünschen weiterhin frohes ExStra-Werkeln!
  
 
 
Aus dem Archiv: Gespräch mit Hildegard Hamm-Brücher
Sie war eine große Liberale und engagierte Bildungsreformerin: Hildegard Hamm-Brücher. Am vergangenen Mittwoch ist sie im Alter von 95 Jahren gestorben (Nachruf auf ZEIT ONLINE). Wir haben mal ins Archiv geschaut. 2009 – es waren die ersten Bologna-Jahre – haben Manuel J. Hartung und Thomas Kerstan sie in der ZEIT interviewt; dort sagte sie: „Es gibt zu viele, die die alte Universität romantisieren. Keine Frage, sie hatte große Verdienste, aber sie war auch das Rückgrat einer Obrigkeitsgesellschaft. Sie hat gute Wissenschaftler hervorgebracht, aber rechtzeitige Reformen hat sie nicht vorangetrieben.“ Es brauche Mut zur Reform, neue Ideen, weniger Ideologie in der Bildungspolitik, so Hamm-Brücher. Ein hochaktuelles Gespräch, immer noch.
  
 
 
Good Read!
Noch schnell drei Schmankerl zum Start in die neue Woche: 1. Schöner Text aus der taz über den dauerbefristet beschäftigten Physiker und Exmann der Kanzlerin, Ulrich Merkel: „Herr Merkel aus Dresden“. 2. Lesenswerte Analyse über die Geschichte der Forschungsförderung des Bode-Museums im Tagesspiegel. 3. Die Rede von Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos, in der er von einem Rat berichtet, den ihm sein Professor einmal gab.
  
   
 
 
   
 
   
   
 
Die Zahl
 
 
   
72 Prozent

der Frauen, die in Wissenschaft und Hochschule arbeiten, glauben, dass Männer in diesem Bereich bessere Aufstiegschancen haben. Nur 35 Prozent denken, dass sie in der Wissenschaft dieselben Chancen haben und denselben Respekt erfahren, wie ihre männlichen Kollegen.
Befragt wurden rund 1500 Frauen des Hochschulwesens
in Großbritannien und Irland.

 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
3½  Fragen an…
 
 
   
Iris Teicher

Diplom-Verwaltungswirtin, Kanzlerin der Hochschule Ulm für Technik, Informatik und Medien
Eine Erkenntnis, zu der Sie jüngst kamen?
Erst verstehen, dann verstanden werden.
 
Die aktuell größte Fehlinvestition der Wissenschaftslandschaft?
Als Kanzlerin einer technischen Hochschule bedaure ich es sehr, dass der international anerkannte deutsche Abschluss eines „Dipl.-Ing.“ als Opfer der Bologna-Reform in Deutschland abgeschafft wurde, was bis heute dem Verlust eines echten Markenzeichens gleichkommt und in Euro kaum zu beziffern ist….
 
Lektüre muss sein. Welche?
„Emotional Intelligence 2.0“ von T. Bradberry & J. Greaves
 
Und sonst so?
Freunde, Sonnenschein, Musik, Wein und gute Laune – J
   
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
   
   
 
Gastkommentar
 
 
   
   
von Saskia Esken
   
   
   
Wissen schafft Macht –  Hochschulen im digitalen Wandel 
Der kompetente Umgang mit Medien und Daten, der Zugang zum Wissen dieser Welt und die kritische Bewertung von Informationen, ein Verständnis für Algorithmen und die technische Struktur des Netzes: Digitale Literalität ist heute so wichtig wie Lesen und Schreiben. Unsere Wissensgesellschaft braucht eine digitale Bildungoffensive, eine Alphabetisierung für „digitale Kompetenz“!
Bundestag und IT-Gipfel, Hochschulforum Digitalisierung und KMK haben im vergangenen Jahr Konzepte für den digitalen Wandel im Bildungssystem entwickelt. Die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur nehmen in der öffentlichen Wahrnehmung viel Raum ein. Doch wenn wir alle an Bord haben wollen im digitalen Wandel, dann müssen wir über die Software reden und nicht nur über Geräte. Dann müssen wir darüber reden, was und wie wir lernen – und wer Zugang dazu hat. 
Lehrende und Lernende sollen sich offen, konstruktiv und rechtssicher mit dem Netz und dem Wissen dieser Welt auseinandersetzen können. Damit an Schulen und Hochschulen offene digitale Lernplattformen und Bildungsangebote entstehen können, müssen wir offen lizenzierte wissenschaftliche Publikationen (Open Access) und Lehr- und Lernmaterialien (OER) gezielt fördern. Für urheberrechtlich geschützte Inhalte brauchen wir eine Bildungs- und Wissenschaftsschranke, die eine pauschale Vergütung weiterhin ermöglicht.
Völlig zu Recht hat der neue Uni-Rahmenvertrag zu digitalen Semesterapparaten hohe Wellen geschlagen. Es ist sehr zu begrüßen, dass die Beteiligten die Anwendung des Vertrags nochmals überdenken wollen, denn die darin vereinbarte Einzelabrechnung würde die Nutzung digitaler Medien massiv zurückdrängen. Als Kampfansage an die Öffnung digitaler Bildung und Wissenschaft muss die Erlaubnis gelten, Semesterapparate und Lernplattformen zu durchsuchen. Einen solchen „Schultrojaner 2.0“ darf die von KMK, HRK und VG Wort eingerichtete Arbeitsgruppe getrost dahin befördern, wo auch sein Vorgänger landete: In die Tonne.

Saskia Esken (SPD) ist Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung sowie im Ausschuss Digitale Agenda
   
   
Sind Sie anderer Meinung? Dann schreiben Sie an: chancen-brief@zeit.de
– oder twittern Sie unter #ChancenBrief
   
 
 
   
 
   
   
 
Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
   
»Wir klagen auf hohem Niveau« Der Pisa-Schock ist überwunden. Die deutschen Schüler können mehr als der internationale Durchschnitt. Und nun? Ein Gespräch mit den Bildungsexperten Kristina Reiss und Olaf Köller
 
Was ist Pisa? Wie die weltweit größte Vergleichsstudie zu Schülerleistungen funktioniert –und was die Tester wissen wollen Es werden immer mehr! Die Zahl der Abiturienten wächst, die der Studenten auch. Was bedeutet das für Schule und Studium? Vor einer neuen Bildungskatastrophe muss sich niemand fürchten, sagt Hamburgs Schulsenator Ties Rabe Spaltet Bildung die Gesellschaft? Ja und nein, kommentiert Manuel J. Hartung »Wir vergraben uns in unseren Vorurteilen« Amerikanische Schüler und Studenten erkennen im Internet nicht, ob Informationen wahr oder falsch sind. Ein Gespräch mit Sam Wineburg über den digitalen Mob und die Bedeutung besserer Bildung Karriere oder Beziehung? In der Rushhour des Lebens wird es ernst. Rudi Novotny kriegt das zu spüren. Diese Woche: Ich bin unverheiratet und liebe ungeregelt

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
 
   
 
   
   
 
c.t.
 
 
   
 
Die vermessene Hochschule

Kurzvideo zur ZEIT-Konferenz Hochschule & Bildung 2016


Quelle: Convent
 
 
 
 
 
 
 
 
 
   
Die Jahresendpause nähert sich, ganz sicher. Nur noch ungefähr 286 e-Mails, 25 Meetings, und eine Handvoll Weihnachtsfeiern. Halten Sie durch!

Ihr CHANCEN-Team

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