| Alle Jahre wieder … kommt der Paketbote. Oder nicht? Die weihnachtliche Ablasszahlung ist der Paketversand: Statt die Erbtante in Castrop-Rauxel zu besuchen, bekommt sie ihr Weihnachtsgeschenk per Post. Aber auch Nichterben schenken postalisch und bestellen Präsente im Internet: Im Paketzentrum Hamburg-Allermöhe werden vor Weihnachten bis zu 500.000 Pakete täglich bearbeitet. »An normalen Tagen sind es bis zu 300.000 Sendungen«, sagt Martin Grundler, Sprecher der Post/DHL. Die Hamburger gehörten »zu den eifrigen Paketversendern und Onlinebestellern im Lande«. Um den Ansturm zu bewältigen, seien derzeit allein in der Zustellung rund 450 zusätzliche Mitarbeiter sowie ein Drittel mehr Fahrzeuge unterwegs, sagt Grundler. Trotzdem, das wissen wir aus eigener Erfahrung, kann man Pech haben. Der Paketbote klingelt nicht. Oder kommt zu spät. Beim Konkurrenten DPD kündigt ein schickes Online-Trackingtool beinahe auf die Minute genau an, wann der Bote eintrifft – bei DHL wird man umsonst auf so ein Gadget warten. Grundler empfiehlt stattdessen, auf der Serviceseite anzugeben, wo das Paket im Abwesenheitsfall hinterlegt werden soll. Die Frage ist nur, ob der jeweilige Bote sich dann auch an diesen Wunsch hält – oder ob die Sendung dann statt beim Kiosk gegenüber wieder in der kilometerweit entfernten Postfiliale landet, der mit der höllischen Warteschlange und den teuflischen Öffnungszeiten. Falls übrigens die Erbtante im EU-Ausland lebt, sollten Sie sich mit dem Päckchen für sie tunlichst heute noch in die Schlange einreihen. Innerhalb Deutschlands genügt der 22. Dezember. Außer man hat Pech.
Abschied vom Nachtzug Seit gestern gelten die neuen Bahn-Fahrpläne, für Pendler bedeutet das weniger volle Züge und ein paar neue Strecken. Gestern haben außerdem die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) die Nachtzüge der Deutschen Bahn (DB) übernommen. Für das deutsche Personal hieß das: Abschied nehmen. Wir haben mit Nachtsteward Joachim Holstein gesprochen, er ist Vizevorsitzender des Betriebsrats der DB European Railservice.
Elbvertiefung: Herr Holstein, Sie hatten vor zwei Wochen Ihre Abschiedsfahrt mit dem Nachtzug der Deutschen Bahn. Wie geht es Ihnen jetzt?
Joachim Holstein: Relativ gut. Mein E-Mail-Eingang füllt sich mit Mails von Menschen, die Anteil nehmen; und am Bahnsteig gestern, beim letzten Nachtzug ab Berlin, gab es Blümchen für die Berliner Kollegen. Es ist schön zu sehen, dass die Fahrgäste sich bei uns bedanken. Meine Kollegen und ich gehen hoch erhobenen Hauptes raus. Den Aufhebungsvertrag habe ich nicht unterschrieben, ich hätte umgerechnet 9 Monatsgehälter als Abfindung erhalten, nach 21 Jahren – das ist eine Beleidigung. Also nehme ich am DB-Jobservice teil und werde Bewerbungen schreiben. Ich habe einen Teilzeitvertrag mit der Bahn, bin freiberuflich für einen Verlag tätig und arbeite in der Sozialberatung der Uni Hamburg. Mit dem Nachtzug passte das wunderbar, jetzt wird sich zeigen, wie sich das vereinbaren lässt.
EV: Und wie geht es Ihren Kollegen, die Vollzeit angestellt waren?
Holstein: Manche haben schon einen neuen Job bei der DB oder einem privaten Betreiber. Aber für alle anderen ist das wie eine Wahl zwischen Pest und Cholera: Entweder man unterschreibt den Aufhebungsvertrag und bekommt eine Sperrfrist von der Agentur für Arbeit, oder die DB vermittelt einem womöglich einen Job, den man gar nicht ausüben kann. Einer 64-jährigen Kollegin, die noch 14 Monate bis zur Rente hat, wurde ein Job in München angeboten, bei dem sie mit der Motorsäge Bäume hätte absägen sollen.
EV: Gestern hat die Österreichische Bahn (ÖBB) die Nachtzüge übernommen. Was kommt auf die Fahrgäste zu?
Holstein: Ich rechne damit, dass die Österreicher Anlaufschwierigkeiten haben werden. Deren Personal ist zum großen Teil frisch angelernt, die werden lange brauchen, bis sie die Erfahrung haben, die wir haben. Außerdem haben sie einen strategischen Fehler begangen: Es gibt zwei unterschiedliche Schlafwagenmodelle, in den Doppelstockschlafwagen sind die Kabinen zweiter Klasse allerdings extrem eng, man kann nicht mal zwei Koffer unterbringen und auf dem unteren Bett sitzen. Und die ÖBB verlangt für beide Modelle im selben Zug denselben Aufschlag. Das heißt, der Gast weiß nicht, was er für sein Geld bekommt. Ich vermute, das gibt erhebliche Ärgernisse und Probleme an Bord … |
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