| Sperrungen und Sicherheitszonen
Das OSZE-Treffen in Hamburg rückt näher – Autofahrer werden das in den nächsten Tagen zu spüren bekommen. Noch einmal, nur damit Sie nicht überrascht sind: Für Donnerstag und Freitag, wenn sich die Außenminister der 57 Mitgliedsstaaten der OSZE in den Messehallen treffen, richtet die Polizei drei sogenannte Sicherheitszonen ein: Zwei rund um das Messegelände sind schon ab Mittwoch aktiv, am Donnerstag folgt dann Zone drei um das Hamburger Rathaus, wo abends im Großen Festsaal ein »Arbeitsabendessen« stattfinden soll. In diesen Sicherheitszonen gelten besondere Regeln: Geparkte Autos müssen entfernt werden, Anwohner sollen ihren Ausweis bei sich tragen, der Zutritt für Nicht-Anwohner ist nur in besonderen Fällen gestattet. Ab Mittwoch wird ein Teil der Karolinenstraße bei der Messe gesperrt, die Große Johannisstraße in der Innenstadt ist ab Donnerstag nicht mehr für Autos befahrbar. Wo die Straßensperrungen verlaufen, steht beispielsweise hier. In Hamburg werden 10.500 Polizisten im Einsatz sein, dazu kümmern sich 2700 Beamte der Bundespolizei um Bahnhöfe und den Flughafen. Wie »Die Welt« erfahren haben will, soll Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, befürchten, dass Linksextremisten das OSZE-Treffen nutzen könnten, um Aufstellung und Taktik der Sicherheitsbehörden vor Ort zu analysieren – und so Krawalle für den G-20-Gipfel im Juli nächsten Jahres zu planen. Bleibt nur, der Polizei zu empfehlen, was sich auch im Sport bewährt: Immer schön die Taktik ändern…
Bio-Schummel im Restaurant
Das Label »Bio« steht für ökologische Landwirtschaft, artgerechte Tierhaltung, die Lebensmittel sollen gesünder sein und ohne Gentechnik oder Chemie hergestellt worden sein. Wegen dieses Versprechens verlangen immer mehr Menschen bewusst Bio-Produkte, auch im Restaurant. Etliche Hamburger Gastronomen werben denn auch mit »bester Bio-Qualität« und »hochwertigen Bio-Produkten«. Eine stichprobenartige Untersuchung der Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) hat nun ergeben: Wo Bio draufsteht, ist nicht unbedingt Bio drin. Hauptkritikpunkt: mangelnde Transparenz. Von 18 untersuchten Cafés, Restaurants und Bistros hatte »nur die Hälfte« am vorgeschriebenen Öko-Kontrollverfahren teilgenommen. »Die übrigen Lokale ließen sich nicht kontrollieren, obwohl sie mit dem Begriff Bio warben«, heißt es bei der VZHH. Mehr noch, stellte die VZHH fest, in acht Gaststätten, wo es schon vor einem halben Jahr keine ausreichenden Nachweise für »Bio« gab, wurden immer noch Lebensmittel unter diesem Label verkauft. Die Verbraucherzentrale: »Es drängt sich der Verdacht auf, dass einige Gastronomen in der Bio-Stadt Hamburg etwas verbergen wollen und sich daher dem Kontrollsystem entziehen.« In einer »Liste der Wahrheit« wird nun genau dokumentiert, woran es in welchem Restaurant mangelte. Manche betrieben sogar Etikettenschwindel und gaben normale Cola als Bio-Cola oder konventionelle Milch als Bio-Milch aus. Wir merken uns: Allein Namen wie Greeni, Bio-Bistro oder Bio Dito sagen noch gar nichts aus…
Singen gegen Vorurteile
Mit dem Gesangsprojekt »Zusammen weiter« wollen der Sänger und Chorleiter Chris Meloni und die Hamburger Journalistin Kathrin Schlass Deutsche und Geflüchtete über die Musik zusammenbringen. Gesungen wird in vier Sprachen, Mitmachkonzerte und gemeinsame Auftritte sollen Vorurteile auf beiden Seiten abbauen. Kann das funktionieren? Wir sprachen mit Kathrin Schlass. Elbvertiefung: Wie ist die Idee entstanden, zusammen mit Geflüchteten zu singen?
Kathrin Schlass: Als im Herbst 2015 die vielen Geflüchteten zu uns kamen, haben Firmen und Verbände Initiativen gestartet, um ihnen hier Jobs und Ausbildungsplätze anzubieten. Ich selbst habe ehrenamtlich ein Projekt mit Geflüchteten als Gaststudenten an der HAW betreut – mit Teilnehmern aus dem Sudan, aus Afghanistan, Nigeria, Syrien und dem Iran. Aber da, wo verschiedene Kulturen aufeinanderprallen, klappt der Umgang nicht immer reibungslos. Das haben viele unterschätzt, und es gab Probleme. EV: Welche Probleme waren das?
Schlass: Das ging in die Richtung: Jetzt gibt man ihnen die Chance und sie nutzen sie nicht, kommen nicht pünktlich, man muss ihnen alles sagen. Aber Menschen aus diesem Kulturkreis haben einfach ein anderes Verhältnis zu Autoritäten. Man wartet auf Anweisungen und wird nicht von sich aus aktiv, wie das in Deutschland erwartet wird. Ein syrischer oder afghanischer Azubi würde nicht auf eigene Initiative einen Geschirrwagen leer räumen. Das empfände er als respektlos seinem Vorgesetzten gegenüber. EV: Es lag also an mangelndem Verständnis für die jeweils andere Kultur ... Schlass: Ganz genau. Ich habe beobachtet, dass einige Firmen gesagt haben, wir lassen das lieber, das ist zu anstrengend, auch für die deutschen Mitarbeiter. Das fand ich schade, und weil ich selbst in einem Chor singe, habe ich mit dem Leiter, Chris Meloni, überlegt, wie wir über unseren deutschen Chor Flüchtlinge integrieren können. Chris Meloni hat einen eigenen Song geschrieben, und wir haben ein Video produziert, in dem wir auf Deutsch, Englisch, Arabisch und Farsi singen. EV: Hat das denn funktioniert, mit so vielen verschiedenen Menschen, Kulturen, Religionen in einem Chor...?
Schlass: Es war erstaunlich, zu sehen, wie sich beide Seiten, alte und neue Hamburger, aufeinander zubewegt haben. Obwohl es auch da Vorbehalte gab. Eine Teilnehmerin hat später zugegeben, dass sie anfangs nicht begeistert war von der Idee. Mittlerweile sind aber fast Freundschaften entstanden; gerade diese Chor-Kollegin hilft einem jungen Mann aus Eritrea bei der Suche nach einem Praktikumsplatz. Trotzdem müssen wir kämpfen, um alle unter einen Hut zu bringen. EV: Wo sind denn die Schwierigkeiten?
Schlass: Wenn wir auf einen bestimmten Termin oder ein Konzert hinarbeiten, ist vielen nicht klar, wieso sie jedes Mal kommen sollen – die Lieder kennen sie ja schon. Es gibt auch Unterschiede, was Verbindlichkeit und rechtzeitiges Absagen angeht. Wichtig ist der richtige Kommunikationskanal, bei den jungen Leuten ist das vor allem Facebook. Aber da mal fünf, mal zehn von ihnen zur Probe kommen, kann man tatsächlich schwer planen. EV: Das klingt nicht einfach…
Schlass: In den letzten Monaten ist schon etwas gewachsen, wir mögen uns alle sehr gern. Beim Singen entsteht eine eigene Dynamik und eine Form von Gemeinschaft, die sich vielleicht auch in den Alltag hineinretten lässt. Einmal haben wir einen dreistimmigen Kanon gesungen, der sich plötzlich zu einer Stimme vermischt hat – das war wirklich ein Gänsehautmoment. |
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