Olympia am Abend: Bronze hinterm Komma

Die Olympischen Spiele am Montag, 14. Februar
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Die Olympischen Spiele am Montag, 14. Februar

von Leopold Zaak
freier Autor

Guten Abend! Einige tun sich mit Tanzen schon auf gewöhnlichem Untergrund schwer. Umso beeindruckender, was eine Französin und ein Franzose auf dem Eis schafften.

© Dean Mouhtaropoulos/Getty Images
© Dean Mouhtaropoulos/Getty Images

Gold des Tages

Das Schöne am Eistanz ist, dass man ihn als Laie sofort versteht. Wer auch nur ein bisschen übrig hat für Schönheit und Ästhetik, erkennt eine besondere Kür, ohne auch nur eine Drehung oder einen Sprung benennen zu können. Solch eine Kür haben die Franzosen Gabriella Papadakis und Guillaume Cizeron im Eistanz-Finale gezeigt. Die Bewegungen der beiden passten so perfekt zur Musik, dass man meinen könnte, der Komponist Gabriel Fauré habe das Stück im 19. Jahrhundert eigens für diesen Tanz 142 Jahre später komponiert. Und da klang sogar das Kratzen der Kufen auf der Eisfläche wie die Nadel, die man auf eine Schallplatte aufsetzt. Schauen Sie sich den Tanz noch mal an. Ein Stück Holz, wer da nichts fühlt.

Überraschung des Tages

Für einen Versuch beim Skispringen gibt es normalerweise weit mehr als 100 Punkte. Die deutschen Skispringer haben im Mannschaftswettbewerb 922,9 geholt. 0,8 Punkte sind also gar nichts. Es waren aber genau diese 0,8 Punkte, wegen denen die deutsche Mannschaft vor Norwegen die Bronzemedaille geholt hat. Ein paar Zentimeter. Bei schwierigen Windverhältnissen lagen die Deutschen zwischendurch auf Platz 6, aber zwei Flüge von Markus Eisenbichler brachten Bronze hinter Slowenien und den Siegern aus Österreich. Der ARD-Experte Sven Hannawald ordnete das Gesehene nüchtern ein: "Ist das geil. Ist das geil! Alter Falter."

© Julian Finney/Getty Images
© Julian Finney/Getty Images

Schmerz des Tages

Im Interview nach ihrem Lauf liefen Laura Nolte Tränen über die FFP2-Maske. Sie hatte bei der olympischen Premiere im Monobob die Bronzemedaille verpasst und wurde Vierte. In allen anderen bisherigen Wettbewerben im Eiskanal hatte immer eine deutsche Fahrerin oder ein deutscher Fahrer Gold gewonnen. Deshalb war die Enttäuschung groß. Noch größer ist aber die allgemeine Kritik an der neuen Sportart. Frauen müssen Monobob statt Viererbob fahren, was das Ganze zur umstrittensten Disziplin der Winterspiele macht.

Neues aus der Blase

Der Kollege Nico Horn schreibt aus Peking:

"Zugfahren in China ist kein Erlebnis der traumatischen Sorte, wie wir das von der Deutschen Bahn kennen. Der lokführerlose Zug ist lang und weiß (soweit kein Unterschied zu Deutschland) und hat die Schnauze eines Windhunds. Innen sitzt man auf altmodischen, braunen Stühlen, die bequemer sind als manches Sofa (großer Unterschied zu Deutschland) und händisch immer in Fahrtrichtung gedreht werden. Wohlgemerkt, das ist die zweite Klasse, erste und Business Klasse können wir Normalos nicht reservieren. Gebucht wird über eine App mit dem merkwürdigen Namen 12306. Verspätung: ausgeschlossen. Angebliche Höchstgeschwindigkeit: 350 km/h, davon merkt der Insasse aber nichts. Nach Yanqing sind es von Peking exakt 26 Minuten, nach Zhangjiakou 50, mit diesen Fahrtzeiten hatte das Organisationskomitee extra geworben. Wovon es nichts erzählt hatte: den Busfahrten danach an die Wettkampforte. Da geht die Reise erst richtig los."

Die Lage in China

Dass Dinigeer Yilamujiang, eine uigurische Langläuferin, das olympische Feuer entzündete, wurde viel kritisiert. Zynisch sei das gewesen, eine politische Show, um von Verbrechen und Umerziehungslagern abzulenken. Wie China mit seinen früheren uigurischen Fackelläufern umgeht, kann man am Fall von Adil Abdurehim ablesen. 2008 trug er das olympische Feuer auf seinem Weg nach Peking. Wie der US-Radiosender Radio Free Asia berichtete, soll Adil Abdurehim seit fünf Jahren eine vierzehnjährige Haftstrafe absitzen, weil er sich "konterrevolutionäre Videos" angeschaut haben soll. 

IOC-Mitglied des Tages

Karl Stoss 

Als Vorsitzender der Programmkommission im Olympischen Komitee hat man einen spannenden Job. Vertreter von nicht olympischen Sportarten kommen vorbei und werben dafür, dass sie das nächste Mal dabei sein dürfen. Geklappt hat das früher zum Beispiel beim Tabakweitspucken (1904) und Taubenschießen (1900, ja, echte Tauben). Seit Januar 2020 ist der Österreicher Karl Stoss für das olympische Programm verantwortlich. Eine seiner ersten Amtshandlungen: Breakdance ins olympische Programm für 2024 aufzunehmen. Im Moment beschäftigt sich Stoss mit zwei weiteren Anträgen, diesmal für die Winterspiele: Naturbahnrodeln und Snow-Volleyball. Stoss ist auch Vorsitzender des Österreichischen Olympischen Comités und leitete bis 2017 die Casinos Austria AG – genau wie sein Vorgänger Leo Wallner. Wir fragen uns: Wann wird Roulette endlich olympisch?

Medaillen des Tages

  • Eistanz: Gabriella Papadakis und Guillaume Cizeron (Frankreich), Wiktorija Sinizina und Nikita Kazalapow (ROC), Madison Hubbell und Zachary Donohue (USA)

  • Monobob, Frauen: Kaillie Humphries (USA), Elana Meyers Taylor (USA), Christine de Bruin (Kanada)

  • Skispringen, Team, Männer: Österreich, Slowenien, Deutschland

  • Ski-Freestyle, Springen, Frauen: Mengtao Xu (China), Hanna Huskowa (Belarus), Megan Nick (USA)

Das normale Ergebnis

Kanada gewinnt im Eishockey der Frauen im Halbfinale gegen die Schweiz 10:3.

© Anne-Christine Poujoulat/AFP/Getty Images
© Anne-Christine Poujoulat/AFP/Getty Images

Satz des Tages 

"Die Athleten haben das Recht zu wissen, dass sie unter fairen Bedingungen antreten. Leider ist dieses Recht heute versagt geblieben."

Sarah Hirshland, Geschäftsführerin im Olympischen Komitee der USA zur Entscheidung des CAS, dass die russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa trotz ihrer positiven Dopingprobe am Dienstag beim Einzelwettbewerb starten darf.

Wir wünschen einen guten Abend!

Das war der Extraletter zu den Olympischen Spielen, Redaktionsschluss war heute um 17 Uhr. 

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