Olympia am Abend: Extremsport Curling

Die Olympischen Spiele am Samstag, 19. Februar
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Die Olympischen Spiele am Samstag, 19. Februar

von Christian Spiller
Ressortleiter Sport ZEIT ONLINE

Guten Abend! Nie macht es so viel Spaß, den Küchenboden zu schrubben, wie während Olympischer Winterspiele. Endlich mal wie ein Spitzensportler fühlen. Dabei ist Curling ganz anders, als man denkt.

© Lintao Zhang/Getty Images
© Lintao Zhang/Getty Images

Gold des Tages

Zwischen atemlosen Bobfahrten, Abfahrtsläufen und Eishockey-Prügeleien ist Curling der Wintersport zum Runterkommen. Hier werden ruhige Kugeln geschoben, beziehungsweise Steine. Wer allerdings glaubt, das Eisschach belaste nur das Großhirn, irrt. Niklas Edin ist nach seinem Olympiasieg mit Schweden nun einer der erfolgreichsten Curler des Planeten, musste in den vergangenen Jahren aber auch etliche Operationen erleiden: Rücken, Ellenbogen, Schulter, Knie, Fußgelenk – es gibt fast nichts, was bei ihm nach ausgiebiger Steineschubserei nicht zusammengeflickt werden musste. All das Wischen und Verrenkt-übers-Eis-Gleiten bleiben eben nicht folgenlos. Womöglich ist Curling der wahre Extremsport dieser Spiele.

© Julian Finney/Getty Images
© Julian Finney/Getty Images

Überraschung des Tages

Jamaika hat wieder 'ne Bobmannschaft. Zum ersten Mal seit 1988 startet ein Viererbob aus der Karibik. Die Erben von Cool Runnings gehen durchaus werktreu vor: Der Anschieber Matthew Wekpe trägt wie sein Filmvorbild ein glückbringendes Plastikei mit sich herum, das er vor den Rennen küsst (und hoffentlich nicht auch in seiner Hose verstaut). Der Bobpilot Shanwayne Stephens ist in Großbritannien aufgewachsen und gehört zur Royal Air Force. Während des Lockdowns trainierte er, indem er den Mini seiner Verlobten durch die Straßen schob. Da musste selbst die Queen lachen. 1988 in Calgary kippte der Bob Jamaikas im dritten Lauf um. Das wollen sie dieses Mal unbedingt verhindern. Die ersten beiden Durchgänge haben sie schon mal geschafft.

Pressemitteilung des Tages

Die Sportlervereinigung Athleten Deutschland hat bereits olympische Bilanz gezogen. Sie vernichtend zu nennen, wäre untertrieben. Es geht um: Peng Shuai, Taiwan, uigurische Fackelläuferinnen, Menschenrechte, Doping, „die Kultur des Schweigens beim IOC", die Anhebung des Mindestalters, die Rechte von Sportlern, Mitbestimmung und viel, viel mehr. Ein Rundumschlag, der mit dem Satz schließt: „Wir hoffen, dass die Winterspiele in Beijing zumindest noch als Wendepunkt in der Geschichte des Sports eingehen können." Da sind sie nicht die Einzigen.

Neues aus der Blase

Mein Kollege Christof Siemes schreibt, oha!, von außerhalb der Blase: 

Congratulations!, so beginnt die Mail, die mein Freifahrtschein aus der olympischen Blase wird. Ich habe bei einer Art Journalistenlotterie einen der 40 Plätze für eine Tour zur Großen Mauer gewonnen, zum Juyong Pass, knapp eine Stunde Busfahrt von Peking entfernt. Wir werden wie Staatsgäste behandelt: Schwarze Limousinen vorne und hinten eskortieren die beiden Reisebusse, für uns wird sogar der Verkehr auf der Autobahn angehalten. Das große Areal mit zwei Mauerabschnitten ist menschenleer, vom Wassertor drehen wir, von zwei Dutzend freundlichen Freiwilligen, die selbst ganz aufgeregt sind, begleitet, eine Runde über sechs Wachtürme bis zum Nordtor. Manche Treppenabschnitte sind steiler als jede Big-Air-Schanze, wir schnaufen schwer – und fühlen uns so leicht wie noch nie in diesen Pekinger Tagen.

Die Lage in China

Einen Tag noch mag China die Welt bei sich willkommen heißen. Dass das Land sonst eher streng auf das Schicksal der Welt schaut, zeigte sich auch beim G20-Finanzministertreffen in Jakarta, das am Freitag zu Ende ging. Experten und Teilnehmer waren enttäuscht, weil China weitere Einigungen bei der Entschuldung ärmerer Länder verhindert habe. Auch beim Thema globale Klimapolitik bremse China weiter. Vielleicht könnte China den Preis für eine Tonne CO₂ ja mit olympischen Medaillen verrechnen. Ist nur ein Vorschlag.

IOC-Mitglied des Tages

Nora von Liechtenstein

Wie blau kann Blut sein? Ja, sagt Prinzessin Norberta (Nora) Elisabeth Maria Assunta Josefine Georgine von und zu Liechtenstein, Gräfin zu Rietberg, Marquesa de Mariño. Sie heiratete den spanischen Adeligen Vicente Sartorius y Cabeza de Vaca, Marqués de Mariño. Die gemeinsame Tochter trägt den Namen María Teresa Sartorius y de Liechtenstein. Neidisch grüßt, Ihr Christian Spiller.

Medaillen des Tages

  • ​Freestyle, Halfpipe Männer: Nico Porteous (Neuseeland), David Wise (USA), Alex Ferreira (USA) 

  • Curling, Männer: Schweden, Großbritannien, Kanada

  • Skilanglauf, 30 Kilometer Männer: Alexander Bolschunow (Russisches Olympisches Komitee), Iwan Yakimuschkin (Russisches Olympisches Komitee), Simen Hegstad Krüger (Norwegen)

  • Eisschnelllauf, Massenstart Männer: Bart Swings (Belgien), Jae Won Chung (Südkorea), Seung Hoon Lee (Südkorea)

  • Eisschnelllauf, Massenstart Frauen: Irene Schouten (Niederlande), Ivanie Blondin (Kanada), Francesca Lollobrigida (Italien)

  • Eiskunstlauf, Paare Kür: Wenjng Sui und Cong Han (China), Jewgenija Tarassowa und Wladimir Morosow (Russisches Olympisches Komitee), Anastasia Mischina und Aleksander Galliamow (Russisches Olympisches Komitee)

  • Bob, Zweier Frauen: Laura Nolte und Deborah Levi (Deutschland), Mariama Jamanka und Alexandra Burghardt (Deutschland), Elana Meyers Taylor und Sylvia Hoffmann (USA)

@ Anne-Christine Ppujoulat/AFP/Getty Images
@ Anne-Christine Ppujoulat/AFP/Getty Images

Das normale Ergebnis

Laura Barquero und Marco Zandron aus Spanien werden Elfte in der Kür der Paare im Eiskunstlaufen.

Satz des Tages 

"Cool Runnings ist immer noch mein Lieblingsfilm."

(Deborah Levi, Anschieberin des deutschen Zweierbobs, die mit Laura Nolte Gold gewann. Silber ging an die beiden Deutschen Mariama Jamanka und Alexandra Burghardt.)

Wir wünschen einen guten Abend!

Das war der vorletzte Extraletter zu den Olympischen Spielen, Redaktionsschluss war heute um 17 Uhr. 

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