Freitext: Ann Cotten: Der Zufallsgenerator

 
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16.12.2016
 
 
 
 
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Der Zufallsgenerator
 
 
Könnte Trumps skandalöse Unberechenbarkeit nicht auch eine Art Hoffnung darstellen? Unsere Autorin ist nach New York gereist, um Amerika verstehen zu lernen.
VON ANN COTTEN

 
© Timothy A. Clary/AFP/Getty Images
 
Beim Anflug auf New York hatte ich mehrere Aufgaben im Kopf. Eine von ihnen war, herauszufinden, was es mit dem Trump-Problem wirklich auf sich hat. Klar, das ist ein übles Tier, ungustiös, die geradezu körperliche Ekelreaktion, von der viele sprechen, leuchtet sofort ein, und wenn ich daraus eine Meinung bilden wollte, wie es dem Menschen natürlich liegt – instinktiv empfundenen Ekel mit moralischen Gründen unterfütternd – wäre sie schon fertig. Jedoch braucht man keine Meinung über Politiker als Personen. Man braucht zunächst Information. Trumps Handlungsspielraum, seine Absichten und seine Sachzwänge zu begreifen, heißt aber nicht weniger als das zutiefst lokal geprägte, häufig irrational-historische, jedenfalls massiv komplexe System der US-amerikanischen Politik nachzuvollziehen.
 
Unterm Strich wird vermutlich herauskommen, dass dieser Präsident in jedem Bundesstaat, ja in jedem Kaff etwas anderes bedeutet. Die Amerikaner sind bei aller Ideologie so realistisch, dass ihre Meinungen häufig von der Realisierung oder Verhinderung eines bestimmten Projektes abhängen, in das sie verwickelt sind. Dass nicht gerade die Sympathler dieser Welt in die Politik gehen, ist dabei wahrscheinlich jedem klar, der nicht selbst so ist.
 
Die Regierten müssen diese Figuren nicht lieben, sie begutachten in erster Linie die Qualität der Krümel, die vom Tisch der globalen Geldpolitik in die jeweilige Region fallen. Umso mehr, wenn alles, was nach Sozialstaat riecht, der Mehrheit der Amerikaner gar nicht einmal in den Sinn kommt – Verbesserung der Lage ist für sie synonym mit dem Anlocken von Investoren. Hat man Glück, sind sie großzügig, bauen Brücken und Straßen, von denen die Bevölkerung auch etwas hat. Arbeitsplätze sind das große Thema. Dass ähnlich wie in Deutschland die Löhne oft so schlecht sind, dass zwei arbeitende Personen keine Familie ernähren können, wird dabei von allen Beteiligten ignoriert oder mit einem Seufzen, Achselzucken als unveränderbar hingenommen. Hat man einen Job, geht es noch irgendwie; man bekommt Kredite und solange man nicht krank wird oder ein wesentliches Gerät kaputtgeht, lebt man von Tag zu Tag weiter. Vielleicht ist auch unausgesprochenerweise wesentlich, dass man dann keine Zeit hat, um über die Misere nachzudenken.

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