Olympia am Abend: Runter kommen sie immer

Die Olympischen Spiele am Mittwoch, 16. Februar
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Die Olympischen Spiele am Mittwoch, 16. Februar

von Christian Spiller
Ressortleiter Sport ZEIT ONLINE

Guten Abend! Machen wir es kurz: Heute war der Tag der Außenseiter. Der aus Puerto Rico – und der aus Deutschland.

© Sean M. Haffey/Getty Images
© Sean M. Haffey/Getty Images

(Fast)-Gold des Tages

Die Winterspiele haben ein Problem: In weiten Teil der Welt gibt es zwar Spiele, aber keinen Winter, was die ganze Veranstaltung ein wenig ungerecht macht. Trotzdem versuchen auch Sportlerinnen aus Ländern erfolgreich zu sein, in denen man Schnee nur aus dem Fernsehen kennt. Der zugänglichste Wettbewerb ist dabei der Slalom. Weil: Runter kommen sie immer. Und so waren 88 Sportler aus 61 Nationen am Start. An dieser Stelle Gratulation an Yohan Goncalves Goutt, der für Osttimor startet und 45. wurde. An William C. Flaherty aus Puerto Rico für Platz 44. Und an Richardson Viano aus Haiti, der als 34. ins Ziel kam. Olympischer als an diesem Tag wird es nicht.

© Odd Andersen/AFP/Getty Images
© Odd Andersen/AFP/Getty Images

Überraschung des Tages

Deutschland als Puerto Rico des Skilanglaufs zu bezeichnen wäre natürlich übertrieben. Aber es gehört nicht zu den Nationen, die ein Abonnement auf Langlauf-Medaillen haben. Das sind Norwegen, Finnland, Schweden, Russland, wo Kinder als erstes Wort "Loipe" lernen. Die ersten Worte von Katharina Hennig und Victoria Carl sind der Redaktion nicht bekannt, dennoch gewannen die beiden Deutschen sehr, sehr, sehr überraschend Gold im Teamsprint. Kurz vor dem Ziel war Victoria Carl noch Dritte, schob sich dann aber im wahrsten Sinne des Wortes auf Rang eins. Am schönsten war die Reaktion von Katharina Henning im Ziel, die so erschrocken schaute, als sei ihr gerade der Olympische Geist erschienen. "Ich muss mich ein bisschen zusammenreißen, sonst heule ich gleich wieder los", sagte ihr Trainer Peter Schlickenrieder. Klappte nicht.

© Joel Marklund/imago images
© Joel Marklund/imago images

Pech des Tages

Die deutschen Langlauf-Männer waren weniger glücklich. Auf der ersten Runde des Halbfinales brach erst einer der Stöcke von Albert Kuchler, den zustande gekommenen Rückstand musste er mühsam aufholen. Kurz vor der Entscheidung verlor Janosch Brugger dann auch noch einen Ski. Mit nur einem Brett am Fuß reichte es nur zu Platz 12. Schon bei der WM 2021 in Oberstdorf ging Brugger übrigens ein Ski verlustig. Zu blöd auch, dass das Snowboard schon erfunden ist.

© Wang Zhao/AFP/Getty Images
© Wang Zhao/AFP/Getty Images

Neues aus der Blase

Mein Kollege Nico Horn schreibt aus Peking: 

Work-Life-Balance können Olympiareporter vergessen: Immer Work, nie Life. Aber gut – auch wenn der Betriebsrat besser nie erfährt, was man hier so wegarbeitet –, man macht es ja gern. Die Organisatoren hier sind sich der Disbalance wohl bewusst, jedenfalls haben sie in den Keller des Pressezentrums sogenannte Sleep-Rest-Cabins gestellt. Das sind quadratische silberne Kästchen, in denen man ein Tischchen zum Arbeiten hat, sich aber auch hinlegen kann. Mit einer Fernbedienung lässt sich die Liege verstellen. Nur: In den Kabinen habe ich bisher selten jemanden gesehen. Vermutlich haben sie keine Zeit, die Olympiareporterinnen und -reporter.

Die Lage in China

​​Und nun zur Wirtschaft: Die Erzeugerpreise in China sind im Januar so langsam gestiegen wie seit einem halben Jahr nicht mehr. Sie legten nur noch um 9,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu, wie Chinas Statistikamt am Mittwoch mitteilte. Im Dezember waren es noch 10,3 Prozent. Weil Deutschland aus keinem anderen Land so viel Waren importiert wie aus China, könnte sich das auch günstig auf deutsche Portemonnaies auswirken. Oder "für Entlastung an der Preisfront sorgen", wie die Nachrichtenagentur Reuters schreibt. Klingt etwas martialisch, aber Fronten, die sich entspannen, sind in diesen Tagen ja immer gut.

IOC-Mitglied des Tages

John Coates

Der Australier ist Vizepräsident des IOC, Vorsitzender der IOC-Rechtskommission, Präsident des australischen Olympischen Komitees, Präsident des Internationalen Sportgerichtshof (CAS) und so weiter. John Coates hat so viele Ämter inne, seine Visitenkarte muss mindestens DIN-A4-Größe haben. Und auf der Rückseite müsste groß stehen: Interessenskonflikt! So war Coates auch Leiter der Arbeitsgruppe, die ein neues Vergabeverfahren für die Olympischen Spiele entwickelte – und rein zufällig suchte sich das IOC für 2032 die Stadt Brisbane in Coates' Heimatland aus. Er weiß halt, wie es geht. Coates hatte schon die Spiele 2000 nach Sydney geholt und später zugegeben, die Abstimmenden aus Kenia und Uganda mit jeweils 35.000 Dollar "Sportentwicklungshilfe" "überzeugt" zu haben.

Medaillen des Tages

  • Freestyle, Slopestyle Männer: Alexander Hall (USA), Nick Goepper (USA), Jesper Tjader (Schweden)

  • Ski Alpin, Slalom Männer: Clement Noel (Frankreich), Johannes Strolz (Österreich), Sebastian Foss-Solevaag (Norwegen)

  • Biathlon, Staffel Frauen: Schweden, Russisches Olympisches Kommitee, Deutschland

  • Skilanglauf, Teamsprint (klassisch) Frauen: Katharina Hennig und Victoria Carl (Deutschland), Maja Dahlqvist und Jonna Sundling (Schweden), Julija Stupak und Natalja Neprjajewa (Russisches Olympisches Kommittee)

  • Skilanglauf, Teamsprint (klassisch) Männer: Erik Valnes und Johannes Hoesflot Klaebo (Norwegen), Iivo Niskanen und Joni Mäki (Finnland), Alexander Bolschunow und Alexander Terentew (Russisches Olympisches Kommitee)

  • Freestyle, Springen Männer: Guangpu Qi (China), Alexander Abramenko (Ukraine), Ilia Burow (Russisches Olympisches Komittee)

  • Shorttrack, Staffel Männer: Kanada, Südkorea, Italien

  • Shorttrack, 1500 Meter Frauen: Choi Min Jeong (Südkorea), Arianna Fontana (Italien), Suzanne Schulting (Niederlande)

Das normale Ergebnis

Finn Bilous aus Neuseeland wird 15. beim Slopestyle-Wettbewerb der Männer.

Sätze des Tages 

"Ich bin voller Adrenalin. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich laufe herum wie Falschgeld."

(Victoria Carl nach ihrem Olympiasieg)

"Gefühlt sind wir im falschen Film. Wir können es noch gar nicht richtig fassen, was wir gemacht haben."

(Katharina Hennig nach ihrem Olympiasieg)

"Ja, hast denn du die Pfanne heiß, hast denn du die Pfanne heiß, es ist Gold. Ich fass' es nicht."

(Der ARD-Kommentator Jens-Jörg Rieck über den Olympiasieg von Carl und Hennig)

Wir wünschen einen guten Abend!

Das war der Extraletter zu den Olympischen Spielen, Redaktionsschluss war heute um 17:25 Uhr. 

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