BIG wird in Charité integriert I KI verändert Hochschulbildung I Zahl der Habilitationen sinkt I Die Philosophin Alice Pinheiro Walla beantwortet Dreieinhalb Fragen

 
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Liebe Leserinnen und Leser,
das Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIG) wird Teil der Charité, das hat die GWK nun abgesegnet. Wie Methoden der Künstliche Intelligenz die Hochschulbildung verändern können, das erforschen die FernUni Hagen und das DFKI  (Das ist wichtig). Die Zahl der Habilitationen geht zurück (Die Zahl). Und die Philosophin Alice Pinheiro Walla von der Uni Bayreuth beantwortet unsere Dreieinhalb Fragen.
   
 
 
 
 
Das ist wichtig
 
 
   
 
  
Das BIG wird in die Charité integriert
Wie rbb24 berichtet, hat die GWK am Freitag zugestimmt, das Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIG) in die Charité zu integrieren, aber weiterhin mit Bundesmitteln zu fördern. Das BIG wurde bisher gemeinsam von der Universitätsklinik Charité und vom Delbrück-Zentrum für molekulare Medizin getragen. Durch diesen Schritt sollen klarere Strukturen geschaffen und mehr wissenschaftliche Forschungsergebnisse erzielt werden. Das BIG wird zwar eine Landeseinrichtung, dauerhaft wird jedoch der Bund den Hauptteil der Finanzierung übernehmen. Das sind derzeit 70 Millionen Euro im Jahr. Das Land Berlin steuert noch einmal 7,8 Millionen dazu. Damit findet erstmals der geänderte Artikel 91b des Grundgesetzes Anwendung. Er sieht vor, dass der Bund sich in Projekten von überregionaler Bedeutung an der Förderung von Forschungseinrichtungen beteiligen kann, auch wenn diese in der Hoheit der Bundesländer liegen.
  
 
 
Besser studieren mit Künstlicher Intelligenz
Die FernUniversität Hagen (unterstützt vom Deutschen Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz) will mit maschinellem Lernen und wissensbasiertem Expertensystem das individuelle Lernen und die Studienorganisation unterstützen. Dazu hat der Bildungsserver-Blog  ein Interview mit der Bildungswissenschaftlerin Claudia de Witt geführt. Die Forscher haben untersucht, womit die Studierenden an der FernUni immer wieder Probleme haben und wie Methoden der KI dabei helfen könnten, diese eigenständig zu lösen. KI soll dafür eingesetzt werden, Prozesse im Studium zu optimieren – zum Beispiel um eine Art digitalen Assistenten zu entwickeln, der Studierenden vorausschauend Vorschläge zum Studium macht.
  
 
 
Uni Erlangen zwischen Innovation und Sanierungsstau
Einen lehrreichen Einblick in die Probleme durchaus angesehener Universitäten, die nicht im Scheinwerferlicht stehen, gibt ein Bericht der Süddeutschen Zeitung über die Universität Erlangen. Gerade hat die Friedrich-Alexander-Universität (FAU) wieder einen Preis für ihre Innovationsstärke bekommen. Gleichzeitig besteht sie aus vielen ziemlich maroden Gebäuden, die seit Jahren saniert werden müssen. Dazu wurden ihr zwar 1,5 Milliarden Euro in Aussicht gestellt - allerdings verteilt auf 30 Jahre. Hinzu kommt die geplante Technische Universität Nürnberg, die sich die CSU als Eliteuniversität erträumt und die finanziell überdurchschnittlich gut ausgestattet werden soll - und die man in Erlangen als Konkurrenz zur erfolgreichen Technischen Fakultät der FAU sieht. Das Konzept der Nürnberger TU (die ZEIT berichtete) liegt noch zur Prüfung beim Wissenschaftsrat. Man darf gespannt auf sein Urteil sein, und auf die Ideen der Landesregierung für die FAU.
  
   
   
   
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Die Zahl
 
 
   
 
   
1529
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben im vergangenen Jahr eine Habilitation an einer deutschen Hochschule abgeschlossen. Mit 483 Habilitantinnen lag der Frauenanteil 2018 bei 32 Prozent. Zehn Jahre zuvor hatte er noch bei 23 Prozent gelegen. Insgesamt nahm die Zahl der Habilitationen im Vergleich zum Vorjahr um rund vier Prozent ab. In den letzten zehn Jahren sank die Zahl der Habilitierten um 15 Prozent.
   
 
   
   
 
 
   
 
 
 
 
3½  Fragen an …
 
 
   
 
   
Prof. Dr. Alice Pinheiro Walla
Juniorprofessorin für Politische Philosophie an der Universität Bayreuth

Was haben Sie zuletzt von jemand anderem gelernt?
Ich habe von meiner Tochter Sophie, die Gymnasiastin ist, etwas sehr Interessantes über Homers Odyssee gelernt. Sie erzählte mir, wie sich Odysseus vor seiner Rückkehr bewusst dafür entschied, ein Sterblicher zu bleiben. Calypso, die ihn gefangen hielt, gab ihm die Wahl, unsterblich zu sein, wenn er bei ihr bliebe. Er wollte aber nach Hause, zu seiner Frau Penelope. Interessant ist auch, dass der Grund für Odysseus' Irrfahrten sein Hochmut, seine Hybris war. Er meinte, ohne Poseidons Hilfe Troja besiegt zu haben und somit über den Göttern zu stehen. Das Faszinierende an der Geschichte war für mich Odysseus' bewusste Entscheidung für die Menschlichkeit, denn diese stelte eine Wende im homerischen Heldenideal dar. Jeder anderer Held hätte sich wahrscheinlich dafür entschieden, götterähnlich zu sein. Odysseus dagegen entschied sich für Schmerz, Imperfektion und Vergänglichkeit. StarkerTobak, liebe LeserInnen.

Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Die Gleichberechtigung. An exzellenten, hochqualifizierten Frauen für Leitunsgpositionen mangelt es eigentlich nicht, wie es oft vorgegeben wird. Wir haben genug hervorragende Wissenschaftlerinnen, die leider doppelt so viel leisten müssen wie ihre männlichen Mitstreiter, um überhaupt für Professuren in Erwägung gezogen zu werden. Weil aber noch so viele gesellschaftliche und systemische Hürden abgeschafft werden müssen, soll Chancengleichheit gefördert werden. Es muss daher Geld investiert werden. Ich bin aber überzeugt, dass zukünftige Generationen von Frauen von diesen Bemühungen und dem graduellen Fortschritt enorm profitieren werden. Heute genießen wir die Rechte und Chancen, die unsere Vorgängerinnen für uns hart erkämpft haben, und sollten daher auch für die Zukunft unseren Beitrag leisten.

Lektüre muss sein. Welche?
Ich lese sehr gerne Zeitung, am liebsten in gedruckter Form. Ich lasse mir auch gerne etwas Schönes vorlesen. Mein Mann ist ein begabter Vorleser, und eine meiner schönsten Lebenserinnerungen ist es, wie er mir Kishon in der wunderbaren Übersetzung von Friedrich Torberg vorlas, als ich schwanger war. Meine Tochter Clara kann auch mit viel Feingefühl und Intelligenz vorlesen, von ihr höre ich gerne Gedichte von Rilke und Sylvia Plath. Sie hat eine schöne ausdrucksreiche Stimme, die mich zu Tränen rühren kann. Als Philosophin muss ich natürlich viel lesen, was ich auch gerne tue. Ich bin aber eine langsame Leserin, ich genieße, was ich lese und nehme oft Pausen mittendrin, um über einen Satz zu reflektieren, oder ihn erneut zu lesen. Dafür beschäftige ich mich sehr tief mit der Lektüre. Kant lese ich langsam und aufmerksam, denn in einem einzigen Paragraphen steckt oft so viel. Je öfter man Kant liest, desto mehr entdeckt man. In einer einzigen Fußnote verbirgt sicht oft ein ganzer Schatz. Kant kann man daher erneut über die Jahre lesen, und immer neuere Nuancen und Interpretationsmöglichkeiten entdecken. Dafür bin ich als Kantforscherin sehr dankbar.

Und sonst so?
Ich beobachte seit einiger Zeit mit Besorgnis, wie AkademikerInnen in vielen Ländern zunehmend in Gefahr geraten. Zuletzt war die Situation in Brasilien, wo Mittel für Universitäten und Forschungsstipendien von der Bolsonaro-Regierung gestrichen wurden, und Fächer wie Philosophie und Soziologie abgeschafft werden sollten. Ich erinnere mich, dass ich als Philosophiestudentin oft angelächelt wurde. Viele in meiner Umgebung haben Philosophie gar nicht ernst genommen. Heute sehe ich, wie es zunehmend gefährlich wird, als Philosophin in der Öffentlichkeit aufzutreten, und wie Rechtspopulisten versuchen, kritische Stimmen durch Drohungen zum Schweigen zu bringen. Das zeigt, wie wichtig Philosophie für eine funktionierende Demokratie ist. Wenn angefangen wird, PhilosophInnen zu verfolgen, sollten die Alarmglocken läuten.
   
 
   
 
 
   
   
   
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Diese Woche in der ZEIT
 
 
   
Mit wem wollt ihr leben? Familien werden kleiner, die Sehnsucht nach Zusammenhalt aber wächst. Im ganzen Land suchen Menschen nun nach neuen Formen von Gemeinschaft
 
So lässt sich’s leben
Ohne Engagement keine Gemeinschaft. Die wichtigsten Modelle im Überblick „Das tiefe Bedürfnis, etwas zu geben“ Wie wollen Menschen heute zusammenleben? Fragen an den Soziologen Frank Adloff

Der Offene Brief der Allianz der Wissenschaftsorganisationen an Viktor Orbán steht im Ressort WISSEN

Zur aktuellen Ausgabe
   
 
 
   
 
 
 
 
c.t.
 
 
   
 
 
Weisheit an der Wand.
Quelle: Philosophy matters
 
 
 
 
 
   
Überraschende Erkenntnisse wünscht Ihnen 

Ihr CHANCEN-Team


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