| Guten Morgen, | | |
gestern um diese Zeit quoll unser Mail-Postfach schon über. Zum kleineren Teil ging es um das Vorhaben des Bezirks Mitte, künftig den Verkauf von Alkohol an Kiosken zu untersagen. Ein paar Leser fanden das gut, weil man dann schlafen könne, statt auf »den alkoholbedingt immer lauteren Austausch von Party-People-Banalitäten« zu lauschen. Andere wiesen darauf hin, dass »cornern« das Leben doch erst lebenswert mache. Und dann war noch der Mailschreiber, der die Frage aufwarf, wo es denn überhaupt einen der viel diskutierten Kioske mit Alkoholverkauf gebe: »Seit ich vor 22 Jahren nach Hamburg gezogen bin, suche ich einen. In meiner Heimat, im Ruhrgebiet, ist die Kiosk-Versorgung lückenlos. Hamburg ist in diesem Punkt Notstandsgebiet. Um sich nach 20 Uhr zu versorgen, muss man kilometerweit zu einer Tankstelle oder einem Bahnhof tapern... Fazit: Eine Entscheidung, keinen Alkohol am Kiosk zu verkaufen, wäre aus meiner Sicht asozial. Aber nur dort, wo es Kioske gibt.«
Nun noch zur Majorität der Mails, die alle ein Thema hatten: Meine gestrige Bitte an verantwortungslose Hundehalter, doch mal nachzudenken, bevor sie ihre Hunde auf Jogger oder Kinder loslassen. Eine Gruppe von Lesern fand meinen Appell »gut, höchste Zeit, es wird immer schlimmer!«, »ich bin neulich erst gebissen worden, während der Besitzer feixend zusah, wie ich rannte«. Andere Mailverfasser rügten: »So ein Quatsch! Wer versucht, mit einem einjährigen Kind bei gutem Wetter an der Alster spazieren zu gehen, wird wohl eher von Joggern überrannt, als von Hunden angegriffen.« Oder fragten geradeheraus: »Sind Sie grundsätzlich gegen lebende Tiere? Ich habe jetzt doch durchaus den Eindruck gewonnen. Schade.« Um kurz darauf zu antworten: Ich mag Tiere, aber nicht verantwortungslose Tierhalter.
In Summe aber lässt sich sagen: Ich bin stolz auf Sie, liebe Leser. Natürlich auch auf die Hundebesitzer unter Ihnen. Nicht nur wegen Ihrer trotz allen Ärgers – Respekt! – kultivierten Form der Kritik. Und weil es unter den Hunde haltenden Abonnenten der Elbvertiefung niemals vorzukommen scheint, dass jemand einen Haufen liegen lässt oder nichts unternimmt, wenn sein Jagdhund auf ein paar Schulkinder zustürzt, respektive einem schockstarren Passanten die Schnauze in den Schritt steckt.
Sondern auch weil manche Hundeeigner unter Ihnen – und deren Hunde – noch weit mehr für die Allgemeinheit tun: »Unser Goldie z. B. ist hervorragend erzogen, und ich sammle jeden Hundekot auf – oft auch den von fremden Hunden. Er wird sogar ausgebildet zum Besuchs- und Therapiehund. Und gehe ich morgens am Elbstrand entlang, sammelt er jeden Mist auf, den die menschlichen Zeitgenossen so fallen lassen: PET-Flaschen, Schuhe, gebrauchte Windeln ... Das wird von mir entsorgt in den dafür vorgesehenen Mülleimern.« Hunde – Hamburgs Antwort auf verschmutzte Parks und Straßenränder?
Was tun mit Obdachlosen aus Osteuropa? Die Stadt will offenbar strenger gegen Menschen vorgehen, die Schlafplätze in den überfüllten Unterkünften des Winternotprogramms beziehen, aber keinen Anspruch darauf haben: Künftig solle genauer geprüft werden, wer Recht auf einen Platz habe – wer nicht, solle innerhalb einer Frist in die Heimat zurückkehren, so schreibt das »Hamburger Abendblatt«. Marcel Schweizer, Sprecher der Sozialbehörde, wiegelt uns gegenüber ab: »Weil wir die Sozialberatung erhöht haben, kommt es auch zu mehr Rückkehrberatungen, wir machen aber nichts anderes als in den letzten Winternotprogrammen.« Laut »Abendblatt« sollen vor allem rumänische Bettler am Bleiben gehindert werden, viele hätten in ihrer Heimat einen festen Wohnsitz. Oft kämen sie zur Adventszeit und reisten danach wieder ab. Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter bei »Hinz&Kunzt«, sieht das anders. Zwar seien derzeit im Winternotprogramm zu 70 Prozent Osteuropäer, der Großteil von ihnen aber sei nicht erst im Winter gekommen. »Die meisten sind auch nicht in kriminellen Bettler-Banden organisiert, das ist ein Vorurteil, sie wollten sich hier ein neues Leben aufbauen und sind auf der Straße gelandet.« Dass strengere Kontrollen wirken, glaubt Karrenbauer auch nicht, »die meisten bleiben oder kommen sowieso wieder, zu Hause haben sie null Perspektive«. |
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