| | | | | Ist die Nachtruhe am Flughafen zu billig? Viele Hamburger klagen über Krach und Getöse über ihren Köpfen. Nachtflüge machen ihnen das Leben schwer. 15.000 von ihnen haben jetzt die BUND-Petition »Einmal aufwachen reicht« für ein konsequentes Nachtflugverbot unterschrieben. Denn trotz Verspätungsregelung und erhöhter Landeentgelte, die sich ab 23 Uhr alle 15 Minuten steigern, ist es am Flughafen nicht leiser geworden. Stattdessen ist die Zahl der verspäteten Flüge gestiegen. Allein 685 waren es bis August. Zum Vergleich: 2016 waren es insgesamt 774. Wir haben beim Hamburger Flugexperten Heinrich Großbongardt nachgehakt, was die Gebühren bringen, die beispielsweise die Landung einer bestimmten Verkehrsmaschine, die statt um 22 Uhr erst anderthalb Stunden später aufsetzt, um 1500 Euro verteuern. Elbvertiefung: Sind die Landeentgelte am Hamburger Flughafen noch zu niedrig? Heinrich Großbongardt: So hoch kann man die Landegebühren überhaupt nicht ansetzen, dass sie ein wirksamer Hebel sind. Denn die Kosten, die entstehen, wenn ein Flugzeug abends nicht in Hamburg landen kann, sind ungleich höher. Die liegen im hohen fünfstelligen Bereich. Solche Mehrkosten nimmt keine Fluglinie absichtlich in Kauf.
EV: Das kommt aber vor? Großbongardt: Dass ein Flugzeug wegen fünf oder zehn Minuten Verspätung umgeleitet wird, ist grotesk, aber bittere Realität. Ein Beispiel aus der vergangenen Woche. Da erhielt ein Flugzeug keine Landegenehmigung, weil es zehn Minuten nach Mitternacht, also zehn Minuten zu spät, in Hamburg gewesen wäre. Denn nach 24 Uhr werden auch Flüge mit nachweislich unvermeidbaren Verspätungen nur noch im Ausnahmefall durchgelassen. Crew und 150 Passagiere strandeten in Hannover. Die Passagiere mussten in Bussen überführt werden. Dazu kommt die Verspätungsentschädigung von 250 Euro pro Nase. Das Flugzeug musste am nächsten Tag nach Hamburg überführt werden, Gleiches gilt für die Crew. Das hat wiederum Auswirkungen auf folgende Flüge. Da hängt ein riesiger Rattenschwanz dran.
EV: Da müssten effektive Gebühren schon sehr teuer sein. Was haben die Verspätungszuschläge denn dann überhaupt für einen Sinn? Großbongardt: Sagen wir so: In Bereichen wie in der Touristik oder dem Charterflug, wäre bei einer 10.000-Euro-Gebühr die Marge schnell weg. Aber Gebühren sind ein Signal. Der Flughafen demonstriert damit: Wir laden niemanden dazu ein, verspätet zu landen. Eine schlagende Wirkung hätte die Gebühr nur, wenn eine solche Verspätung von den Fluggesellschaften einkalkuliert wäre. Die Ursache von Verspätungen sind aber vor allem Unwetter, ein übervoller Luftraum oder Streiks.
EV: Wie kann man das Problem stattdessen lösen? Großbongardt: Nicht mit Gebühren. Der Luftverkehr ist ein hochkomplexes Thema. Um solche Verspätungen wirklich ausschließen zu können, müsste schon ein riesiger Zeitpuffer eingeplant werden. Dann etwa dürfte es nach 20 Uhr keine flugplanmäßigen Landungen mehr geben. Das hieße aber auch, dass viel weniger Flugzeuge insgesamt Hamburg anfliegen dürften.
EV: Müssen die Flughafenanwohner ansonsten also die Verspätungen hinnehmen? Großbongardt: Ja, ganz zu vermeiden sind sie nicht, auch wenn Fluggesellschaften sich schon im eigenen Interesse darum bemühen. Und wer einmal verspätungsbedingt in Hannover gestrandet ist, der hat vielleicht auch Verständnis für die betroffenen Passagiere.
Pflege: »Die Leute gehen jetzt auf dem Zahnfleisch« Seit Tagen schwelt die Debatte um den Pflegenotstand in Hamburger Krankenhäusern – sowohl in der Bürgerschaft als auch in unserer kritischen Leserschaft. Nun kommt SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach mit einer neuen Idee: Die Löhne sollen rauf, und zwar (Trommelwirbel) um 30 Prozent. Das soll reichen, um den Beruf wieder attraktiv zu machen – und nebenher auch die »Bürgerversicherung für alle«, für die der Bundespolitiker wirbt und aus der die höheren Löhne gezahlt werden sollen. Aber liegt es wirklich am Geld, dass in den Kliniken Pflegekräfte fehlen? »Die brennenden Probleme sind gerade andere«, sagt Arnold Rekittke, Gewerkschaftssekretär bei ver.di und selbst Krankenpfleger. Löhne könne der Gesetzgeber gar nicht vorschreiben. Zudem sei die Bezahlung schon gestiegen. Nun müssten die Arbeitsbedingungen besser werden. Dass etwa eine Pflegekraft nachts allein 40 Patienten betreuen soll, ist laut Rekittke in Hamburg normal. Es läge in der Hand der Gesundheitssenatorin, das sofort zu ändern: Im Krankenhausplan kann Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) vorschreiben, wie viele Pflegekräfte pro Station beschäftigt werden müssen. »Das muss die Politik leisten«, findet Arnold Rekittke. Auf bundesweite Personalstandards könne die Branche nicht warten. »Die Leute gehen jetzt auf dem Zahnfleisch.« Kaum eine Pflegekraft halte bis zur Rente in Vollzeit durch. »Bei besseren Arbeitsbedingungen würden auch viele zurückkommen, die aus dem Beruf geflohen sind«, sagt der Gewerkschafter. Mit einer Demo will das »Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus« heute Abend in St. Georg Druck machen. Und wenn es nicht hilft? Mit massenhaften Streiks tun sich die Pflegenden schwer, das räumt auch Rekittke ein: »Da liegen Menschen, die Hilfe brauchen.« |
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